Virginia Raggi, Roms neue Bürgermeisterin Foto: ANSA

Kleider machen Leute. Oder auch nicht. Um das herauszufinden, unterziehen wir den Kleidungsstil bekannter Persönlichkeiten einem Stresstest – und zwar regelmäßig an dieser Stelle. Heute: Virginia Raggi.

Stuttgart - Viele denken immer noch, dass Politik und Mode nichts gemein haben. Dass das Aussehen eines demokratisch gewählten Parlamentariers keine Rückschlüsse über seine Absichten oder Fähigkeiten erlaube. Doch warum empören sich dann so viele deutsche Sozialdemokraten heute noch über den Stil des einstigen „Brioni-Kanzlers“ Gerhard Schröder? Warum tragen deutsche Spitzenpolitikerinnen wie Angela Merkel, Malu Dreyer oder auch Manuela Schwesig in letzter Zeit besonders gern „Power-Dresses“, also signalrote Blazer oder Hosenanzüge, die für Ausdauer und Entschlossenheit stehen? Und wieso erschien die frisch gewählte Bürgermeisterin von Rom bei ihrer Stimmabgabe in einer blütenweißen, kragenlosen Bluse mit Fledermausärmeln?

Die Antwort lautet stets: Das Auge wählt mit. Und weil Virginia Raggi angetreten ist, um den Sumpf aus Korruption und Misswirtschaft in der italienischen Kapitale auszutrocknen, wendete sich die politisch unerfahrene Wahlkämpferin an die Enttäuschten, die das Vertrauen in die Mächtigen verloren haben. Raggi, die Audrey Hepburn der Römer, das neue it-Girl der Protestbewegung Cinque Stelle erscheint auch deswegen einigen glaubwürdiger als die üblichen Verdächtigen im Rathaus, weil sie einen anderen Stil verkörpert. Die 37-Jährige argumentiert nüchtern und analytisch, trägt aber gern mal einen Minirock oder Sandalen. Und wenn sie wählen geht, gibt die zierlich gebaute Anwältin die Unschuld vom Lande, ist sie der weiße Fleck auf der Schandkarte, trägt sie eine weite Bluse mit engelsgleichen Flügelärmeln. In Rom ist Weiß das neue Rot. Völker, seht die Signale.