Schottergärten wie diesen sehen Naturschützer nicht gerne. Sie möchten, dass die Kommunen dagegen einschreiten. Foto: Frank Eppler

Die Naturschutzverbände im Rems-Murr-Kreis haben den zunehmend beliebten Schotter- und Kiesgärten den Kampf angesagt. Sie fordern, dass die Kommunen diese im Bebauungsplan ausdrücklich verbieten sollen. Die Stadt Heilbronn hat das schon umgesetzt.

Rems-Murr-Kreis - Manche finden sie schlicht praktisch. Für andere, dazu gehört zum Beispiel der Sprecher der Naturschutzverbände im Rems-Murr-Kreis, Robert Auersperg, sind sie „Gärten des Grauens“: Gemeint sind sogenannte Schottergärten, in denen Pflanzen – wenn sie überhaupt vorhanden sind – allenfalls eine Nebenrolle spielen. Stattdessen wird die Gartenfläche großzügig mit Schottersteinen oder Kies bedeckt.

„Diese Gärten widersprechen allen Natur- und Umweltschutzgedanken“, sagt Auersperg, der argumentiert: „Die Artenvielfalt bleibt auf der Strecke.“ Wie viele Lebewesen sich in einem gestutzten Rasen tummeln, darüber will er nicht spekulieren, argumentiert aber: „In einem Rasen versickert das Wasser, Schottergärten haben klimatisch eine ganz andere Wirkung und heizen sich stark auf.“ Auch die häufig gepflanzten Hecken aus Kirschlorbeer oder Lebensbaum sieht Auersperg kritisch. Gemeinsam mit Bruno Lorinser vom Nabu Waiblingen und Ursula Zeeb vom BUND Remshalden fordert er die Kommunen im Landkreis dazu auf, Schottergärten in ihren Bebauungsplänen zu verbieten.

Heilbronn plant weitere Verbote

Möglich wäre das. Die Stadt Heilbronn zum Beispiel hat in den Bebauungsplänen für die Neubaugebiete „Neckarbogen-Ost“ im Jahr 2015 und in diesem Jahr für das Gebiet „Klingenäcker“ auf Grundlage der Landesbauordnung festgeschrieben: „Lose Stein-/Materialschüttungen sind nicht zulässig“.

Bei dem Gebiet Neckarbogen-Ost handelt es sich laut dem Heilbronner Stadtpressesprecher Christian Britzke um eine „ausschließlich städtische Fläche, die in einem komplexen Verfahren an Investoren verkauft wurde – hier ließen sich die entsprechenden Vorschriften einfach setzen“. Die Klingenäcker sind noch nicht bebaut, hier fangen erst die Erschließungsarbeiten an. Kontrollen seien weder geplant noch personell leistbar, sagt Britzke: „Wir gehen aber davon aus, dass durch die Bauvorschrift einige Schottergärten erst gar nicht entstehen werden.“ Für die Zukunft gelte: „Die Stadt Heilbronn beabsichtigt, in weiteren Bebauungsplänen solche Gebote aufzunehmen.“

„Wir diskutieren über solch ein Verbot, stehen aber noch ganz am Anfang“, sagt Christine Schwarz vom Waiblinger Stadtplanungsamt. Schottergärten sind nach Einschätzung des Amtes auch im Hinblick auf die Klimaerwärmung ein heißes Thema: „Die Steine heizen sich enorm auf.“ Grundsätzlich halten die Fachleute im Stadtplanungsamt eine Regelung wie in Heilbronn für durchaus sinnvoll, wann und ob es in Waiblingen dazu kommt, ist jedoch laut Christine Schwarz noch offen und müsse auch Thema im Gemeinderat sein.

