Eva Herman Foto: ddp

Eva Herman liest Nachrichten - für skurrilen Verlag in Rottenburg. Nun gibt's Ärger.

Rottenburg - Drei Jahre war sie von der Bildfläche verschwunden, jetzt ist Eva Herman wieder da. Die frühere "Tagesschau"-Sprecherin liest wieder Nachrichten. Nicht mehr für die ARD, sondern für einen skurrilen Verlag in Rottenburg. Nun gibt's Ärger.

Der Werbeslogan verspricht brutalstmögliche Wahrheiten. "Nachrichten, die Ihnen die Augen öffnen", steht da unübersehbar auf der Homepage des Kopp-Verlags, der in Rottenburg am Neckar residiert. Darunter lächelt Eva Herman. Und wer nicht ganz genau hinschaut, der könnte meinen, er sehe die Online-Ausgabe der ARD-,,Tagesschau": Im Hintergrund strahlt das typisch leuchtende Blau des Ersten, daneben wird die Nachricht samt Bild eingeblendet, ganz vorne sitzt die Moderatorin, die mit seriöser Miene die Neuigkeiten aus aller Welt verliest.

Eva Herman hat es wieder in die Schlagzeilen geschafft

Mal geht es um die Rolle des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der den Krawallmachern in seinem Land den Kampf ansagt, mal um Massenproteste in Indien, mal um den G-20-Gipfel in Toronto. Dann aber auch um Verbraucherthemen wie die drohenden Ausfälle bei der Weizenernte oder die Tatsache, dass der Haarschnitt für Frauen und Männer nicht unterschiedlich teuer sein darf - zumindest nicht in Österreich. Fast der ganz normale "Tagesschau"-Alltag also. Fehlt nur noch, dass die Sendung mit dem 20-Uhr-Gong eröffnet und mit der Überleitung zum Wetterbericht beendet wird.

Aber so weit geht es dann doch nicht. Und dennoch hat es Eva Herman plötzlich wieder zu ungeahnter Bekanntheit gebracht. Seit ihrem Zerwürfnis mit der ARD war es still geworden um die 51-Jährige. Damals, im Jahr 2007, hatte der Norddeutsche Rundfunk ihr den Stuhl vor die Tür gestellt, nachdem sie sich im Umfeld ihres Buchs "Das Arche-Noah-Prinzip" wohlwollend über die Familienpolitik in der Nazi-Zeit geäußert hatte.

Nun aber hat sie es binnen weniger Tage wieder in die Schlagzeilen geschafft. Nicht wegen ihrer Tätigkeit als Nachrichtenvorleserin beim Kopp-Verlag, sondern wegen seltsamer Deutungen. Kurz nach der Tragödie um die Loveparade in Duisburg hatte sich Herman diese Woche auf der Homepage des Kopp-Verlags mit einem Blog zu Wort gemeldet. Ihre Botschaft über die Jugend dieser Welt: Diese Techno-Party sei kein fröhlich-friedliches Fest, sondern "in Wahrheit eine riesige Drogen-, Alkohol- und Sexorgie". Mehr noch. Womöglich sei das Ganze ja auch ferngesteuert, mutmaßte Herman: "Eventuell haben hier ja ganz andere Mächte mit eingegriffen, um dem schamlosen Treiben endlich ein Ende zu setzen."

Verlag für alle Verschwörungstheoretiker

Nun könnte diese Sichtweise durchaus zu den Ansichten des Kopp-Verlags passen, der von seiner Basis in der Bischofsstadt am Neckar vor allem Literatur in alle Welt vertreibt, die sich mit Verschwörungstheorien befasst. Ein Beispiel von vielen: Ein Buch über Jörg Haider mit dem Untertitel: "Unfalltod, Mord oder Attentat?" Der Autor sieht in dem österreichischen Populisten, der bei einem Autounfall starb, das Opfer eines Attentats. Der Kopp-Verlag macht aus seiner thematischen Ausrichtung jedenfalls keinen Hehl. Man wolle auf "unterdrückte Informationen, Entdeckungen und Erfindungen hinweisen", heißt es in der Selbstbeschreibung. Und weiter: Es gehe darum, aktuelle Informationen zu verbreiten, die in den staatlichen Fernseh- und Radionachrichten nicht erwähnt würden, aber von großem öffentlichem Interesse seien.

Im konkreten Fall des Blogs ging Herman mit ihrer Deutung des Duisburger Dramas aber offenbar zu weit. Wie hatte sie geschrieben: "Wer sich betrunken und mit Drogen vollgedröhnt die Kleider vom Leib reißt, wer die letzten Anstandsnormen feiernd und tanzend einstürzen lässt und wer dafür auch noch von den Trägern der Gesellschaft unterstützt wird, der ist nicht weit vom Abgrund entfernt."

