Rihannas neues Album „Anti“ gibt es gratis und exklusiv bei Tidal Foto: AP

Rihanna verschenkt auf der Streamingplattform Tidal ihr neues Album „Anti“. Was nach einer großzügigen Geste an die Fans aussieht, ist in Wirklichkeit betriebswirtschaftliches Kalkül.

Stuttgart - Was, Sie kennen Tidal noch nicht? Das ist aber schade! Nicht für Sie, weil Sie da bisher nicht viel verpasst haben. Sondern für Jay Z, dem Tidal gehört und der Sie gerne als Abonennten gewinnen will. Der Rapper, Produzent und Multimillionär hatte mit dem Musikstreaming-Dienst, der Spotify, Apple Music oder Deezer Konkurrenz machen will, bisher nicht viel Glück. Während Spotify zum Beispiel mit weltweit 15 Millionen Nutzern rund ein Milliarde Euro Umsatz pro Jahr macht, hat Tidal gerade einmal 600 000 bezahlende Kunden – vorausgesetzt, die Angaben von Jay Z stimmen.

Wenn es jetzt das neue Rihanna-Album „Anti“ zunächst nur exklusiv bei Tidal gibt, geht es also keineswegs darum, den zahllosen Rihanna-Fans auf dieser Welt in einem Akt der Großzügigkeit 13 Songs zu schenken, zu denen auch der herrlich nölige R’n’B-Smashhit „Work“ zählt, den Rihanna mit Drake aufgenommen hat. Nein, es ist der verzweifelte Versuch, einer Geschäftsidee, die ein Flop zu werden droht, noch eine letzte Chance zu geben.

Vorsicht vor der Abofalle!

Wenn Sie also unbedingt sofort das Rihanna-Album haben wollen, melden Sie sich bei Tidal an. Sie könnten sich auf der Internetseite rihanna.tidal.com entweder dafür entscheiden „Anti“ herunterzuladen, oder Sie lassen sich ein Probeabo von Tidal schenken, bei dem sie 60 Tage lang den ganzen Katalog – einschließlich der neuen Rihanna-Platte – hören können. Sie sollten dann aber nicht vergessen, rechtzeitig zu kündigen. Sonst wird’s teuer

Klingt doch super, oder? Kurzfristig gesehen schon. Doch Jay Z ist nicht wirklich für seine Freigiebigkeit bekannt. Mit derartigen kostenlosen Exklusivangeboten versuchen Musikdienste immer wieder, sich gegenseitig die Kunden abzujagen. Und Apple und U 2 haben damit durchaus schon schlechte Erfahrungen gemacht. Wer nicht will, dass er künftig mindestens drei Streamingdienste abonnieren muss, um seine Lieblingsmusik zu hören, tut gut daran, solche Geschäftspraktiken nicht zu unterstützen. Denn dass es Rihanna gratis bei Tidal gibt, hat auch damit zu tun, dass sie Anteilseignerin der Firma ist und an jedem Abonnenten verdient – und sie nicht will, dass man ihre Musik woanders hört.

Übrigens: „Anti“ klingt gar nicht schlecht

Während Spotify immer wieder dafür kritisiert wurde, dass Musiker nur einen Bruchteil der Streamingeinnahmen bekommen, missfällt Musikern wie Lily Allen oder Mumford & Sons an Tidal der hohe Abopreis. Wer seine Musik dort in besonders hoch aufgelöster Soundqualität hören will, muss 19,90 Euro im Monat zahlen. Hier hört es mit Jay Zs Großzügigkeit auf.

Ach ja, falls Sie jetzt tatsächlich wissen wollen, wie das Album „Anti“ klingt: Gar nicht so schlecht und für ein R’n’B ziemlich ambitioniert. Die verschrobene Hip-Hop-Nummer „Consideration“, die verschnörkelte Ballade „Higher“ und die somnambule Synthie- popnummer „Same Ol’ Mistakes“, die sich Rihanna von der Hipstercombo Tame Impala geborgt hat, sind jedenfalls Lieder, die man gerne auch auf anderen Musikstreamingplattformen – und vielleicht sogar auf CD oder Vinyl – hören würde.