Die Qualität der Schulen in Baden-Württemberg ist in die Kritik geraten. Neue Institute sollen helfen. Foto: dpa

Mit einem ehrgeizigen Komplettumbau der Kultusverwaltung will Susanne Eisenmann die Schulen in Baden-Württemberg leistungsfähiger machen. Doch der grüne Koalitionspartner warnt vor einem aufgeblähten Verwaltungsapparat.

Stuttgart - Nichts weniger als den „Komplettumbau der Kultusverwaltung“ hat sich Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) für dieses Jahr vorgenommen. Bereits 2019 sollen zwei neue Institute ihre Arbeit aufnehmen, mit denen Eisenmann die Qualität der Bildung im Land entscheidend verbessern will. „Effiziente Steuerung und Erfolgskontrolle bei der Umsetzung bildungspolitischer Vorgaben und pädagogischer Innovationen“, erhofft sich die Ministerin von dem Umbau. Doch die Grünen bremsen.

Grüne sehen zentrale Fragen unbeantwortet

Eine Kabinettsvorlage, die unserer Zeitung vorliegt, beschreibt die Struktur der beiden geplanten neuen Institute nun konkreter. Doch die Vorlage lasse „einige zentrale Fragen offen“, sagte Sandra Boser, die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, unserer Zeitung. Die Grünenfraktion hat der Kabinettsvorlage ihren Segen nicht gegeben. In der CDU-Fraktion dagegen ist die Kultusministerin mit ihrem Konzept auf „breite Zustimmung gestoßen“, heißt es aus CDU-Kreisen.

Von einem mächtigen „Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung“ (ZSL) aus will Eisenmann die Aus- und Fortbildung der Lehrer sowie das neue Unterstützungssystem für die Schulen zentral steuern lassen. Die Regierungspräsidien und die Staatlichen Schulämter müssen ihre Zuständigkeiten für die Lehrerfortbildung an das Zentrum abgeben. Fachberater für Schulentwicklung, die schulpsychologischen Dienste und ähnliches gehen ebenfalls von den Schulämtern auf das Zentrum über.

Seminare gehen in neuem Zentrum auf

Die Staatlichen Seminare für Didaktik und Lehrerbildung und die Pädagogischen Fachseminare werden dem Zentrum zugeschlagen. Sie sind bisher für die Ausbildung der Referendare zuständig und sollen künftig auch die Fortbildung übernehmen.

In der Kabinettsvorlage heißt es, „alle Seminarstandorte bleiben erhalten“. Von Albstadt bis Weingarten gibt es Seminare in 24 Städten des Landes. „Um den Lehrern in Zukunft möglichst wohnortnahe Angebote machen zu können, sollen Schulen verstärkt als Fortbildungsorte genutzt werden“, schreibt Kultusministerin Eisenmann.

Systematische Verzahnung von Aus- und Fortbildung

Der Mehrwert der Umstrukturierung liegt laut Eisenmann in der Bündelung der Angebote. Erstmals werde die Lehreraus- und -fortbildung systematisch miteinander verzahnt. So ergäben sich „deutlich verbesserte Möglichkeiten zur Sicherstellung eines bedarfsorientierten Angebots für die Schulen im Bereich der Unterstützung, Beratung und Fortbildung auch in der Fläche“. Auch ein neues Berufsbild für Lehrer als „Aus- und Fortbildner“ will Eisenmann entwickeln. Gedacht ist an eine gemeinsame systematische Basisqualifizierung.

Das Zentrum soll sich in eine Zentrale und eine noch unbestimmte Anzahl von Regionalstellen gliedern. An jeder Regionalstelle ist zudem eine „Leitstelle pädagogische Unterstützung“ vorgesehen. Sie ist gedacht als „einheitliche Kontaktstelle für alle Anliegen von Schulen und Einzelpersonen“.

