Der Grenzübergang bei Weil am Rhein – immer öfter kommen Flüchtlinge auch per Mitfahrgelegenheit aus der Schweiz nach Deutschland. Foto: dpa

Nicht nur Bahn und Busse, sondern auch Mitfahrzentralen werden von Schleusern zunehmend für illegale Fluchtmethoden genutzt. Die Behörden warnen: Haftbar gemacht wird in solchen Fällen der Fahrer.

Weil am Rhein - Es sind weniger geworden, aber immer noch kommen viele Flüchtlinge aus den unverändert gefährlichen Krisengebieten aller Welt nach Europa. Viele davon reisen illegal über die Schweiz direkt nach Baden-Württemberg ein. „Um nach Deutschland zu kommen, nehmen Migranten beachtliche Risiken auf sich“, sagte Jonas Große, der Sprecher der Bundespolizeidirektion Stuttgart, jüngst den Stuttgarter Nachrichten. Und einige ihrer Schleuser übertragen das Risiko neuerdings auf nichts ahnende Chauffeure: „Es ist im letzten halben Jahr immer häufiger vorgekommen, dass Schleuser Online-Mitfahrzentralen für den illegalen Grenzübertritt nutzen“, erläutert auf Anfrage Thomas Gerbert von der Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein, dem südbadischen Grenzübergang zur Schweiz.

Genaue Zahlen könne man zwar nicht nennen, weil es auch „ein sehr hohes Dunkelfeld“ gebe. Die Hauptverkehrsmittel der Flüchtenden seien nach wie vor Züge und Fernbusse. Aber unlängst habe man durch einen – polizeilich betrachtet – Glücksfall einen Einblick in die neueste Schleusermethode gewonnen. Ein tunesischer Lastwagenfahrer hatte eine Mitfahrgelegenheit von Pisa nach Stuttgart in einem Portal angeboten und daraufhin zwei dunkelhäutige Männer mitgenommen. Unterwegs kamen ihm Zweifel, und nach der deutschen Grenze fuhr der Trucker die nächste Polizeistation an. Die Afrikaner hatten tatsächlich falsche Papiere dabei, ihre Fahrt konnten sie von da an nicht mehr fortsetzen.

Haftbar ist der Fahrer des Wagens, nicht der Halter

Der Lastwagenfahrer konnte zwar weiterfahren – aber er wurde wegen Beihilfe zur illegalen Einreise angezeigt, denn trotz seiner Zweifel hat er die Passagiere über die Grenze gebracht und muss nun hoffen, dass ihm die Staatsanwaltschaft glaubt, dass er ohne Argwohn ausgenutzt wurde. Nach Paragraf 96 des Aufenthaltsgesetzes kann die nachgewiesene Straftat mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zehn Jahren geahndet werden. „Die vereinbarte Bezahlung einer Mitfahrgelegenheit kann als Einschleusung strafbar sein“, sagt der Polizeisprecher Gerbert. „Haftbar gemacht wird nicht der Halter des Autos, sondern der Fahrer.“ Allein der Versuch ist strafbar.

Das erlegt den Fahrern von Lastwagen oder Personenwagen, die sich etwa auf der Rückreise vom Mittelmeer ein wenig Reisekostenzuschuss verdienen wollen, eine schwerwiegende Eigenverantwortung auf. „Das ist nicht einfach, man sollte ja auch niemanden stigmatisieren“, gibt Gerbert zu. Andererseits solle man genau prüfen, wer auf welche Art und Weise mitfahren wolle. Typisch für Schleusungen sei, dass sich nicht die Mitfahrer, sondern mutmaßlich Schleuser als Mittelsmänner melden und die Fahrt auch bezahlen. Wenn Mitfahrer sprachlich nicht in der Lage seien, sich verständlich zu machen, sei Vorsicht geboten. Lägen keine Personaldokumente vor, müsse man unbedingt Abstand von einem Transport nehmen. „Man sollte sich die Dokumente zeigen lassen und das Passfoto mit dem Gesicht des Reisenden vergleichen“, rät Gerbert, und auch das Geburtsdatum auf Plausibilität prüfen.

Allerdings weiß die Polizei auch, dass Laien gefälschte Papiere kaum identifizieren können. Es müsse eben der Gesamteindruck stimmen. Und im Zweifel sollte man besser alleine losfahren.

Die Mitfahrzentralen warnen vor den Risiken

Die Mitfahrzentralen weisen eine Haftung für Probleme mit Schleusungen von sich. In ihren Geschäftsbedingungen warnen sie vor Risiken bei grenzüberschreitenden Fahrten. „Wir haben dazu einen Artikel auf unserem Blog veröffentlicht und machen unsere Mitglieder an drei weiteren Stellen auf unserer Plattform auf dieses Thema aufmerksam“, betont Jasmin Schlegel von Blablacar, einer der größten internationalen Mitfahrzentralen, die in 22 Ländern aktiv ist und ihr Hauptquartier in Paris hat. „Wir weisen die Fahrer darauf hin, sich die Aufenthaltspapiere von allen Mitreisenden vor Fahrtantritt zeigen zu lassen.“

Wie hoch die Zahl möglicher Einschleusungen ist, kann auch Blablacar nicht sagen, „im Verhältnis zu allen Fahrten“ sei sie „gering“, versichert die Sprecherin. Um Missbrauch zu verhindern, beobachte ein spezielles Team die finanziellen Interaktionen ununterbrochen, „um Konten von Nutzern zu identifizieren und zu sperren, die unsere Plattform für illegale Zwecke missbrauchen wollen“. Man arbeite dabei eng mit den Behörden zusammen und könne im Zweifelsfall auch den betrogenen Transporteuren als Zeugen helfen.