Ein Hund ist an der Leine, der andere nicht. Das ist im Wald in Ordnung, wenn der unangeleinte Hund im Einwirkungsbereich des Besitzers bleibt und auf Zuruf zu ihm kommt. Foto: Claudia Barner

Für Hunde gilt im Wald kein Leinenzwang, doch es gibt Regeln. Wer sich daran nicht hält, muss mit einem ordentlichen Bußgeld rechnen. Eine Waldenbucherin erzählt, warum ihr Ausflug neulich als Desaster endete.

Waldenbuch - Der Wald ist in Corona-Zeiten ein beliebter Rückzugsort, von dem man sich Ruhe und Entspannung erhofft. Doch weil sich unterm grünen Blätterdach immer mehr Menschen tummeln, bleiben Konflikte nicht aus. Spaziergänger, Radfahrer, Waldbadende, Pilzsammler, Geocaching-Fans auf Schatzsuche und Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern müssen auf den schmalen Wegen miteinander klarkommen. Vor allem die Frage, ob Bello und Fiffi im Forst an der Leine zu führen sind, bringt immer wieder Ärger mit sich. Doch was ist eigentlich erlaubt, und wo sind die Grenzen?

Für Carola Kuhn aus Waldenbuch steht der jüngste Spaziergang im Schönbuch unter der Überschrift: „Ein Ausflug mit Schrecken.“ Der rücksichtslos vorbeischießende Mountainbiker war nur der Anfang. Die beiden großen, frei laufenden Hunde, von denen einer ihren sechsjährigen Enkel angesprungen hatte, brachte die Familie zusätzlich in Bedrängnis. Die Stimmung war verdorben, an ein entspanntes Weiterlaufen war nicht zu denken. Nach der Rückkehr verfasste Kuhn einen Leserbrief fürs Waldenbucher Amtsblatt. „Leider war unser Erlebnis kein einmaliges Ereignis. Ich wünsche mir so sehr, dass wir alle aufeinander Rücksicht nehmen und jeder auf den anderen Acht gibt“, so ihr Appell.

Die meisten Hundehalter sind vorbildlich

Diesen Wunsch teilt sie mit dem Forstbezirksleiter Götz Graf Bülow und dem Forstrevierleiter Daniel Berner von Forst BW. Doch die Schönbuch-Experten wissen auch: „Je größer der Hund ist, desto freier läuft er. Dabei kommt es immer wieder zu Situationen, in denen Hundehalter ihre Vierbeiner nicht im Griff haben.“ Denn nicht jeder, der weiß, dass sich sein tierischer Freund gern selbstständig macht oder schlecht hört, zieht daraus die richtigen Konsequenzen. „95 Prozent verhalten sich vorbildlich. Die anderen fünf Prozent provozieren Negativereignisse und sorgen für ein ungutes Image“, stellt Daniel Berner fest.

Auch die Forstmänner treffen bei ihren Touren durch den Wald immer wieder auf Personen, die verloren mit der Leine auf dem Weg stehen und darauf hoffen, dass die Spürnasen ihre verbotene Jagd durchs Unterholz bald beenden möge. „Nicht alle zeigen sich einsichtig, wenn wir sie ansprechen, und weigern sich, uns ihre Namen zu nennen“, erzählt Götz Graf Bülow, der bei besonders renitentem Auftreten auch schon mal die Polizei zur Unterstützung anfordern musste. Einige geben sich unwissend. Doch die Mehrzahl ist sich darüber im Klaren, dass für entlaufene und wildernde Hunde im Wald ein Bußgeld fällig wird. Die Grundlage dafür bietet das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz, in dem Folgendes geregelt ist: In Baden-Württemberg dürfen Hunde auch im Wald unangeleint unterwegs sein. Voraussetzung ist allerdings, dass sie im Einwirkungsbereich ihres Besitzers bleiben und jederzeit abrufbar sind. Wer sich nicht an die Regeln hält, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit 150 bis 350 Euro geahndet werden kann.

