Wladimir Putin beim eisigen Bade. Foto: AP

Der russische Präsident stürzt sich bei eisigen Temperaturen in einen See. Es ist Teil eines russisch-orthodoxen Rituals des Epiphaniefestes. Ob Putin aus religiösen Gründen diese Tortur über sich ergehen lässt, wird von vielen allerdings bezweifelt.

Moskau - Wladimir Putin ist ein verdammt harter Kerl. Das hat er während seiner Präsidentschaft mit martialischen Oben-ohne-Auftritten hoch zu Ross, bei der Tiger-Jagd oder beim Flug mit Kranichen immer wieder bewiesen. Nun weiß die Weltöffentlichkeit auch: Putin ist ein sehr gläubiger verdammt harter Kerl.

Im tiefsten Winter, bei Schnee und Minustemperaturen hat sich der russische Herrscher ins eiskalte Wasser des Sees Seliger, rund 400 Kilometer nördlich von Moskau, gestürzt. Ohne zu zögern streifte er sich einen imposanten Lammfellmantel von den Schultern und stürzte sich ins Nass. Das tat er natürlich nicht zum puren Vergnügen. Putin nahm an einem christlich-orthodoxen Ritual des Epiphaniefestes teil. Natürlich wurde das Bad von den russischen Propagandasendern wie „RT“ freudig aufgegriffen, die den Kremlführer als eine Art Helden darstellten.

Jedes Jahr am 19. Januar feiern die orthodoxen Gläubigen in Russland und anderen osteuropäischen Ländern das Epiphaniasfest, einen der ältesten christlichen Feiertage überhaupt. Dazu gehört traditionellerweise auch Eisbaden, welches in der Nacht vom 18. auf den 19. Januar stattfindet. Dabei springen orthodoxe Christen in Teiche, Flüsse, Seen oder eigens aufgestellte Becken.

Dem Glauben nach wird das Wasser aller Seen und Flüsse an diesem Tag rein. Mehr noch: Priester segnen das Wasser, welches reinigend für Geist und Seele sein soll. Die Gläubigen baden darin, um ihre Sünden abzuwaschen. Dreimal tauchen sie unter, dreimal bekreuzigen sie sich dabei. Während der Zeit der Sowjetunion war die Kirche vielen Repressionen ausgesetzt. Nach dem Ende des kommunistischen Regimes entdeckten viele Russen die Religion wieder. Die Kirche ist längst zu einem wichtigen Faktor auch in der russischen Politik geworden.

Böse Zungen behaupten allerdings, Putin habe lediglich so werbewirksam an dem eisigen Ritual teilgenommen, weil im März Präsidentenwahlen ins Haus stehen. Es wird mit einem klaren Sieg des Amtsinhabers gerechnet. Das sagten sowohl die jüngsten Umfragen des unabhängigen Lewada-Instituts als auch der beiden großen staatlichen Meinungsforschungsinstitute voraus. Nachdem Putins einziger echter Rivale Alexej Nawalny von der Wahl ausgeschlossen worden war, deuteten die Umfrageergebnisse aber auch auf eine geringe Wahlbeteiligung hin. Sollten tatsächlich wenig Russen zur Wahl gehen, könnte das als Hinweis darauf aufgefasst werden, dass die Unterstützung für Putin gar nicht so groß ist. Unter diesen Umständen scheint es dem Präsidenten als lohnend, sich für einige Sekunden in die kalten Fluten zu stürzen, um seine potenziellen Wähler zu beeindrucken.