Schule ist ein großes Abenteuer, auf das man sich freuen kann. Foto: dpa/Peter Steffen

Viele Eltern dürften ihre Kinder mit mulmigem Gefühl zur Schule schicken, denn die Schutzkonzepte haben noch immer eklatante Lücken. Warum der erste Schultag dennoch ein Tag der Freude sein kann, erklärt unsere Kommentatorin.

Stuttgart - Der erste Schultag nach den großen Ferien wird oft von gemischten Gefühlen begleitet. Da ist bei den Kindern das gute Gefühl, die Freundinnen und Freunde wiederzusehen. Vielleicht die Vorfreude auf die Schwimm- und Gitarren-AG, auf Fußball in der großen Pause und den Kreativraum in der Ganztagsbetreuung. Und ganz sicher ist da bei den meisten auch die – vielleicht unbewusste – Lust darauf, Neues zu lernen, sich auszuprobieren. Die Eltern hingegen freuen sich, die Kinder beim Großwerden, Sich-Entwickeln und Lernen zu begleiten, sie an einen Ort zu schicken, an dem oft engagierte Pädagogen versuchen, sie bestmöglich zu fördern. Und, ja, nach sechs Wochen großer Ferien sind Eltern und Kinder mitunter auch einfach froh, tagsüber wieder eigene Wege zu gehen.

Aber da gibt es in den Familien eben auch all die bangen Fragen, die sich um das auf Leistung basierende Schulsystem ranken: Verstehe ich das alles? Kann ich in den Tests bestehen? Bin ich das nächste Mobbing-Opfer? Oder: Bekommt mein Kind die Gymnasialempfehlung? Kurz: Es herrscht eine Baukribbeln machende Gefühlsgemengelage rund um diesen Tag, die eben all das widerspiegelt, was Schule so ausmacht.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Was die Kultusministerin zum Schulstart sagt

An diesem Sommerferienende, das mitten in die vierte Coronawelle fällt, dürfte das Magengrimmen allerdings bei vielen noch größer sein. Vor allem Eltern scheinen derzeit hin- und hergerissen zwischen der Freude über das endlich ernst zu nehmende Bekenntnis der Politik zum Präsenzunterricht auf der einen Seite. Und der Sorge, dass das Virus und seine unkalkulierbaren Mutationen nun vor allem unter Kindern- und Jugendlichen grassieren werden auf der anderen.

Darf man nun aufatmen, weil der Nachwuchs wohl nicht wieder ein halbes Jahr Lebens- und Lernzeit im Homeschooling verliert? Oder muss man sich Sorgen machen, weil die Inzidenz in anderen Bundesländern unter Kita- und Schulkindern durch die Decke geht, das Thema Long-Covid bei den Kleinsten kaum erforscht ist und das Virus unter ihnen fröhlich weitermutieren kann? So ungefähr könnte man die Gedankengänge vieler in diesen Tagen wohl zusammenfassen.

Ungeimpfte Lehrer werden täglich getestet

Dabei hat sich seit dem vergangenen Herbst ja durchaus etwas getan: Der Großteil der Lehr- und Betreuungskräfte dürfte geimpft sein, und von den Teenagern ist es jeder vierte. Das Land setzt außerdem auf häufigere Testungen im Schulbetrieb. Dazu kommen Lüften, Maskenpflicht und ein Förderprogramm für mobile Luftfilter, was die Ansteckungsgefahr minimieren soll. Um möglichst viel Präsenzunterricht zu ermöglichen, hat das Land seine Quarantäneregeln stark gelockert.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Was im neuen Schuljahr besser ist

Außerdem sind viele Dinge in den Schulen wieder möglich, die es zuletzt nicht waren: Die Gitarren- und Sport-AG zum Beispiel, Elternabende und Ausflüge, dass sich Kinder einer Jahrgangsstufe im Kreativraum und beim Fußballspielen mischen. Kurz gesagt: Die Schulfamilie, die sich lange kaum gesehen hat, kommt wieder zusammen. Schule ist wieder mehr als nur Unterricht in den Kernfächern vor einem Computer.

Ja, es gibt viel zu verbessern. Längst nicht alle Schulen haben Luftfiltergeräte. Die Quarantäneregeln scheinen vor allem im Kindergartenbereich, wo viele Schulkinder Geschwister haben, allzu locker. Dort reicht ein negativer Schnelltest, um Kontaktpersonen vor der Quarantäne zu bewahren. Ausbrüche mit vielen Infizierten scheinen da fast vorprogrammiert.

Dennoch: Gerade am ersten Schultag sollten die positiven Gefühle im Mittelpunkt stehen, die diesen Tag umranken: das Wiedersehen nach langen Ferien. Die Freude darauf, Neues zu lernen. Schule ist ein Abenteuer, das sich – trotz allem – lohnt.