Wildernde Hunde sind eine Bedrohung

Denn nicht nur Spaziergänger, Jogger und Radfahrer kommen durch eine unkontrollierte Hundebegegnung unter Stress. Auch für die Bewohner des Waldes sind wildernde Hunde eine Bedrohung. „Ein ausgewachsenes gesundes Reh wird wahrscheinlich nicht gefangen. Doch Jungtiere, die noch keinerlei Erfahrung und keinen ausgeprägten Fluchtinstinkt haben, sind gefährdet“, erklärt Götz Graf Bülow. Während der Setz- und Brutzeit zwischen Ende April und Mitte Juli finden die Förster immer wieder Kitze oder junge Hasen, die vom Hund gerissen worden sind. Daniel Berner sind allein aus den letzten Wochen drei Fälle bekannt.

Lösen lassen sich die Probleme nach Meinung der Forstexperten allerdings nicht durch zusätzliche Vorschriften. Ihnen stellt sich vielmehr die Frage: Wie gehen wir miteinander um? „Es steht niemandem auf der Stirn geschrieben, ob er Angst vor Hunden hat“, sagt Götz Graf Bülow. Seiner Erfahrung nach habe die Mehrheit der Waldbesucher einen gesunden Respekt vor Hunden oder tatsächlich bereits schlechte Erfahrungen gemacht und entsprechende Ängste. Mit dem Zuruf „Der tut nichts“ sei es hier nicht getan.

Um Konflikte zu vermeiden, empfiehlt der Forstmann eine positive Kontaktaufnahme. „Wer seinen Hund rechtzeitig zurückruft, bei Fuß gehen lässt oder anleint, sendet dem Gegenüber damit das Signal: Hier kümmert sich jemand und sorgt für Sicherheit“, sagt er.

Die Regeln des Waldes und die Gebote des Miteinanders gibt es für die Besucher des Naturparks Schönbuch künftig auch schriftlich: Zeitgleich zum neuen Besucherleitsystem werden Hinweistafeln installiert, auf denen das Naturpark-Maskottchen Siggi Saustark für einen respektvollen Umgang miteinander wirbt.

Diese Regeln gelten im Wald

Schutz für Waldbewohner: Obwohl in Baden-Württemberg im Wald keine generelle Leinenpflicht gilt, gibt es Ausnahmen. So gelten gesetzliche Einschränkungen im Stuttgarter Rotwildpark und im Bereich des Bärensees. Im 4000 Hektar großen umzäunten Rotwildgebiet des Naturparks Schönbuch gibt es fünf ausgewiesene Wildschutzzonen, die etwa 15 Prozent der Gatterfläche ausmachen. Gekennzeichnet sind sie mit einem Schild, das eine Ricke mit Rehkitz zeigt. Hier gilt ein Wegegebot für Mensch und Hund.

Hinterlassenschaften: Ein Hundehaufen im Bankett oder Unterholz, der mit Laub abgedeckt wird, ist nach Auskunft der Forstexperten keine Belastung für das Ökosystem Wald. Plastik hingegen schon. „Rund um die Hotspots an den Wanderparkplätzen und Grillstellen finden wir immer mehr Kunststoffbeutelchen mit Hundekot am Wegesrand“, stellt Götz Graf Bülow fest. Wer das Häufchen eintüte, müsse dieses auch mitnehmen.

Leitsystem: Um die unterschiedlichen Interessen der Waldbesucher besser in Einklang zu bringen, hat der Naturpark Schönbuch ein neues Besucherleitsystem entwickelt. Die Fernwanderwege des Schwäbischen Albvereins (gelb) sind auf den Schildern am Wegesrand und im neuen Kartenwerk ebenso markiert, wie lokale Rundwanderwege (grün) oder touristische Hotspots wie der Ziegelweiher, der Birkensee, das Soldatengrab oder die Königliche Jagdhütte. Auch das Radwegenetz wird verbessert. So gibt es künftig eine 100 Kilometer lange Mountainbike-Strecke.