Eine Handvoll Händler haben zum Wochenmarkt die Stände aufgebaut.Die Marktbesucher sind entspannt. Foto: Julia Amrhein

Die Schließung von Geschäften, die nicht der Grundversorgung dienen, ist am Mittwoch in Kraft getreten. Wie hat sich das auf den Wochenmarkt und das Leben in der Marbacher Innenstadt ausgewirkt?

Marbach – Die Bedingungen für einen Bummel sind an diesem Mittwoch perfekt. Die Sonne strahlt vom Himmel und die ersten Passanten haben es sich schon in den Cafés gemütlich gemacht, während knapp eine Handvoll Stände des Wochenmarkts aufgebaut werden. Tatsächlich ist aber nichts wie sonst, denn die Schaufenster der meisten Geschäfte sind dunkel. Informationszettel hängen in den Fensterscheiben mit vielerlei Hinweisen auf Onlineshops, Kontaktmöglichkeiten oder besondere Lieferangebote.

„Das Ordnungsamt hat heute Morgen angerufen“, erzählt Kerstin Dietle vom gleichnamigen Schuhgeschäft. Geschäfte, die nicht der Grundversorgung dienen, mussten aufgrund eines Verordnung des Landes bezüglich der Corona-Krise schließen – mit sofortiger Wirkung nach dem Telefonat. „Eine befremdende und neue Situation.“ Und auch eine, die bei der Inhaberin noch viele Fragezeichen offenlässt: „Erwachsene kommen wohl zurecht. Aber was ist mit Kleinkindern, deren Füße noch wachsen?“ Auch Simon Wurm von Pro-Optik hat einen solchen Anruf erhalten und steckt nun ebenso in der Zwickmühle. Denn im Erlass werden Optiker nicht explizit von der Regelung ausgenommen, wie etwa in Bayern: „Aber was sollte jemand machen, wenn ihm jetzt die Brille kaputtgeht?“

Die Schließungen im Einzelhandel sind ein harter Einschnitt, doch für Markus Schneider alternativlos. „Wir sind online und telefonisch aber weiterhin für unsere Kunden zu erreichen“, betont der Inhaber der Buchhandlung Taube in der Wendelinskapelle. Einzelne Kunden stehen an diesem Markttag noch vor der Tür in der Hoffnung, etwas abholen zu können. Das geht aber nicht mehr: Die bestellte Ware wird per „Taubenexpress“ mit der Post oder mit einem Boten zugestellt. Um die soziale Komponente nicht ganz zu vernachlässigen, plant Schneider mit seinem Team Bilderbuchlesungen, die dann online gestellt werden, oder zum Welttag der Poesie am 21. März auch Lyriklesungen, die man dann digital verfolgen kann.

Gab es bislang Büchertische, die Schneider in Kindergärten aufgebaut hatte, damit Kinder und Eltern sich Bücher – etwa zu Ostern – aussuchen können, wird es jetzt in Zusammenarbeit mit dem katholischen Kindergarten Benningen einen digitalen Büchertisch geben. Zugute komme ihm, dass man schon viele Jahre einen Online-Shop betreibe und Erfahrung damit habe, sagt Schneider und räumt ein, dass es seine Branche etwa leichter habe als etwa ein Schuh- oder Bekleidungsgeschäft. Es komme auch auf die Kreativität und die Flexibilität eines Unternehmens an. Dennoch ist Schneider überzeugt: „Buy local, also vor Ort einzukaufen, ist wichtiger denn je.“ Auch die Galerie in der Wendelinskapelle reagiert. Ein Querschnitt der Ausstellung von Natalia Simonenko ist auf der Homepage zu sehen.

Obwohl kein Bummel durch die Läden wartet, haben einige Menschen den Weg in die Altstadt von Marbach gefunden. „Tatsächlich sind heute mehr Kunden da als sonst“, berichtet Andrea Deibler, die Fisch am Markt anbietet. Aus ihrer Sicht liegt das daran, dass derzeit viele Eltern mit den Kindern zuhause sind oder aus dem Homeoffice arbeiten und den Markt nutzen, um frische Luft zu schnappen: „Und auch der Abstand wird beachtet.“ Eine Kundin die gerade vorbeikommt, hält sogar das genau für die Stärke des Wochenmarkts in Corona-Zeiten: „Hier ist kein Gedrängel wie im Supermarkt und die Ware wird nicht von allen angefasst.“ Die Fischquelle Deibler hat noch keine Einbußen gemacht, tatsächlich werde mehr gekauft, um die Ware einzufrieren.

Anders ergeht es Elvan Aktas, der vor seinem Geschäft einen Stand mit Obst und Gemüse anbietet: „Es ist sehr ruhig und rentiert sich nicht wirklich.“ Da er aber keine Anfahrtswege habe, mache er weiter – im Zweifel esse er die Ware auch selbst mit der Familie. Zudem beliefere er ja auch Gastronomen, wie etwa seinen Nachbarn, die Pizzeria La Torre. Die ist als Lieferdienst von den Schließungen nicht betroffen. Aber, so Pino di Giovanna: „Die Tische im Vorraum werden nicht mehr benutzt und unsere Boten sind nur noch mit Handschuhen unterwegs.“ Die Fahrer seien zudem auch angehalten worden, derzeit nicht mit Menschengruppen oder auf Feiern unterwegs zu sein: „Wer sich da uneinsichtig zeigt, darf dann im Zweifel nicht mehr für uns fahren.“

Weiter die Straße entlang haben es sich ein paar Menschen mit einem Kaffee bei einer Bäckerei bequem gemacht. Darunter auch Helmut Grell: „Es ist unbegreifbar, was jetzt für Corona alles möglich ist, für den Klimawandel aber nicht.“ Er hat auf dem Wochenmarkt einen Salat besorgt und genieße jetzt die „Verlangsamung“ im Alltag durch leere Terminkalender. Leere Terminkalender sind dafür genau das, was Debora Parra trifft, die das i-dipfele und einen Catering-Service führt: „Ich musste ja sämtliche Anzahlungen zurücksenden.“ Sie hält den Mittagstisch unter Beachtung der Vorgaben für Gastronomie zunächst aufrecht. Auch wenn sie keinen Plan B hat, plädiert sie für weitere Schließungen: „Geld ist doch jetzt nicht das Wichtigste. Es geht darum, dass wir gesund bleiben.“