Bis unters Dach: Nicht nur von außen ist das Schloss Favorite in Ludwigsburg derzeit verhüllt, auch im Innern steht ein Baugerüst. Das Schloss wird für 3,2 Millionen Euro saniert. Foto: factum/Granville

Seit Monaten liegt Schloss Favorite hinter einem Baugerüst: Steinmetze, Zimmermänner und Restauratoren bringen den barocken Prunk wieder zum Glänzen. Nach der Sanierung, die rund 3,2 Millionen kostet, sollen sich Kunstliebhaber an neuen Ausstellungsräumen erfreuen – und Hochzeitspaare.

Ludwigsburg - Würden Volker Janzen und sein Team arbeiten wie ihre Kollegen früher – man müsste sich wohl Sorgen machen um Schloss Favorite. Viele Sanierungen und Umbauten hat das Lustschlösschen schon erlebt und bei den wenigsten gingen die Handwerker zimperlich vor. 1798 wurden zierliche Putten und verspielte Ranken einfach abgeschlagen, um aus dem barocken Ludwigsburger Lustschloss ein klassizistischen Adelsbau zu machen. 1949 zogen die Baumeister über der prachtvollen Stuckdecke des großen Saals eine solide Betonschicht ein – um der Stabilität willen, aber ohne Rücksicht auf das historische Erbe.

Der Projektleiter Volker Janzen vom Landesamt für Vermögen und Bau und die Experten, die derzeit gegenüber vom Residenzschloss zugange sind, arbeiten da deutlich sensibler– was die ganze Sache zwar verträglicher für die alten Mauern macht, aber auch aufwendiger und teurer.

Seit Monaten ist das Favo-riteschlösschen hinter einem Baugerüst verschwunden, und bis das Museum für die Besucher wieder öffnet, dauert es noch fast zwei Jahre.

Gute Finanzlage des Landes befördert die Sanierung

Knapp 3,2 Millionen steckt das Land in die Sanierung des kleinsten Ludwigsburger Schlosses. Eigentlich sollte vor allem die Fassade saniert werden, doch inzwischen ist klar: auch innen muss einiges getan werden. Beim Rundgang über die Baustelle deutet Volker Janzen auf feine Risse in der Decke und auf Schäden am Boden, beides wird auf jeden Fall behoben. Auch eine Heizung gibt es künftig im Erdgeschoss. Dort residierten früher Wieland Backes und sein SWR-„Nachtcafé“, und die Fernsehleute mit ihren großen, schweren Kameras und heißen Scheinwerfer haben ihre Spuren hinterlassen, die nun beseitigt werden.

Doch eine umfassende Sanierung im Schlossinnern sei das nicht, betont Gina de Potzolli, Abteilungsleiterin beim Amt für Vermögen und Bau. Überhaupt sei es nur der guten Finanzlage des Landes zu verdanken, dass innen überhaupt gearbeitet wird. „Aber was wir dazunehmen können, nehmen wir dazu“, sagt de Potzolli. „Es war überfällig, dass hier was getan wird“, meint Volker Janzen.

Das Dach wird mit historischen Ziegeln gedeckt

Bis jetzt haben Steinmetze feine Schäden im Sandstein ausgebessert und neue Blöcke eingesetzt, dort, wo nichts mehr zu retten war. Zimmermänner haben die morschen Balken auf dem Dach gegen neue ausgetauscht und Latten zurechtgesägt, wo die alten gebrochen waren. Die Ziegel, mit denen das Dach neu gedeckt wurde, sind nicht irgendwelche Ziegel: handgestrichen sind sie, also nicht mit der Maschine gepresst, und mit einem runden Ende, der ihnen den Namen verleiht: Biberschwanzziegel. Die Experten haben sie aus alten Beständen zusammengesucht, viele Hundert sind noch von der Sanierung des Residenzschlosses übrig.

In diesen Tagen tragen Maler mit feinem Pinsel rote und gelbe Farbe auf die Fassade auf. Es sind die Töne, in denen das Favorite vor mehr als 300 Jahren gebaut worden war. Auch die vergoldeten Verzierungen an der Fassade werden aufgefrischt. Ende Oktober, so plant es Volker Janzen, soll das Baugerüst zumindest an zwei Seiten fallen – und die Besucher des Wildparks einen ersten Blick auf das aufgehübschte Schlösschen bekommen.

Standesamtliche Hochzeiten nach der Sanierung

Die größte Herausforderung für die Restauratoren wartet derzeit im ersten Stock, genauer gesagt über der imposanten Stuckdecke des großen Saals. Weil der einen so großen Durchmesser hat, entschieden sich die barocken Baumeister für eine Konstruktion mit Holzbalken, die nahe beieinander liegen, im Fachjargon Mann-an-Mann-Decke genannt. Vorteil: auch nach Hunderten von Jahren ist sie belastbar. Nachteil: Schäden an den Balken lassen sich nur schwer erkennen, ohne die Stuckdecke abzuschlagen – und das ist keine Option.

Mit dünnen Bohren testen die Experten deshalb den Widerstand der dicken Holzbalken. Dort, wo er hoch ist, ist alles okay. Und dort, wo der Bohrer leicht durchs Holz gleitet, können sie die Handwerker sicher sein, dass ausgebessert werden muss.

Stephan Hurst, der Verwalter der Ludwigsburger Schlösser, macht sich derweil Gedanken über die Zeit nach der Sanierung. Im Erdgeschoss, so hat Hurst es sich überlegt, sollen bald junge Künstler ausstellen. Zur Eröffnung des rausgeputzten Schlosses stellt er sich zudem eine Ausstellung von Hundertwasser-Werken vor. Doch nicht nur Touristen und Kunstliebhaber sollen sich am neugestalteten Favorite erfreuen: Wenn das Standesamt der Stadt Ludwigsburg mitspielt, könnten künftig Hochzeitspaare dort getraut werden.