Die Maler machen mehr, als nur Wände anzustreichen. Der Leiter der Schule für Farbe und Gestaltung, Felix Winkler, plädiert deshalb für eine neue Berufsbezeichnung. Foto: privat

Rektor Felix Winkler sorgt sich um die Zukunft einer ganzen Berufsgruppe.

Feuerbach - Wer etwas aus seinem Leben machen möchte, der muss studieren: „So denken leider viele Eltern. Die Gesellschaft gibt diesen Trend vor“, sagt Felix Winkler. „Das ist aber völliger Quatsch.“ Der Rektor der Gewerblichen Schule für Farbe und Gestaltung in Feuerbach ist der festen Überzeugung, dass es für viele Jugendliche wesentlich sinnvoller wäre, eine Ausbildung zu machen, als sich an der Uni zu quälen. „Die persönlichen Fähigkeiten müssen im Vordergrund stehen. Ausschließlich daran sollten sich die Jugendlichen orientieren.“

Felix Winkler ist ein leidenschaftlicher Verfechter des dualen Ausbildungssystems, das sich aus dem praktischen Teil in einem Handwerksbetrieb und dem Theorieunterricht an der Berufsschule zusammensetzt. Winkler selbst hat dieses System durchlaufen. Nach dem Abitur hat er eine Ausbildung zum Schreiner gemacht, anschließend noch Architektur studiert. Später war er als Architekt tätig, aber auch als Lehrer, beim Kultusministerium und Regierungspräsidium. Seit zwei Jahren ist er nun Rektor in Feuerbach: „Ich bin hier mittlerweile angekommen.“

Doch die Entwicklungen an den beruflichen Schulen bereiten ihm Sorgen. Seit 2009 seien die Schülerzahlen in Baden-Württemberg in diesem Bereich um 21 Prozent gesunken. „Wir müssen den Trend stoppen, wenn wir weiterhin auch hoch qualifizierte Facharbeiter haben wollen. Im dualen Ausbildungssystem kann man Karriere machen. Das ist nur leider nicht im Bewusstsein vieler Eltern und ihrer Kinder verankert“, sagt Winkler. Das sei ein Imageproblem. Und darunter leiden vor allem die Berufe des Bäckers und Malers. Die Prognosezahlen der Gesellschaft für Umweltplanung Stuttgart (GUS) sprechen eine deutliche Sprache: Im Jahr 2022 werden nur noch halb so viele Jugendliche im Land eine Ausbildung zum Bäcker machen, wie noch 2009. Bei den Malern werden es 30 Prozent weniger sein.

Felix Winkler befürchtet, dass der große Aufschrei kommt

Auch an der Schule für Farbe und Gestaltung ist dieser Trend zu erkennen. Im Schuljahr 2007/2008 gab es bei den Malern vier Eingangsklassen. Im September kommenden Jahres werden es wohl nur noch zwei sein. „Wir erreichen die jungen Menschen nicht“, sagt Winkler. In den Köpfen sei der Maler immer noch der Anstreicher. Manchen Schülern sei es peinlich, ihren Freunden zu erzählen, was sie gerade für eine Ausbildung machen. Dabei habe sich das Berufsbild in den vergangenen Jahrzehnten signifikant verändert. Wer sich die jüngsten Abschlussarbeiten der jährlich rund 80 Malermeister in Feuerbach angesehen hat, wähnte sich aufgrund der sehr kreativen Werke eher in einer Kunstausstellung. Das Image der Maler ist aber ein anderes: Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat diesbezüglich im Jahr 2005 bei Schülern eine Umfrage durchgeführt. Das Ergebnis: Die Jugendlichen gehen davon aus, dass Bäcker und Maler in der Gesellschaft eher als dumm, ungebildet und arm angesehen werden, während man von den Gestaltern für visuelles Marketing davon ausgeht, dass sie intelligent, gebildet und reich sind. „Das hat mit der Realität aber überhaupt nichts zu tun“, sagt Winkler. Seiner Meinung nach liegt dieses falsche Image vor allem an der Berufsbezeichnung. Wie positiv sich ein neuer Name auswirken kann, sei am Beispiel der Gestalter für visuelles Marketing zu sehen. Die hießen früher nämlich Schaufenstergestalter. Ein Beispiel, das Schule machen könnte – auch bei den Malern.

Der Rektor der Schule für Farbe und Gestaltung könnte sich gut vorstellen, dass die Maler künftig beispielsweise Technische Oberflächengestalter heißen. Doch selbst wenn es kein anderer Name werden sollte: Klar sei jedoch, dass sich dringend etwas ändern muss, „sonst wird es in ein paar Jahren einen großen Aufschrei geben“. Durch das duale Ausbildungssystem könne man in Deutschland nahezu für Vollbeschäftigung sorgen, doch wenn der Trend so weiter gehe, werde es früher oder später eine sehr hohe Arbeitslosenquote bei den Jugendlichen geben. „Ein Studium ist für viele eine gute Option, aber eben nicht für alle.“