Kirschen, Trauben, Spinat, Spargel und Erdbeeren – die Erzegunisse aus Baden-Württemberg sind vielfältig und schmackhaft. Foto: Stoppel, Steinert, dpa (3)

Baden-Württemberg ist der fünftwichtigste Lieferant von Freilandgemüse in Deutschland. Bundesweit führend ist das Land mittlerweile beim Anbau in Folien- und Glashäusern. Woran liegt das?

Stuttgart - Der Gemüseanbau im Land boomt regelrecht. Bei der jüngsten Erfassung der Anbauflächen im Jahr 2016 vermeldete das Statistische Landesamt jedenfalls einen neuen Rekord: Auf mehr als 12 000 Hektar an Äckern werden unterschiedliche Gemüsesorten angebaut, das sind gut tausend Hektar mehr als bei der Erhebung vier Jahre zuvor und gut 2000 Hektar mehr als noch 2004. In Baden-Württemberg befindet sich also etwa ein Zehntel der bundesweiten Anbaufläche, die nur alle vier Jahre statistisch neu erfasst wird. Und: Das Land kommt als Lieferant von Freilandgemüse deutschlandweit auf Platz fünf.

Einen Spitzenplatz hat das Land beim Anbau in Gewächs- oder Folienhäusern. Ein Drittel der deutschlandweiten Flächen befinden sich hier, und dieser Sektor dürfte in Zukunft noch wachsen. Denn Verbraucher wünschen sich nicht nur regionale Produkte; sie wünschen sie sich auch das ganze Jahr über. So können hierzulande mittlerweile in beheizten Folienhäusern selbst Tomaten rund ums Jahr angebaut werden.

Der Selbstversorgungsgrad steigt leicht

Außerdem führt der Flächendruck gerade in der Region Stuttgart dazu, dass immer mehr überdacht wird, erklärt Dieter Weiler, der Referent beim Gartenbauverband Baden-Württemberg: Um den Umsatz zu steigern, müssen mehr unterschiedliche Kulturen in kürzer Zeit auf den Feldern angebaut werden. „Die Betriebe mussten sich radikal umstellen“, sagt Weiler. „Es ist viel Bewegung im Gemüsesortiment“, weil die Verbraucher auch immer mehr Abwechslung wünschten. So kommen etwa beim Salat deshalb ständig neue Sorten auf den Markt.

Laut Weiler ist der Selbstversorgungsgrad im Land seit 2002 leicht gestiegen. Damals stammte ein Drittel des verkauften Gemüses aus hiesigem Anbau. Mittlerweile liege er bei 37 Prozent. „Fast jeder zweite Betrieb setzt seine Produkte über den eigenen Laden, per Abo-Kiste oder über den Wochenmarkt ab“, sagt er. Den Kernumsatz machen die Gemüseanbauer aber über Erzeugerorganisationen und den Großmarkt. Der Direktverkauf macht Weiler zufolge lediglich ein Fünftel des Absatzes aus.

Land unterstützt Betriebe mit einer App

Bei den landwirtschaftlichen Betrieben insgesamt liegt der Anteil nach der Auskunft des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zwar nur bei sieben Prozent. Dennoch sei die Direktvermarktung nach der Erzeugung erneuerbarer Energien und der Forstwirtschaft die drittwichtigste Einkommenskombination in den landwirtschaftlichen Betrieben. Das Ministerium hat im vergangenen Herbst im Zusammenhang mit der Kampagne „Natürlich. Von daheim“ sogar eigens eine Direktvermarkter-App herausgebracht. Die Verbraucher können sich damit auf ihren Smartphones den nächsten Hofladen samt Angebot und Öffnungszeiten anzeigen lassen. Mittlerweile seien mehr als 600 Direktvermarkter in der App registriert, erklärt ein Ministeriumssprecher.

Die Direktvermarktung auf Bauernhöfen sei vor allem in den Ballungsräumen weit verbreitet, sagt Ariane Amstutz, die Sprecherin des Landesbauernverbandes: „Im Speckgürtel ist einfach die Nachfrage da.“ Die Bandbreite reiche dabei vom Milchautomaten über das Hofcafé mit Mittagstisch bis hin zum Erlebnishof, der das Leben auf dem Bauernhof als Familienerlebnis vermarkte.

Der Salat läuft auf den Fildern dem Kohl den Rang ab

Die wichtigsten Anbaugebiete im Land befinden sich entlang der Grenze zu Frankreich. Etwa die Hälfte des Gemüses aus Baden-Württemberg gedeiht im milden Klima entlang des Rheins. Auch der Stuttgarter Raum ist ein wichtiger Gemüselieferant. Im Kreis Esslingen ist zwar traditionell der Kohlanbau daheim, doch nun läuft der Salat dem Spitzkohl fast den Rang ab, die Anbauflächen sind inzwischen etwa gleich groß. Aber auch in den Kreisen Ludwigsburg und Heilbronn wachsen auf den Äckern Kohl, Salate und Fruchtgemüse wie Tomaten, Zucchini oder Kürbisse.

Die Flächen werden indes von immer weniger Höfen bewirtschaftet. Zwischen 1996 und 2016 die Zahl der Betriebe im Gemüseanbau von 3300 Höfen um fast zwei Drittel auf 1267 geschrumpft. Die Fläche ist im gleichen Zeitraum um mehr als ein Drittel gewachsen. Nach Angaben von Anette Hartmann vom Statistischen Landesamt beherrschen zwar immer noch die kleinbetrieblichen Strukturen das Bild. So beackern 50 Prozent der Betriebe im Land Flächen von zwei bis 20 Hektar, 40 Prozent noch kleinere Flächen. Dennoch verschwinden die kleinen Höfe. Zwar bewirtschaftet nur jeder zehnte Hof mehr als 20 Hektar Land. Dafür werden diese zehn Prozent immer wichtiger: Zwei Drittel der gesamten Gemüseanbauflächen bestellen diese Betriebe – Tendenz steigend.

Die Serie Feldküche

Von Samstag an sammeln wir die Serienteile unterhttp://stn.de/feldkueche
In der Samstagsausgabe stellen wir als erstes Gemüse den Rosenkohl vor.