Die in der Opec führenden Golfstaaten wollen wieder mehr Geld für ihr Öl. Foto: AP

Des einen Freud, des anderen Leid: Die für Verbraucher und viele Unternehmen günstigen Ölpreise ärgern die Produzenten. Die Organisation Erdöl exportierender Länder will die Kontrolle über den Markt zurückerobern – mit einer dramatischen Kehrtwende.

Frankfurt - Der niedrige Ölpreis ist den Förderländern ein Dorn im Auge. Auf einer Konferenz in Algerien einigte sich die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) deshalb in der Nacht zu Donnerstag auf eine Drosselung der Fördermenge: Die 14 Mitglieder des Kartells wollen ihren Ausstoß ab Dezember auf 32,5 bis 33 Millionen Barrel (159 Liter) pro Tag begrenzen. Im August hatte die Opec nach Schätzung der Internationalen Energie-Agentur (IEA) fast 33,5 Millionen Barrel täglich gefördert.

Marktreaktionen

Unmittelbar nach der Opec-Sitzung am späten Mittwochabend kletterte der Weltmarktpreis für Rohöl um gut fünf Prozent auf 49 Dollar. Auch die Aktien großer Ölkonzerne wie Shell, BP und Total legten kräftig zu. Da die Förderkürzung frühestens im Dezember wirksam werde, seien die Reaktionen aber in erster Linie der „Marktpsychologie“ geschuldet, kommentierte Alwin Schenk von der Privatbank Sal. Oppenheim.

Benzinpreis

Nach der Opec-Konferenz richten sich die Augen vieler Verbraucher sorgenvoll auf die Tankstellen. Tatsächlich war auf Online-Vergleichsportalen am Donnerstagmorgen an vielen Zapfsäulen ein Preisanstieg zu beobachten. Das ist allerdings nicht ungewöhnlich, denn laut Statistiken etwa des ADAC steigt der Benzinpreis typischerweise über Nacht, um dann im Tagesverlauf wieder zu sinken. Ob die Tankstellen auf die Opec-Sitzung reagiert hätten, könne man daher noch nicht sagen, hieß es bei dem Automobilclub. Klar ist: Sollten die Ölpreise in den nächsten Monaten zulegen, so dürfte auch Benzin teurer werden. Zwar entfällt der größte Teil des Spritpreises auf die Energie- und Mehrwertsteuer. Gleichwohl macht der Ölpreis einen großen Unterschied: Als er im März 2012 bei 125 Dollar notierte, kostete der Liter Super E10 in Deutschland durchschnittlich 1,65 Euro. Aktuell liegt der Weltmarktpreis für Öl bei rund 50 Dollar, für E10 zahlten die Deutschen im August laut ADAC 1,28 Euro.

Heizöl

Auch Heizöl ist dank der seit Jahren niedrigen Rohölpreise im historischen Vergleich derzeit günstig. 100 Liter kosteten zuletzt weniger als 50 Euro. Anders als beim Benzin machte der Rohstoffpreis hier zuletzt mehr als 60 Prozent der Gesamtkosten aus. Steigende Rohölpreise machen sich deshalb beim Heizen noch stärker bemerkbar als beim Tanken.

Hintergrund

Der Ölpreis ging im Sommer 2014 auf Talfahrt und sackte Anfang dieses Jahres zeitweise auf weniger als 30 Dollar pro Barrel ab. Neben der Erschließung neuer Förderquellen vor allem in den USA trug zu dem Preisverfall auch die Opec selbst bei: Die Organisation verzichtete trotz des wachsenden Angebots Ende 2014 darauf, ihre Fördermenge zu begrenzen. Saudi-Arabien – als weltgrößter Öl-Exporteur federführend in der Opec – setzte darauf, den Rohstoff durch eine Überschwemmung des Marktes zu verbilligen und damit insbesondere die amerikanische Konkurrenz zum Aufgeben zu bringen. Denn in den Vereinigten Staaten, aber auch in Kanada wird Öl aus unkonventionellen Quellen wie Ölsand und Schiefer gewonnen. Das ist aufwändig und rechnet sich bei sehr niedrigen Preisen nicht mehr. Allerdings haben sich Schätzungen, ein Ölpreis unter 50 Dollar werde die amerikanischen Produzenten in die Knie zwingen, bislang nicht bewahrheitet. Gleichzeitig machen die sinkenden Einnahmen aus den Öl-Exporten allmählich auch den reichen Golfstaaten zu schaffen. Erst im Mai stufte die Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit Saudi-Arabiens herab.

Prognose

Wie sich der Ölpreis langfristig entwickelt, hängt nicht allein von der Opec ab. Schließlich gibt es große Förderländer, die dem Kartell nicht angehören – eben die USA und vor allem Russland. Die Opec will ihre Förderkürzungen mit dem zweitgrößten Öl-Exporteur weltweit koordinieren. Ob Moskau mitzieht, ist aber unklar. Das russische Wirtschaftsministerium teilte zum Beschluss von Algier lediglich mit: „Der Markt hat die Neuheiten mit Optimismus aufgenommen. Aber besondere Veränderungen sind nicht zu erwarten.“

Durchsetzungsprobleme

Mit einem Anteil von über 30 Prozent an der weltweiten Produktion kann die Opec die Preise durchaus beeinflussen. Viele Beobachter bezweifeln aber, ob dies der notorisch zerstrittenen Organisation gelingt. Schon in der Vergangenheit hatte das Kartell Probleme, die Einhaltung der Förderquoten durch alle 14 Mitglieder durchzusetzen. Der neue Versuch nach zwei Jahren Pause dürfte nun nach Einschätzung der Commerzbank noch viel schwieriger werden. „Genauso wenig wie man zwei Mal in den gleichen Fluss steigen kann, kann man die alten Verhältnisse am Ölmarkt wiederherstellen“, kommentierten die Rohstoff-Experten der Bank. Und sollte die Opec die Preise doch in die Höhe treiben, so würde das auch die Konkurrenz beleben. Die meisten Experten erwarten daher nur einen moderaten Anstieg der Ölpreise: 2017 werde ein Barrel wohl im Schnitt 60 Dollar kosten, prognostizieren etwa Sal. Oppenheim und die französische Großbank Société Générale.