Die Schülerinnen des Geschwister- Scholl-Gymnasiums haben beim March of the Living als Symbol des Gedenkens bemalte Steine mit nach Auschwitz gebracht. Weitere Eindrücke gibt es in unserer Bildergalerie. Foto: privat

Schülerinnen vom Geschwister-Scholl-Gymnasium haben das Konzentrationslager in Auschwitz besucht. Die Einsichten, die die Jugendlichen dort gewannen, haben wehgetan. Nun haben sie Eltern und Mitschülern davon berichtet.

Sillenbuch - Wir sind am Leben, und jeder Einzelne hat die Verantwortung für die Zukunft.“ Das ist die Erkenntnis, die Schülerinnen des Religion-Leistungskurses am Geschwister-Scholl-Gymnasium bei ihrem Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz gewonnen haben. Diese Einsicht ist ihnen nicht einfach zugeflogen. Sie hat wehgetan. Das wurde bei der Veranstaltung deutlich, die die Schülerinnen über ihre Reise gestaltet haben. Mit Musik, Gedichten und Zitaten sowie mit einer Dia-Schau mit Bildern aus dem Konzentrationslager haben sie Eltern und Mitschüler in der Aula der Schule am Donnerstag auf sehr persönliche Weise an ihren Eindrücken vom „March of the Living- Projekt“ teilhaben lassen. Zusammen mit Schülern aus anderen Städten Baden-Württembergs sind die 13 Mädchen im April nach Prag und ins ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau gefahren.

Jugendliche bringen einen bemalten Stein mit

Der March of the Living, der Marsch der Lebenden, bringt seit 1988 junge Leute aus der ganzen Welt nach Polen, um ihnen die Geschichte des Holocaust näherzubringen und um Vorurteile abzubauen. Seither sind im Rahmen des Projekts 150 000 Menschen nach Auschwitz gereist. Jeder Jugendliche bringt als Symbol des Gedenkens einen bemalten Stein mit. Die Schülerinnen hatten ihre mit Friedenstaube, Judenstern oder Blumen verziert. „Wir waren erstaunt, wie viele junge Leute dort waren“, berichtet Melina Raichle, die zusammen mit ihren Mitschülerinnen Jule Baumann und Melina Dorn bei der Veranstaltung Passagen aus ihrem persönlichen Reisetagebuch vorgetragen hat.

„Vorher waren die Opfer der Nationalsozialisten nur Zahlen aus dem Geschichtsbuch. Jetzt haben wir Mitgefühl für die Menschen“, sagt Jule Baumann. Und tatsächlich haben die Mädchen auch inmitten der erschütternden Umgebung im Gespräch mit einem Überlebenden vor Ort eine schöne Geschichte erfahren. Der mittlerweile alte Mann war auch deportiert worden und hatte sich im Lager in ein Mädchen verliebt. Beide haben wie durch ein Wunder überlebt und nach der Befreiung geheiratet und eine Familie gegründet.

Die Schüler wurden von einem Israeli begleitet

Begleitet wurde die „Wilde 13“ wie die Schülerinnen von ihrer Religionslehrerin, der Pfarrerin Claudia Schütz, genannt werden, von Shlomi Cohen. Der Israeli lebt erst seit kurzer Zeit in Deutschland. „Ich dachte erst, dass ich das verkrafte, weil ich mich eingehend mit dem Holocaust befasst habe“, erzählte er bei der anschließenden Podiumsdiskussin. Vor Ort, konfrontiert mit den Öfen und dem noch gegenwärtigen Brandgeruch, sei es fast unerträglich geworden, berichtete er.

„Ohne die zahlreichen Schüler, die dort sind und so zeigen, dass das Leben über den Tod gesiegt hat, wäre es in Auschwitz nicht auszuhalten“, sagt Gottfried Bühler, der Vorsitzende der internationalen christlichen Botschaft Jerusalem (ICEJ). Über seine Organisation haben die Sillenbucher Gymnasiastinnen an der Reise teilgenommen. Der ICEJ wurde 1980 von Christen in Jerusalem gegründet – als Ausdruck der Solidarität mit dem Staat Israel und dem jüdischen Volk.

Angesichts der aktuellen Bombenangriffe im Nahen Osten musste freilich auch der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern auf dem Podium diskutiert werden. Dabei taten sich unüberbrückbare Meinungsunterschiede auf – einen Konsens gab es nur über die Vergangenheit.