Vom Bahnhof in Filderstadt sollen 2022 keine S-Bahnen abfahren – das ist für viele Bürger ein Ärgernis. Foto: Patrick Steinle

Wegen Stuttgart 21 soll der Streckenabschnitt zwischen den Bahnstationen Filderstadt und Echterdingen ein Jahr lang voll gesperrt werden. Die Bahnfahrer befürchten große Probleme, auch was die Alternativen angeht.

Filder - An einem ganz normalen Morgen sind wir mit der S-Bahn von Filderstadt über die Station Flughafen/Messe nach Echterdingen gefahren – und auch immer wieder zurück. In diesem Abschnitt soll ein Jahr lang keine Bahn fahren, sondern im Zuge des Bahn-Projekts Stuttgart 21 gebaut werden. Zwei Stunden lang pendelten wir zwischen den drei betroffenen Stationen und trafen Fahrgäste, die diesem Vorhaben skeptisch gegenüberstehen. Die Stimmen der Bürger auf circa acht Bahnfahrten in diesem Zyklus haben wir zusammengefasst.

Die Fahrt der S-Bahn-Linie S2 beginnt in Filderstadt und die Waggons stehen dort vor der Abfahrt einige Minuten auf den Gleisen. In dieser Zeit füllt sich der Zug langsam mit Passagieren. Kurz bevor er losfährt, kommen viele Fahrgäste mit den Bussen am Bernhäuser Bahnhof an. Die meisten laufen die Treppen hinab in Richtung S-Bahn. Sie wollen noch einen Sitzplatz ergattern. Diese sind begehrt, denn zu Stoßzeiten bekommen viele nur noch einen Stehplatz, weil die Bahn sehr voll ist. Morgens um 7 Uhr sind manche Bahnfahrgäste noch verschlafen, andere schon hellwach. Als die Bahn auf dem Streckenabschnitt fährt, welcher bald gesperrt werden soll, reden Schüler miteinander, Studenten arbeiten noch den Stoff der letzten Vorlesung nach, mancher Pendler liest in der Zeitung, und viele lauschen der Musik, die aus ihren Kopfhörern erklingt.

Die Befragten bezweifeln, dass Ersatzbusse ausreichen

Bei den Befragten ist die Reaktion immer in etwa dieselbe – auch in der Gegenrichtung. Andreas Schmidt sagt kurz und knapp: „Dieses Vorhaben finde ich ganz schlecht.“ Er kann nicht verstehen, dass man Filderstadt so vom Bahnnetz abtrennt. „Da werde ich mich wohl nach Alternativen umschauen müssen, denn ich muss jeden Tag von Kirchheim nach Bonlanden“, erklärt Schmidt. Viele sind unzufrieden mit der Tatsache, dass die Streckensperrung vollzogen werden soll. Damit aber nicht genug. Alle befragten Personen bezweifeln zudem, dass die Alternativen in Form von Ersatzbussen effizient sind.

Sebastian Radl wartet an der unterirdischen Station Flughafen/Messe auf seine Bahn Richtung Filderstadt. „Ich will nicht ein Jahr lang mit dem Auto fahren. Von Herrenberg aus, wo ich wohne, sind es 45 Kilometer bis nach Filderstadt“, erklärt er. Radl wird nach Alternativen im öffentlichen Nahverkehr suchen.

Thomas Waldhauer pendelt jeden Tag nach Stuttgart und findet ebenfalls klare Worte für die Planung, Filderstadt vom Bahnnetz abzukoppeln: „Das ist eine Unverschämtheit. Das geht gar nicht.“ Auch er denkt an seine Ausweichmöglichkeiten. „Ich werde dann wohl zum Autofahrer. Oder im Sommer setze ich mich auf mein Motorrad“, sagt Waldhauer. Wie viele andere auch, schaut Lisa Göpfert skeptisch auf die Verkehrssituation. „Das Straßensystem ist doch jetzt schon überlastet, während der Sperrung wird das noch schlimmer“, sagt die Studentin. Sie geht davon aus, dass dann viele den öffentlichen Verkehrsmitteln den Rücken kehren werden. „Ich werde die Alternativen testen. Wenn sie aber ungünstig für mich sind, fahre ich lieber mit dem Auto nach Ludwigsburg“, sagt Göpfert.

Viele wollen von der Bahn auf das Auto umsteigen

„Die Ersatzbusse erscheinen mir eher als eine Art Notlösung“, kritisiert Mert Kara. „Dabei verliert man dann auch viel Zeit.“ Er nutzt die S-Bahn hauptsächlich am Wochenende, um in die Stadt zu gelangen. „Dass die Bahnen dann die ganze Nacht durchgehend fahren, finde ich gut“, sagt Kara. „Aber werden die Ersatzbusse das auch?“ Das bezweifelt der junge Student.

Auf unserer letzten Bahnfahrt an diesem Morgen findet Christian Leon klare Worte. Der Pendler aus Wolfschlugen muss nach Stuttgart. „Die Alternativen werden länger dauern“, befürchtet Leon. „Man könnte die Umwegfahrten wenigstens für das betroffene Jahr vergünstigen; das fände ich fair.“