Eine Hybrid-Kehrmaschine ist im Einsatz unweit der Stadtbahnhaltestelle Schlossplatz. Manch hartnäckige Verschmutzung kann sie aber nicht entfernen. Foto:Lichtgut/Leif Piechowski

Die Stadt will zwei Wunder-Kehrmaschinen leasen. Sie sollen sogar hartnäckige Kaugummis vom Bodenbelag lösen. Die intensivere Reinigung könnte noch einen Nebeneffekt haben.

Stuttgart - Not macht erfinderisch. Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) hängte jüngst an fünf Stadtbahnhaltestellen Metallkästen auf. Auf ihnen sind sogenannte Smileys angebracht. Grinsegesichter, die in der schriftlichen Kommunikation üblich sind. Die Smileys sollen dazu einladen, Kaugummi nicht auf den Boden zu spucken, sondern eben auf den grinsenden Gesichtern auszudrücken (siehe dazu den Artikel unten).

Wer das eklig findet, sich aber noch mehr über Kaugummis auf dem Boden ärgert, darf aufhorchen: Der städtische Eigenbetrieb Abfallwirtschaft (AWS) will zwei Spezialkehrmaschinen für fünf Jahre leasen. Pro Jahr entstünden laut AWS dabei Kosten von 120 000 bis 130 000 Euro. Die Maschinen sollen den Straßenbelag so intensiv reinigen, dass ausgespuckter Kaugummi verschwindet. Das hat der zuständige Bürgermeister Dirk Thürnau bei der Einwohnerversammlung in Stuttgart-Ost Anfang der Woche angekündigt, nachdem ein Ost-Einwohner den schmutzigen Belag der Königstraße moniert hatte.

AWS least Maschinen

Dass die Abfallwirtschaft die Spezialreinigungsmaschinen erst einmal least und nicht kauft, soll die Möglichkeit bieten, technisch am Ball zu bleiben, erklärt der Eigenbetrieb. Denn bei einem Kauf müssten die Geräte neun Jahre lang im Dienst bleiben, um sie steuerlich abschreiben zu können. In dieser Zeit könnten noch effektivere Geräte auf den Markt kommen, argumentiert die Abfallwirtschaft. Bis die neuen Maschinen ihren Betrieb aufnehmen, könnte es aber noch eine Weile dauern, erklärt die AWS-Sprecherin Annette Hasselwander. „Im Moment laufen die letzten Vergabegespräche. Sobald diese abgeschlossen sind, erfolgt die Bestellung der beiden Spezialkehrmaschinen.“ Dann müssten die Geräte produziert werden. Das dürfte mindestens ein halbes Jahr benötigen, erklärt sie. Die Abfallwirtschaft Stuttgart hat bereits in diesem Jahr zwei Spezialreinigungsmaschinen gemietet. Sie haben begonnen, nicht nur Kaugummi, sondern auch Algen, Moos, Unkraut sowie Öl- und Fettflecken von Bodenplatten an der Oberen Königstraße bis zur Höhe Bolzstraße, dem Arnulf-Klett-Platz sowie Teilen der Kronen-, Thouret-, und Bolzstraße zu entfernen. Die Maschinen sollen 2019 wieder gemietet werden, als Übergangslösung.

Passanten verschmutzen Beläge

Nur Hamburg sei auch dabei, sich geleaste Reinigungsmaschinen zu besorgen, sagt die AWS-Sprecherin. In anderen Städten seien gemietete Spezialkehrmaschinen unterwegs, ergänzt sie. Die neuen Maschinen sollen in Stuttgart zunächst dort zum Einsatz kommen, wo es in der Innenstadt helle Bodenbeläge gibt.

Hasselwander nennt den Flossenbürger Granit an der Königstraße als Beispiel. „Bisher sind weit über 120 000 Quadratmeter heller Beläge in der Innenstadt verbaut“, sagt sie. Bei hellen Bodenbelägen ist es offenbar ähnlich wie bei weißen Blusen oder Hemden. Je intensiver sie gebraucht werden, desto unschöner ist der Grauschleier. Gerade die Königstraße werde stark frequentiert von Passanten, denen zum Beispiel mal der Kaffee aus dem Becher schwappt. „Als zusätzliches und sehr offensichtliches Ärgernis kommen unschöne Kaugummibeläge in großen Mengen auf den Bodenplatten hinzu“, meint Hasselwander. Dass diese schwer zu entfernen sind, weiß jeder, der schon einmal in einen Kaugummi getreten ist. Die Spezialschrubber müssen deshalb auch mehr können als normale Geräte. Hasselwander beschreibt drei Verfahren, die auf dem Boden festklebenden Kaugummis keine Chance lassen. Heißes Wasser unter Hochruck weicht bei der Thermo-Hochdruckreinigung den Schmutz oder auch Kaugummi auf. Dann sprühen rotierende Düsen Wasser auf die Verschmutzung, um sie abzulösen. Eine Saugvorrichtung entfernt die Masse dann. Ähnlich funktioniert das thermo-mechanische Verfahren. Nur kommen hier Stahlbürsten in Verbindung mit dem Heißwasser zum Einsatz. Chemisch-mechanische Maschinen lösen den Straßendreck mit Spezialreinigungsmittel an, bevor Stahlbürsten ihn vom Belag kratzen.

Bisher hat sich die Abfallwirtschaft noch nicht für eine Variante entschieden. Hasselwander verweist auf die laufenden Vergabegespräche. Fest steht auf jeden Fall, dass die Achtlosigkeit im öffentlichen Raum die Allgemeinheit etwas kosten wird. Die Finanzmittel fließen aus dem städtischen Topf des Projekts „Sauberes Stuttgart“. Es bündelt intensivere Reinigung, mehr Kontrollen, Prävention und eine Öffentlichkeitskampagne, um dem sogenannten „Littering“ zu begegnen. Fachleute verstehen darunter die Vermüllung von Flächen. Dabei wird ein interessantes Phänomen festgestellt. Je sauberer zum Beispiel eine Straße ist, desto seltener wird sie verschmutzt. Kaugummikauer werden nach dieser Logik größere Gewissensbisse haben, auf eine blitzblanke Königstraße auszuspucken. Bis zum nächsten Mülleimer ist es nirgendwo in der Innenstadt weit.