Christian Gumpert: Sein Sport gab ihm neue Hoffnung Foto: Baumann

Rollstuhlbasketball ist eine der spektakulärsten Disziplinen im Behindertensport und dient als Paradebeispiel für Inklusion. Überzeugen kann man sich davon an diesem Samstag in der Stuttgarter Scharrena.

Stuttgart - Die Ansage kommt direkt und selbstbewusst. „Natürlich wollen wir den Titel“, sagt Christian Gumpert. Ein starker Satz für den zierlichen jungen Mann, der die selbstbewusste Prognose dann schnell auch mit sportlichen Fakten füttert. „Wir standen in den vier vergangenen Jahren immer im Finale, und wir haben das Team bei den drei Leistungslehrgängen optimal vorbereitet“, sagt Christian Gumpert.

Seit zwei Jahren betreut der 25-Jährige die Junioren des Rollstuhlbasketballteams Baden-Württemberg/Rheinland-Pfalz, eine gemischte Formation mit Juniorinnen und Junioren. 35 Athleten hat er mit seinem Co-Trainer Andre Hopp in den vergangenen Wochen bei diversen Lehrgängen gesichtet. Elf sind übrig geblieben und vertreten die Ländermischung an diesem Samstag beim 10. Junioren-Länderpokal im Rollstuhlbasketball um den Elisabeth-Hardt-Preis in der Stuttgarter Scharrena.

Gumpert sitzt selbst im Rollstuhl, seit er acht Jahre alt ist. Eine seltene Knochenkrankheit kombiniert mit einer Muskelschwäche hat dazu geführt, dass er die Balance in seinem Leben auf Rädern finden muss. Er hat erstaunlich schnell zurückgefunden auf die Erde. Denn es gab schon Momente in seinem Leben, da fühlte es sich so an, als sei er allein auf dem Mond gelandet, und das einzige Raumschiff in Richtung Heimat habe ohne ihn abgehoben.

Für ihn war Rollstuhlbasketball ein neuer Anfang, eine neue Hoffnung. „Viele haben ähnliche Geschichten erlebt, und man kann sich austauschen“, erzählt Gumpert. Er hat es bis ins Nationalteam geschafft und spielt derzeit noch in der Zweiten Bundesliga für Heidelberg. Vor zwei Jahren kam die Anfrage vom Deutschen Rollstuhl-Sportverband (DRS), ob er nicht die Mannschaft trainieren wolle. Den Job teilt er sich mit Andre Hopp, der jedoch zu den Fußgängern zählt. „Mein Vater sitzt im Rollstuhl und ist Basketballtrainer, und so bin ich zum aktiven Rollstuhlbasketballer geworden“, sagt Hopp, der in Heidelberg-Kirchheim wohnt.

Rollstuhlbasketball - schnell und dynamisch

Er kümmert sich im Landeskader um das technische Training, Gumpert ist für die Taktik zuständig. Jeder Gegner wird intensiv studiert. „Ich schaue mir an, wie das Team aufgestellt ist, und danach richte ich unser System aus“, sagt Gumpert. Je nach Größe der gegnerischen Spieler entscheidet er sich für Ball-Raum-Verteidigung oder Zonenverteidigung. Das kann auch innerhalb der 28-minütigen Spielzeit variieren.

Das Eröffnungsspiel bestreiten sie gegen Bayern, der zweite Gegner heißt Nordrhein-Westfalen. Zu den Favoriten zählen Hessen und Niedersachsen. „Aber unser Team ist fit, und wenn es das so umsetzt, wie ich mir das vorstelle, dann haben wir gute Chancen“, sagt Christian Gumpert, der in Besigheim wohnt und sich als Zöllner beim Hauptzollamt in Heilbronn um das Thema Schwarzarbeit kümmert. Der Länderpokal ist aber auch eine Gelegenheit, sich zu präsentieren, da sich auch der Herren-Bundestrainer und der U-23-Coach angekündigt haben. „Das kann für den einen oder anderen auch ein Sprungbrett sein“, sagt Andre Hopp.

Zum Team gehört auch Catharina Weiß (15) aus Plochingen und der Wüstenroter Dominik Vogt (18). Beide spielen als Flügelspieler, verteilen die Bälle und sind dafür verantwortlich, den Center in eine gute Position zu bringen. Doch es ist nicht einfach, den Ball aus 53 Zentimeter Sitzhöhe in den in 3,05 Meter Höhe aufgehängten Korb zu bugsieren. Dazu muss man in eine gute Wurfposition kommen. „Ich hoffe auf viele Zuschauer und dass sie einen Zugang zu diesem Sport finden“, sagt Catharina Weiß.

Wer sich darauf einlässt, merkt, welche Kraft vom Rollstuhlbasketball ausgehen kann. Schnell, dynamisch und mit jeder Menge Energie kommen die Rollis daher, der eine oder andere fällt bei einem Crash auch mal aus dem Stuhl. Nicht von ungefähr gilt Rollstuhlbasketball als spektakulärste Disziplin im Behindertensport und dient als Paradebeispiel für Inklusion. Christian Gumpert würde sich noch mehr Mädchen in den rasanten Rollis wünschen. Aber es fehlt an Nachwuchs, weil es nach wie vor keine eigene Frauen-Bundesliga gibt. Die meisten Frauen spielen wie Catharina Weiß in gemischten Teams. Auf die Frage, wer eigentlich besser spielt, gibt sich die Schülerin der Waldschule Degerloch diplomatisch: „Ich kann keinen Unterschied erkennen.“