Umweltschutzamt setzt auf Aufklärung

„Schottergärten sind natürlich für die Natur genauso wenig nützlich wie asphaltierte Parkflächen oder Straßen“, heißt es in einer Stellungnahme des im Landratsamt angesiedelten Umweltschutzamtes. Allerdings sei die Fläche solcher Gärten viel zu gering, um tatsächlich einen messbaren Anteil am Rückgang der Artenvielfalt zu haben. In Hausgärten siedelten sich ohnehin selten besonders bedrohte Arten an. Die Behörde bezweifelt, dass Verbote von Schottergärten viel bewirken können. Schon jetzt enthielten Bebauungspläne viele Vorschriften: „Aus unserer Sicht wären daher Aufklärung und Überzeugungsarbeit sehr viel wirkungsvoller.“

Was das Gesetz und Aktivisten dazu sagen

Bauverordnung:
Die Landesbauordnung schreibt vor, dass nicht überbaute Flächen auf bebauten Grundstücken Grünflächen sein müssen – falls sie nicht beispielsweise als Terrasse genutzt werden. Im Gesetz heißt es: „Ist eine Begrünung oder Bepflanzung der Grundstücke nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, so sind die baulichen Anlagen zu begrünen, soweit ihre Beschaffenheit, Konstruktion und Gestaltung es zulassen und die Maßnahme wirtschaftlich zumutbar ist.“

Initiativen:
Der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau hat 2017 die Initiative „Rettet den Vorgarten“ gestartet. Auch der Verein „Förderer der Gartenkultur“ macht gegen pflanzenlose Gärten mobil und will mit der Aktion „Entsteint Euch!“ „Kieswüstenbesitzer“ zum Nach- und Umdenken anregen. Auf seiner Facebook-Seite „Gärten des Grauens“ nimmt der Biologe Ulf Soltau Schottergärten satirisch unter die Lupe.

Die Mär vom pflegeleichten Garten

Der Verband Garten-, Landschaft- und Sportplatzbau sieht Schottergärten kritisch und will seinen Mitgliedern Alternativen aufzeigen.

Leinfelden-Echterdingen - Marco Borke ist Referent beim Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen. Dessen Bundesverband hat im vergangenen Jahr die Initiative „Rettet den Vorgarten“ ins Leben gerufen, die Gartenbesitzern „überzeugende Argumente für lebendige Gärten mit Pflanzen an die Hand geben will“. Diese Steinwüsten seien besonders häufig in Neubaugebieten zu finden, sagt Marco Borke. „Ich erkenne da keine Schönheit“, ist sein Kommentar zu dieser Art der Gartengestaltung: „Ein gärtnerischer Anspruch ist da nicht mehr vorhanden. Jeder kann sich im Baumarkt Vlies kaufen und Steine darauf schütten.“

Verband kann keine Vorschriften machen

Natürlich könne der Verband seinen Mitgliedern diesbezüglich keine Vorschriften machen: „Aber wir können sie informieren, was sie damit verursachen und welche Folgen das für das Kleinklima hat.“ Auch wirtschaftliche Aspekte spielten für Betriebe eine Rolle: „Persönlich finde ich das nicht in Ordnung, aber im Winter, wenn die Auftragslage nicht gut ist, will man Umsatz generieren und muss schauen, dass der Betrieb läuft.“ Da legt manch einer lieber einen Schottergarten an, als ohne Arbeit zu bleiben.

Ein Verbot hält Marco Borke trotz aller Kritik für übertrieben. Sein Verband setze stattdessen auf einen Leitfaden, den man den Betrieben zur Verfügung stelle. Der helfe herauszufinden, was der Kunde von seinem Garten erwartet, wie viel Zeit er ins Grün rund ums Haus investieren möchte und welche Bepflanzung dazu passt. Eine Umfrage habe ergeben, dass für die meisten Besitzer von Schottergärten der Aspekt eines pflegeleichten Gartens ausschlaggebend sei, berichtet Marco Borke. Er spricht von „der Mär vom pflegeleichten Garten“, dieses Argument für Schottergärten treffe seiner Erfahrung nach nämlich gar nicht zu.

Auf längere Sicht sind Schottergärten nicht pflegeleicht

„Auch wenn es anfangs vielleicht so aussieht, ist es über die Jahre garantiert nicht so.“ Die Situation sei vergleichbar mit der in einer Petrischale: Auf dem Vlies bilde sich eine Schicht aus Laub und anderem organischen Material, auf der Samen keimen können. Gerade in feuchten Frühjahren führe das oft dazu, dass allerlei Pflänzchen aus der Steinwüste hervorwüchsen, denen manch einer dann mit Chemie zu Leibe rücke. Angesichts der immer kleineren Baugrundstücke und kleineren Gärten sieht Borke die Begrünung von Fassaden und Dächern als ein wichtiges Thema der Zukunft.