Grüne fordern „effiziente Strukturen“

Die Grünen melden Zweifel an. „Die Einführung von neuen Regionalstellen, die Schulqualität und Lehrerbildung in die Fläche tragen sollen, ist für uns noch mit Fragezeichen versehen“, sagte Sandra Boser unserer Zeitung. „Es braucht keinen aufgeblähten Verwaltungsapparat, sondern effiziente Strukturen, die vor Ort direkt wirken.“ Hier habe das Kultusministerium noch keine Festlegungen getroffen, weder was die Anzahl, die Standorte, noch das Personal angehe. „Klärungsbedarf“ haben die Grünen auch, „was die finanziellen Auswirkungen anbelangt, wenn das Konzept umgesetzt wird.“

Eisenmann verteidigt Konzept

Kultusministerin Susanne Eisenmann hält jedoch dagegen: „Wir schaffen nicht zusätzlich Verwaltungseinheiten, sondern entwickeln Vorhandenes weiter, um es effizienter zu strukturieren.“ Doch müssten die einzelnen Unterstützungssysteme besser aufeinander abgestimmt werden. „Dabei steht vor allem das Auflösen vielfach vorhandener Parallelstrukturen im Mittelpunkt“, erklärte Eisenmann gegenüber unserer Zeitung. „Eine Weiterentwicklung der Kultusverwaltung, die den notwendigen Qualitätsprozess in den Schulen effizienter unterstützt, ist seit Jahren überfällig“, sagt sie und beruft sich auf Erfahrungen in anderen Bundesländern.

Institut für Bildungsanalysen

Bedenken haben die Grünen auch mit Blick auf das zweite geplante Institut. Das Institut für Bildungsanalysen (IBBW) ist als Dienstleister gedacht. Dort sollen Verfahren und Instrumente zur Diagnose und Förderungen von Kompetenzen entwickelt und ein strategisches Bildungsmonitoring aufgebaut werden, heißt es in der Kabinettsvorlage. Stärken und Schwächen der Schulen sollen analysiert werden und in konkreten Verbesserungsmaßnahmen münden.

Dazu gehören regelmäßige landesweite Vergleichsarbeiten an allen Schularten zur Bewertung des Leistungsstands der Schulen. Möglich wären Vergleichsarbeiten in den Klassen zwei, fünf, sieben und acht. Die Grünen melden auch hier Bedenken an. „Welche Daten werden in die Analyse der Schulen einbezogen“, das ist für die Bildungspolitikerin Sandra Boser eine entscheidende Frage. Diese sei noch offen. Auch könne „gute Schule nicht per Dekret angeordnet werden.“ Boser betont, den Grünen sei es „wichtig, dass der Prozess transparent und im engen Dialog erfolgt.“ Auch dazu habe der grüne Koalitionspartner noch Gesprächsbedarf: „Wenn die Qualitätsoffensive für unsere Schulen ein Erfolg werden soll, müssen die Betroffenen mitgenommen werden.“ Das sei der Fall, erklärt Eisenmann. „Entscheidend bei der Erarbeitung des Konzepts war und ist, dass wir sämtliche Betroffenen mit einbeziehen“, sagt die Ministerin.

Prozesssteuerung

120 Mitarbeiter aus der Schulverwaltung, dem Landesinstitut für Schulentwicklung, der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung sowie der Ausbildungsseminare tüfteln in diversen Projektgruppen an dem Konzept. Die Leitung der Lenkungsgruppe am Kultusministerium hat die Amtschefin des Ministeriums, Gerda Windey. Dazu kommt ein wissenschaftlicher Beirat aus vier Professoren.

Personalbedarf noch offen

In welchen Bereichen neue Personalstellen notwendig werden, um die Qualität und Leistungsfähigkeit des Schulsystems zu erhöhen, lässt Eisenmann noch offen. Es sei „zu prüfen, welche Aufgabenbereiche durch im System vorhandenes Personal übernommen werden können.“ Schwerpunktmäßig solle das Personal des bestehenden Landesinstituts für Schulentwicklung, das aufgelöst wird, berücksichtigt werden. Ebenso die Mitarbeiter der Schulverwaltung, deren Aufgaben an die neuen Institute übergehen werden.

An den Schulämtern und in den Regierungspräsidien verbleibt die Schulaufsicht. Durch die Trennung von Aufsicht und Fortbildung ergebe sich eine größere Rollenklarheit, erklärte die Kultusministerin. Die Schulaufsicht werde so gestärkt.

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