Die vier Fraktionschefs Hans-Ulrich Rülke (FDP), Andreas Stoch (SPD), Wolfgang Reinhart (CDU) und Andreas Schwarz (Grüne), als sie die Entscheidung verkündeten, dass die Rückkehr zu staatlicher Altersversorgung vorerst auf Eis liegt. Foto: dpa

Eine Expertenkommission soll nun untersuchen, wie eine angemessene Altersversorgung für die Abgeordneten aussehen könnte. Die Korrektur von Grünen, CDU und SPD sei notwendig gewesen, alles andere hätte nur die Politikverdrossenheit befeuert, kommentiert unser Autor Nils Mayer.

Stuttgart - Kommando zurück! Das Gesetz, das den Landtagsabgeordneten ermöglichen sollte, künftig eine staatliche Pension zu beziehen, wird vorerst nicht in Kraft treten. Nachdem der Gegenwind aus der Öffentlichkeit immens und die Gefahr eines Volksantrags größer geworden ist, rudern die Fraktionen von Grünen, CDU und SPD zurück. Sie wollen die Altersversorgung für Parlamentarier nun doch noch einmal in Ruhe von einer Kommission prüfen und bewerten lassen. Damit grätschen sie den Ball im allerletzten Moment von der eigenen Torlinie. Die Situation ist damit aber noch lange nicht bereinigt.

Denn die Frage, mit wem das Gremium besetzt sein wird, ist noch ungeklärt. Eines sei den drei Fraktionen deshalb an dieser Stelle geraten: Sie sollten nicht nur Experten nehmen, die selbst Anspruch auf eine Pension haben. Ansonsten spielen sie den Ball den populistischen Kräften gleich wieder vor die Füße. Das zentrale Argument, mit dem die Entscheidung in der vergangenen Woche begründet wurde, lautete: Das Landtagsmandat müsse attraktiv bleiben. Derzeit erhält ein Abgeordneter monatlich 7616 Euro Entschädigung sowie zusätzlich einen Zuschuss für die private Altersvorsorge in Höhe von 1679 Euro pro Monat, solange er im Landtag sitzt. Ist das nicht angemessen? Ist das wirklich nicht genug?

Grüne, CDU und SPD hätten sich einer Diskussion stellen müssen

Die Frage nach einer angemessenen Vergütung und Altersversorgung für einen Volksvertreter wird innerhalb der Bevölkerung schon immer kontrovers diskutiert. Die Allianz aus Grünen, CDU und SPD hätte sich dem allerdings auch diesmal zwingend von Anfang an stellen müssen. Denn vielleicht mag es ja durchaus so sein, dass die Parlamentsreform von 2008 Schwächen hat? Vielleicht bewegt die aktuelle Diät eines Parlamentariers weder einen erfolgreichen Manager aus der freien Wirtschaft, der dort locker das Doppelte einstreicht, noch einen beliebten Bürgermeister, der nach zwei Wahlperioden Anspruch auf eine Pension vom Staat erwirbt, dazu, für den Landtag zu kandidieren? Vielleicht verdient ein Abgeordneter in Baden-Württemberg im Vergleich zu seinen Kollegen in anderen Bundesländern zu wenig? Oder vielleicht bedarf es auch nur einer besonderen Regelung, dass sich Beamte die Mandatsdauer auf ihre zuvor erworbenen Pensionsansprüche anrechnen können?

Besser eine späte Einsicht als gar keine

Über all diese Fragen hätte man aber mit der breiten Öffentlichkeit ausführlich und transparent diskutieren müssen. Stattdessen glich die Art und Weise, wie Grüne, CDU und SPD im Hinterzimmer die Rückkehr zu einer staatlichen Altersversorgung beschlossen und sie am Donnerstag und Freitag der vergangenen Woche binnen kürzester Zeit durch das Parlament gepeitscht haben, einem Raubzug am Steuerzahler. Dass die Fraktionen dies nun unter dem großen Druck der Öffentlichkeit gemerkt haben und eine Korrektur ihres Irrwegs vornehmen, ist ebenso positiv wie notwendig. Alles andere hätte nur die Politikverdrossenheit befeuert. Besser eine späte als gar keine Einsicht!

Und auch beim Blick in die Zukunft und auf der Suche nach einer wirklich angemessenen Lösung sollte der eine oder andere Abgeordnete seine Argumentationskette noch einmal überdenken: Die Abgeordneten, die nach 2006 in den Landtag eingezogen sind, könnten jedenfalls ohne Mühe den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung leisten. Dass sich offenbar viele von ihnen gutgläubig vor ein paar Jahren zu privaten Rentenverträgen haben beraten lassen, die durch die Niedrigzinsphase völlig unattraktiv geworden sind, ist bedauerlich. Nur ist das auch die Lebenswirklichkeit ihrer Wähler. Wer meint, dass der Steuerzahler die miesen Rahmenbedingungen ausgleichen sollte, hat einen peinlich verschobenen Blick auf die Dinge.

nils.mayer@stuttgarter-nachrichten.de