„Krieg ist doof!“: Auch Kinder nehmen mit ihren Eltern an Friedensdemonstrationen teil. Foto: dpa/Jörg Carstensen

Zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine haben Kinder viele Fragen. Alexa von Winning vom Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde hilft, einige davon zu beantworten.

Stuttgart - Könnte es einen Dritten Weltkrieg geben? Was können wir für die Menschen in der Ukraine tun? Wird Corona jetzt unwichtig? Diese und weitere Fragen von Kindern haben die Redaktion der Stuttgarter Kinderzeitung und Kindernachrichten erreicht. Hier werden sie verständlich beantwortet.

Darf Russland einfach Raketen auf andere Länder werfen? Muss Putin dafür nicht ins Gefängnis?

„Tatsächlich darf Putin das nicht“, sagt Alexa von Winning. „Mit seinem Angriff auf die Ukraine hat er gegen das Völkerrecht verstoßen“. Fast alle Länder dieser Welt haben den Regeln des Völkerrechts zugestimmt, auch Russland. Darin steht unter anderem, dass man ein anderes Land nicht angreifen darf. Ob Putin wegen seines Verstoßes bestraft wird, ist trotzdem unklar.

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie auch Präsidenten ins Gefängnis kommen können, wenn sie etwas richtig Schlimmes getan haben. Entweder sie werden von einem Gericht in ihrem Land verurteilt oder von einem internationalen Gericht. Beides ist schon vorgekommen. Was der russische Präsident gerade macht, nennt man Kriegsverbrechen. Ob er ins Gefängnis muss, das kann derzeit niemand sagen. In Russland ist Wladimir Putin so sehr der Chef, dass sich kein Richter trauen wird, etwas gegen ihn zu unternehmen. Das ist total ungerecht, aber daran kann zurzeit niemand etwas machen.

Erst wenn eine andere Regierung kommt, kann sich das ändern – vielleicht. Internationale Gerichte dürfen nur dann etwas machen, wenn die Staaten vorher erlaubt haben, dass die Gerichte tätig werden können. Das hat Russland bis jetzt nicht gemacht und wird es in nächster Zeit auch nicht tun. Wir können also nur hoffen, dass Putin irgendwann nicht mehr der Chef von Russland ist und danach ein vernünftiger Präsident regiert. Dann muss Putin sicher ins Gefängnis.

Wird Russland noch von anderen Ländern unterstützt?

„Ja, zum Beispiel von Belarus, das Russland erlaubt hat, Soldatinnen und Soldaten bei sich zu stationieren.“ Das sind nicht die einzigen Staaten. Auch China und einige Länder in Südamerika unterstützen Putin. „Es fällt aber auf, dass viele dieser Länder nicht demokratisch sind“, stellt Alexa von Winning fest. „Das heißt: Die Menschen dürfen dort nicht sagen, was sie wollen. Und ihre Regierungen werden nicht in ordentlichen Wahlen vom Volk gewählt. Wahrscheinlich wollen auch die meisten Menschen in diesen Ländern keinen Krieg. Aber die Regierungen hören nicht auf sie. Auch in Russland gibt es viele Menschen, die den Krieg nicht wollen, und dagegen demonstrieren. Aber Putin hört nicht auf sie und lässt sie sogar verhaften.“

Wer hilft jetzt der Ukraine?

Die Expertin sagt: „Am meisten hilft sich die Ukraine gerade selbst. Die ukrainische Armee aber auch viele andere Bürgerinnen und Bürger verteidigen gerade tapfer ihr Land.“ Nicht mit Soldaten, aber mit Geld, Ausrüstung und Waffen unterstützen viele Länder die Ukraine dabei, etwa die USA, Großbritannien und auch Deutschland. Außerdem gibt es die Strafmaßnahmen, Sanktionen genannt. „Sie sollen dafür sorgen, dass Russland weniger Waren verkaufen und so weniger Geld verdienen kann. Dann kann das Land auch schlechter kämpfen“, erklärt Alexa von Winning.

Was passiert mit den Menschen, die vor dem Krieg flüchten?

Hunderttausende Menschen sind schon geflohen, vor allem in die Nachbarländer der Ukraine. „Von dort fahren einige weiter in andere europäische Länder, darunter auch nach Deutschland“, berichtet die Expertin. „Dort suchen sie Schutz, und sie brauchen unsere Hilfe: Wohnungen, Essen, Kleidung und vieles mehr.“ Die Europäische Union (EU) hat zugesagt, dass alle flüchtenden Menschen aus der Ukraine aufgenommen werden sollen. Doch nicht alle, die die Ukraine gerne verlassen wollen, dürfen das auch. Männern zwischen 18 und 60 Jahren ist die Ausreise verboten. Die ukrainische Regierung sagt, dass sie bleiben müssen, um ihr Land zu verteidigen. Daher verlassen derzeit vor allem Frauen und Kinder das Land.

Könnte der Krieg bis nach Deutschland kommen? Könnte es sogar den Dritten Weltkrieg geben?

„Nein, die meisten Expertinnen und Experten denken, dass das nicht passieren wird“, stellt Alexa von Winning klar. Von einem Weltkrieg spricht man, wenn mehrere Länder von verschiedenen Kontinenten gegeneinander kämpfen. Auch sehr große und mächtige Länder, wie Russland oder die USA müssten daran beteiligt sein. Russland führt nun Krieg gegen sein Nachbarland Ukraine. Viele andere Länder, etwa Deutschland und die USA sind aber Mitglieder der Nato. Dieses Verteidigungsbündnis ist sehr stark. „Die Länder haben sich versprochen, dass sie sich bei einem Angriff gegenseitig helfen werden.“ Alle zusammen haben sehr viele Waffen und Soldatinnen und Soldaten. Daher ist es nahezu undenkbar, dass Putin sich trauen würde, einem Nato-Land den Krieg zu erklären.

Was können wir für die Menschen in der Ukraine tun?

„Wir können vor allem drei Dringe tun: Uns informieren, demonstrieren und spenden“, sagt die Expertin. „Wenn du diesen Artikel liest, bist du beim Informieren schon gut dabei! Auf einer Demonstration kann man laut sagen, dass man gegen den Krieg ist. Wenn du magst, kannst du deine Eltern fragen, ob ihr zusammen zu einer Demo gehen wollt.“ Zurzeit werden auch viele Spenden gesammelt, um den Menschen in der Ukraine und den Geflüchteten zu helfen. „In vielen Städten wird jetzt gesammelt, zum Beispiel Decken, Verbandskästen, Windeln und Spielsachen.“ Auf diese Weise kann man anderen etwas Gutes tun. Aktiv zu werden, tut aber auch uns selbst gut. So fühlt man sich angesichts der schlimmen Nachrichten weniger hilflos.

Wird Corona jetzt unwichtig?

Nein. Auch wenn es nun eine neue große Krise auf der Welt gibt, wird Corona uns weiterhin beschäftigen. Die Pandemie hat auch Einfluss auf den Krieg. „Für die Ukraine macht Corona die Selbstverteidigung noch schwieriger, weil die Menschen auch dort krank werden“, sagt Alexa von Winning. Wenn sich viele Menschen auf engem Raum befinden, etwa weil sie sich in U-Bahn-Stationen in Sicherheit bringen, kann man schlechter Abstand halten. Deswegen tragen auch dort viele Leute Maske. Und: „Vielleicht hast du auch gesehen, dass viele Menschen auf den Friedensdemonstrationen Masken tragen.“ Diese Maßnahme ist also auch weiterhin sehr wichtig.