Eduardo Cunha, Romero Juca und Eliseu Padilha (von links) von der brasilianischen Partei der Demokratischen Bewegung haben den Austritt der Partei aus der Regierung beschlossen. Foto: AP

In Brasilien ist der wichtigste Koalitionspartner von Dilma Rousseff aus der Regierung ausgetreten. Damit rückt eine Amtsenthebung der Präsidentin näher.

São Paulo - Der wichtigste Regierungspartner von Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff ist aus der Koalition ausgeschert. Die Partei der Demokratischen Bewegung teilte am Dienstag mit, ihre Mitglieder würden Rousseffs Regierung verlassen. Mit dem Rückzug des Verbündeten schwindet für die Staatschefin die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Amtsenthebungsverfahren überstehen wird.

Nach Angaben des Büros des einflussreichen Parlamentariers Romero Juca bestätigten auf einem Treffen mehr als 100 Abgeordnete die Entscheidung. Sechs Kabinettsminister der Partei müssten ebenso ihre Ämter aufgeben wie rund 600 Bundesbeamte, die der PMDB angehörten. Nach der Entscheidung brachen Jubel und Applaus aus. Zum Ende des Treffens wurden Rufe für ein Ende der Arbeiterpartei von Rousseff laut.

Der Chef der Partei der Demokratischen Bewegung, Michel Temer, ist Brasiliens Vizepräsident und bleibt im Amt. Er würde das Präsidentenamt übernehmen, falls Rousseff des Amtes enthoben werden sollte. Bisher hatte Temer Rousseff versprochen, sie trotz ihrer sinkenden Popularität, der Wirtschaftsprobleme und der Korruptionsskandale zu stützen.

Temer vertritt Rousseff in der Heimat bei Auslandsreisen und könnte sie auch bei einem Erfolg des derzeit laufenden Amtsenthebungsverfahrens als Präsident beerben. Rousseff, die seit Tagen vor einem Putsch gegen sie warnt, will einem Bericht zufolge eine Reise in die USA absagen. Sie werde am Donnerstag wahrscheinlich nicht nach Washington reisen, um dort an einem Gipfel über nukleare Sicherheit teilzunehmen, berichtete das Portal „Folha de S. Paulo“. Eine offizielle Bestätigung des Präsidentenpalastes gab es dafür am Dienstagabend nicht.

Amtsenthebungsverfahren läuft

Gegen die 68 Jahre alte Staatschefin läuft aufgrund von Vorwürfen finanziellen Fehlverhaltens ein Amtsenthebungsverfahren. Rousseff hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Ihre zweite Amtszeit läuft regulär noch bis Ende 2018.

Brasilien befindet sich in der schlimmsten Rezession seit Jahrzehnten. Zudem laufen Untersuchungen im weitreichenden Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras. Das engere Umfeld von Rousseff, darunter auch ihr Amtsvorgänger Luiz Inácio „Lula“ da Silva, geriet in den vergangenen Wochen immer stärker ins Visier der Ermittler.

Politikprofessor: Das ist das Ende der Regierung

Das Ausscheiden des wichtigsten Koalitionspartners bedeute das Ende der Regierung, sagte Carlos Pereira, ein Politikprofessor an der angesehenen Universität Fundação Getulio Vargas. Rousseffs Partei sei im Kongress nun in der Minderheit. Der Rückzug der PMDB werde kleinere Regierungspartner ermutigen, ihrem Beispiel zu folgen, sagte Pereira. Rousseffs Regierung wäre dann politisch isoliert. Die Wahrscheinlichkeit einer Amtsenthebung sei deutlich gestiegen.

Rousseff werde nun nach neuen Verbündeten suchen und versuchen, bis Ende der Woche eine neue Regierung zu bilden, sagte ihr Stabschef Jaques Wagner am Dienstagabend (Ortszeit). „Die Entscheidung der Partei der Demokratischen Bewegung kommt zu einem guten Zeitpunkt, weil sie der Präsidentin eine Möglichkeit bietet, ihre Regierung wieder zu festigen“, sagte er. „In anderen Worten: eine neue Regierung zu starten.“