Insgesamt 125 000 Artikel – darunter auch Akkuschrauber– hat Würth im Angebot. Foto: Würth

Das Familienunternehmen Würth investiert trotz schwächerer Konjunktur in ein neues Entwicklungszentrum und baut Jobs auf. Gesucht werden nicht zuletzt Außendienstmitarbeiter.

Stuttgart - Trotz Konjunkturabschwächung ist der Umsatz der Würth-Gruppe im ersten Halbjahr deutlich um gut fünf Prozent gestiegen. Beim Ergebnis hat der Weltmarktführer von Befestigungs- und Montagetechnik das Vorjahresniveau allerdings nicht erreicht; es sank um 15 Prozent. Grund für den Rückgang des Betriebsergebnisses seien die um rund zwei Prozent gestiegenen Einkaufspreise; teurer geworden seien etwa Stahl oder auch Handelswaren. „Es ist uns nicht gelungen, die gestiegenen Preise eins zu eins an unsere Kunden weiterzugeben“, erläutert Würth-Chef Robert Friedmann im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die nach wie vor hohen Investitionen in den Ausbau unserer Geschäftsbereiche belasten das Ergebnis zusätzlich, legen allerdings gleichzeitig die Basis für unser zukünftiges Wachstum“, fügt er hinzu. Das Familienunternehmen baut derzeit etwa ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in Künzelsau; der Spatenstich war im Frühjahr 2019. 70 Millionen Euro werden dort investiert.

Friedmann ist zufrieden mit dem Verlauf des ersten Halbjahrs. „Wir wachsen schneller als der Wettbewerb und gewinnen Marktanteile hinzu“, sagt er. Allerdings sei die Entwicklung gespalten. Während der Anbieter von Befestigungs- und Montagetechnik im Bereich Automobil unter der schwächelnden Konjunktur leide, profitiere er von der nach wie vor robusten Baukonjunktur. Dort, wo es schlechter laufe, müsse man reagieren. So komme es bei der Würth-Tochter Eisos IBE in Thyrnau bei Passau, die Elektronikbauteile herstelle, sogar zu Kurzarbeit. Betroffen seien 117 der 125 Mitarbeiter mit einer Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Prozent. Grund dafür sei der Rückgang der Aufträge. Offenbar hat ein Großkunde aus der Autoindustrie seine Aufträge deutlich zurückgefahren. Größere Sparmaßnahmen seien konzernweit allerdings nicht geplant.

Neue Mitarbeiter eingestellt

Im Gegenteil: Das Familienunternehmen aus Künzelsau stellt Mitarbeiter ein. Mehr als 77 800 Beschäftigte waren Ende Juni für Würth tätig. Das war rund ein Prozent mehr als noch vor einem Jahr. In Deutschland ist die Belegschaft gar um drei Prozent auf gut 24 000 gestiegen. Knapp die Hälfte der Mitarbeiter sind im Außendienst tätig. Und hier soll weiter aufgestockt werden. Bis zum Jahresende soll die Zahl der Verkäufer um rund 1000 steigen.

Für die zweite Jahreshälfte ist Friedmann zuversichtlich, dass das Wachstum sich noch etwas beschleunigt. Für das gesamte Jahr rechnet man mit einem Umsatzplus zwischen fünf und sieben Prozent auf dann 14,3 bis 14,6 Milliarden Euro. Auch beim Betriebsergebnis will er aufholen: „Wir gehen davon aus, dass wir das Geschäftsjahr 2019 mit einem Betriebsergebnis auf Vorjahresniveau abschließen werden“. Im vergangenen Jahr lag dieser Wert bei 870 Millionen Euro. Voraussetzung, dieses Ziel zu erreichen, sei allerdings, dass es weder bei den Handelsstreitigkeiten noch beim Brexit zu negativen Entwicklungen komme.

China-Geschäft stagniert

Im ersten Halbjahr ist Würth in fast allen Regionen der Welt gewachsen. Lediglich in China stagnierte der Umsatz. In Nordamerika hat das Unternehmen, das nicht zuletzt mit dem Handel von Schrauben groß geworden ist, um 2,7 Prozent zugelegt. Hier sei man vom Handelsstreit betroffen. Denn Würth importiere Teile aus China für den US-amerikanischen Markt. In den europäischen Ländern lagen die Zuwächse zwischen vier Prozent in Deutschland und knapp zwölf Prozent in Südeuropa. Insgesamt setzte Würth im Halbjahr 7,2 Milliarden Euro um. Darin enthalten sind auch Zukäufe. So hat sich der Würth Elektrogroßhandel im Juli 2018 mehrheitlich am Elektrogroßhändler MEB in Italien beteiligt. Vor wenigen Wochen wurde der spanische Großhändler Grupo Electro Stocks (GES) übernommen. GES hat mit mehr als 900 Mitarbeitern im vergangenen Jahr 261 Millionen Euro umgesetzt und ist mit 69 Standorten in Spanien vertreten. Mit der Zustimmung der Kartellbehörden rechnet Friedmann im September. „Wir sind weiter an Zukäufen interessiert“, so Friedmann. Auf der Liste der Unternehmen, die für Würth interessant sein könnten, stehen zwischen zwölf und 20 Namen.

Die Zusammenarbeit mit Techtronic Industries (TTI) mit Sitz in Hongkong ist anscheinend gut angelaufen. TTI – dazu gehören unter anderem die Marken AEG und Milwaukee – ist einer der bedeutenden Hersteller von Elektrowerkzeugen. Seit Dezember 2018 hält Würth die Mehrheit an einem gemeinsamen Joint Venture. Ziel ist dabei die Entwicklung und Fertigung eines eigenen Akkusystems mit einheitlicher Schnittstelle. Der Vorteil: Die Würth-Kunden brauchen dann nur noch ein Ladegerät für ihre Akku-Werkzeuge. Die Reaktion der Kunden auf die neuen Maschinen sei durchweg positiv, ist zu hören. Absatzzahlen will das Unternehmen aber nicht nennen. Angeboten werden bereits Bohrschrauber und Winkelschleifer. Im Herbst sollen weitere Werkzeuge hinzukommen.