Inzwischen hat sich Herman entschuldigt

Alle Teilnehmer der Loveparade also betrunken und bekifft, und der Tod von 21 Menschen eine gottgewollte Maßnahme, weil es sich bei der Loveparade um "die entfesselten Auswüchse der geilsten Party der Welt" handle, "die symbolisch für den kulturellen und geistigen Absturz einer ganzen Gesellschaft steht". Diese Unterstellung von Herman mochten viele nicht unkommentiert stehen lassen. Also brach über die blond gelockte Nachrichten-Lady ein Sturm der Entrüstung herein. Die Wut auf Herman und ihre Weltanschauung war offenbar so groß, dass der Server des Verlags zeitweise zusammenbrach. Und so musste Herman inzwischen zurückrudern und sich für ihre Ausführungen entschuldigen. Sie habe niemanden diskriminieren oder beleidigen wollen: "Mir ist es wichtig, klarzustellen, dass dies nicht geschehen ist, sondern dass ich im Gegenteil in dem Artikel mein tiefstes Beileid ausgesprochen habe." Aber Herman räumte nur bedingt das Feld. Sie blieb bei ihrer Kritik am "allgemeinen Sittenverfall" und machte dafür "hauptsächlich die sogenannten Achtundsechziger" verantwortlich, weil sie Werte wie moralischen Anstand nahezu abgeschafft hätten.

Was Verlagschef Jochen Kopp zu den Ansichten seiner prominenten Mitarbeiterin sagt? Wiederholte Versuche, ihn zur Stellungnahme zu erreichen, schlugen fehl. Womöglich ist Kopp aber gar nicht mal so verärgert über Hermans Äußerungen, immerhin wird die PR für den Verlag damit weiter angekurbelt. Erst vor kurzem erschien bei Kopp das neue Buch der früheren "Tagesschau"-Sprecherin. Titel: "Die Wahrheit und ihr Preis - Meinung, Macht und Medien".

Eva herman liest wieder Nachrichten - im Internet

Werbung dafür und für Hermans alte, neue Rolle als Nachrichtensprecherin wird jedenfalls fleißig betrieben. "Wenn die Bürger durch die staatlichen Nachrichtenprogramme zappen, für die sie mit Zwangsgebühren belastet werden, dann finden sie in jedem staatlichen Programm die gleichen Nachrichten. Viele wichtige und brisante Themen werden aus Gründen der politischen Korrektheit dagegen schlicht ausgeblendet", sagt Udo Ulfkotte, ehemals Journalist bei der "FAZ" und nun Chefredakteur des neuen Online-TV-Formats. Beim Kopp-Verlag hingegen gebe es "Tag für Tag jene Informationen, die Ihnen bei den staatstragenden Kanälen bislang vorenthalten werden", verspricht er. Ulfkotte selbst wird übrigens auch als Autor im Kopp-Verlag geführt. 2008 veröffentlichte er den Band "SOS Abendland", vor kurzem kam sein neues Buch "Vorsicht Bürgerkrieg!" heraus, in dem er politische Unruhen in Deutschland prophezeit.

Und Eva Herman? Obwohl die ihre Aussagen relativiert hat, sorgt sie weiter für Gesprächsstoff. Bei Facebook soll es inzwischen Gruppen geben, die sich Namen wie "Ich geh' dann mal eben Eva Herman tottrampeln - Gott will es so" gegeben haben. Andere wiederum freuen sich, die Frau wieder regelmäßig auf dem Bildschirm sehen zu können. "Das ist eine fast 100-prozentige ,Tagesschau'-Kopie, nur ohne deren Desinformation, Lügen und Hetzjauche", schrieb ein User jüngst ins Gästebuch der Sendung.

Nationaler Zuspruch auf der Website

Und doch wird die TV-Frau von ihren Sympathiebekundungen für manches in der dunklen deutschen Vergangenheit immer wieder mal eingeholt. "Ich finde es wirklich gut, dass Eva Herman nun wieder Nachrichtensprecherin ist, aber nun eben wirklich deutsche Nachrichten bringt. Von Deutschen für Deutsche gemachte objektive Nachrichten", schrieb ein Zuschauer mit deutlich hörbarem nationalem Unterton über die Sendung.

Da dürfte die ARD froh sein, dass man nach diversen juristischen Auseinandersetzungen nichts mehr mit Herman zu tun hat. Dass der Kopp-Verlag für seine Nachrichten ein Studio im nahezu identischen ARD-Design aufgebaut hat, sieht man jedenfalls gelassen. "Wir vertrauen darauf, dass Internet-Nutzern rasch deutlich wird, dass diese sogenannten Verlagsnachrichten mit der ,Tagesschau' nichts zu tun haben", betonte ein Sprecher von ARD-Chef Peter Boudgoust auf Anfrage unserer Zeitung in Stuttgart. Eva Herman jedenfalls schließt jede Sendung so ab, wie sie es auch früher tat. Mit einem freundlichen Lächeln in Richtung der Zuschauer, aber mit dem neuen Zusatz: "So weit die Kopp-Nachrichten."