Der Glockenstuhl wurde erneuert. Foto: Ingrid Sachsenmaier

Für die Sanierung des Gebälks im Turm der katholischen Kirche in Oeffingen war viel Geduld erforderlich – und mehr Geld als kalkuliert. Mit einem Jahr Verspätung wird das Geläut am Sonntag, 7. November, wieder frisch erklingen.

Fellbach - Es war ein langer, beschwerlicher Weg, aber jetzt ist er vollendet, nach rund 20 Monaten. Ursprünglich angepeilt war etwa die Hälfte. Jetzt sollte der historische Kirchturm der katholischen Christus König-Kirche in Oeffingen gerüstet sein für die Zukunft, er stammt aus dem Jahr 1457.

Dennoch waren die Verantwortlichen der Kirchengemeinde im frühen Sommer des vorigen Jahres überrascht, als festgestellt worden war, dass sich der Holzwurm ins Gebälk unter anderem der Glockenaufhängung gefressen hatte. Von einem Tag auf den anderen mussten die vier Glocken aus Sicherheitsgründen verstummen und ausgebaut werden. Jetzt hängen sie wieder.

Am Sonntag um 10.15 Uhr läuten sie, nach Proben in den letzten Tagen, erstmals nach der umfangreichen Turmsanierung wieder offiziell und rufen zum Fest-Gottesdienst. Der Pfarrer Gerhard Nisch wird den Turm segnen, es gibt Führungen.

Auch der Gutachter brauchte lange Zeit

Hinter Stephan Rothwein, Vorsitzender des Bauausschusses bei der Katholischen Kirchengemeinde Oeffingen, und Margot Gauß, Vorsitzende des Kirchengemeinderates, liegen Monate, in denen ihre Geduld extrem beansprucht wurde. „So ist das halt, wenn der Denkmalschutz mit ins Boot geholt und aus Rottenburg von der Diözese ein Okay abgewartet werden muss“, sagt Margot Gauß. Auf das Gutachten des Statikers habe man dann auch noch lange warten müssen, ergänzt Stephan Rothwein.

Erschwerend kam hinzu, dass sich während der Zeit des Wartens die Lage am Holzmarkt enorm verschlechtert hat, der Nachschub knapp wurde und „die Preise in die Höhe geschossen sind“. Stephan Rothwein, als Inhaber einer Sanitär-Firma ebenfalls mit dem Thema der Verknappung von Material konfrontiert, lobt die gute Zusammenarbeit mit den Handwerkern und Architekt Krahn aus Stuttgart. Letztgenannter begleite für die Diözese Rottenburg viele Kirchensanierungen, das sei von großem Vorteil gewesen. Holzbau Frick aus Schmiden sowie Elektro Ebner aus Oeffingen haben ebenfalls jahrelange Erfahrung und diese bei der Sanierung eingebracht. Frick hat letztendlich nicht nur das Gebälk, sondern auch die Joche, an denen die Glocken aufgehängt sind, ausgetauscht. Das war Millimeterarbeit und nur mit einem Gerüst möglich. Weil sich die Arbeiten verzögerten, das Gerüst aber bereits gestellt war und man nicht noch einmal den Aufwand des Aufbauens stemmen wollte, hatte man sich in den Gremien der Kirchengemeinde dazu entschieden, es stehen zu lassen. „Wir haben versucht, die dadurch entstandenen Mehrkosten durch Werbung, die wir am Gerüst anbringen konnten, zu minimieren“, sagt Stephan Rothwein.

Die Diözese gibt kein Geld zur Sanierung

Dennoch wird die Endabrechnung für die Turmsanierung einen sechsstelligen Betrag ausweisen. Im letzten Jahr hatte Margot Gauß noch gehofft, mit rund 60 000 Euro auszukommen. Von der Diözese bekommt die Kirchengemeinde dazu nichts, die Stadt Fellbach wird sich jedoch beteiligen. Das ist in einem sogenannten Kapitelvertrag festgeschrieben. Der wurde vor Jahrhunderten geschlossen, sagt Margot Gauß. Grundlage dafür ist, „dass die Glocken des Kirchturms neben der religiösen auch eine weltliche Funktion erfüllen“. In Oeffingen werden sie neben dem Geläut zum und während des Gottesdienstes auch für den Stundenschlag eingesetzt. Diese Funktion übernehmen sie weiterhin.

Die grundlegende Sanierung des Glockenturms kommt also ganz Oeffingen zugute. Die Technik im Turm wurde modernisiert, Leitungen erneuert und die Kirchenverkabelung durch die Firma Engelhart aus Möglingen, die die Uhr am Turm schon seit Jahrzehnten betreut und darauf spezialisiert ist, auf den neuesten Stand gebracht. Die Schallläden aus Holz sind neu, ebenso die Klöppel an den Glocken. Der Treppenaufgang wurde versetzt und mehr in die Mitte gerückt. Bisher war er in eine Ecke gezwängt und der Zugang schwierig. „Wir haben alles abgestimmt, mit den Behörden und auf unsere Bedürfnisse“, sagt der Vorsitzende des Bauausschusses. Auch der Zwischenboden ist neu, „so ist ein schöner Raum entstanden“. Man wolle ihn künftig für öffentliche Ausstellungen nutzen – historische Gegenstände aus der Turmgeschichte sollen gezeigt werden und eine Bilderausstellung. Bald soll es soweit sein.

Weitere Aufgaben stehen schon an

Am Sonntag nach dem Festgottesdienst, der um 10.30 Uhr beginnt, von Pfarrer Nisch und Pastoralreferent Wunram gehalten und von einem Bläserquartett, dem Matthias Riede, Ulrich Lutz sowie Dagmar und Stephan Rothwein angehören, begleitet wird, gibt es einen „Ständerling auf Spendenbasis“. Der Erlös aus Getränken und Grillwürsten soll für die Renovierung des Glockenturmes verwendet werden. Jeder Cent zählt, denn auf die Kirchengemeinde kommen in nächster Zukunft weitere Kosten zu.

„Wir müssen auf unsere Finanzen schauen“ sagt Stephan Rothwein und zählt auf, dass der feuchte Sockel des Kirchturms eine Drainage erhalten soll und die Planungen für die Neugestaltung des Kindergartens St. Maria in der Remser Straße begonnen haben. In rund drei Jahren soll es losgehen.

Vier Glocken läuten schon seit 1951

Historie
 Der 27 Meter hohe, freistehende Turm neben der Christus König-Kirche hat Spitzbogenfenster in den Schlussseiten und ist ein typischer württembergischer Chorturm. Er stammt aus dem Jahr 1457, beim Abbruch der alten Kirche 1840 wurde er erhalten. Auf sein Baujahr weist eine Inschrift an der Nordseite hin. Zu Beginn des Ersten. Weltkrieges besaß die katholische Kirchengemeinde in Oeffingen drei Glocken, die im Juni 1917 im Auftrag des Kriegsministeriums beschlagnahmt und abgeliefert werden mussten.

Auftrag
Im Zweiten Weltkrieg wurden die 1919 ersetzten Glocken erneut beschlagnahmt und im Januar 1942 abgeholt. Im Sommer 1951 bestellte die Kirchengemeinde Oeffingen bei der Glockengießerei Kurtz in Stuttgart drei neue Glocken. Am Heiligen Abend 1951 erklangen sie gemeinsam mit der von 1919 übrig gebliebenen zum ersten Mal vom Kirchturm in Oeffingen. 70 Jahre später begleitet ihr Geläut nach rund 20 Monaten Stille wieder das christliche Leben in Oeffingen.