Die vorübergehende Absenkung der Besoldung von bestimmten Beamten und Richtern in Baden-Württemberg ist verfassungswidrig. Foto: dpa

2012 sieht es in Baden-Württembergs Kassen nicht rosig aus, das Land muss sparen. Auch Beamte und Richter sollen einen Beitrag leisten. Doch die vorübergehenden Einschnitte sind verfassungswidrig, entscheidet Karlsruhe. Jetzt werden Forderungen laut.

Karlsruhe - Die vorübergehende Absenkung der Besoldung von jungen Beamten und Richtern in Baden-Württemberg ist verfassungswidrig. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss vom 16. Oktober. Das Land muss jetzt einen dreistelligen Millionenbetrag nachzahlen. Baden-Württemberg hatte Ende 2012 als Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts beschlossen, unter anderem bei Richtern der Besoldungsgruppe R1 Grundgehalt und Amtszulagen drei Jahre lang um acht Prozent zu reduzieren (2 BvL 2/17).

Dagegen hatte ein Betroffener vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe geklagt. Die Richter setzten das Verfahren aus und legten dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob die Regelung mit Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes zum Recht des öffentlichen Dienstes vereinbar ist.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts bemängelte eine ganze Reihe von Fehlern in der Regelung. Sie missachte, dass die Besoldungshöhe nach unmittelbar amtsbezogenen Kriterien zu bemessen sei. Auch liege ein Verstoß gegen das Gebot der Besoldungsgleichheit vor, weil die Absenkung nur einen Teil der Beamten und Richter treffe. Es seien nur einzelne Besoldungsgruppen und neu in den Dienst kommende Beamte und Richter betroffen. Außerdem fehle ein schlüssiges und umfassendes Konzept zur Haushaltskonsolidierung als Voraussetzung für die Belastung der Beamten- und Richterschaft.

Nachzahlungen angekündigt

Das Finanzministerium reagierte mit der Ankündigung, die Besoldung für betroffene Beamte und Richter nachzuzahlen, sofern die Forderungen nicht verjährt sind. Nach Angaben des Ministeriums soll bis einschließlich 2015 nachgezahlt werden. Seit dem Ende der Absenkung zu Beginn dieses Jahres rechnet das Ministerium mit jährlich 60 Millionen Euro Mehrausgaben. Insgesamt dürfte es also einschließlich der Widerspruchsfälle um mehr als 180 Millionen Euro Nachzahlungen gehen. Das Finanzministerium sprach lediglich von einem dreistelligen Millionenbetrag.

Die Bildungsgewerkschaft GEW geht davon aus, dass mehr als 30 000 Lehrkräfte in Baden-Württemberg von Kürzungen betroffen waren und erwartet eine schnelle Entschädigung. „Das Karlsruher Urteil ist eine Ohrfeige für alle vier Parteien, die in der Vergangenheit in zwei Landesregierungen auf Kosten junger Lehrkräfte gespart haben“, teilte die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz in Stuttgart mit.

Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, begrüßte das Urteil. „Es ist eine schallende Ohrfeige für Ministerpräsident (Winfried) Kretschmann (Grüne), der in seiner Amtszeit verfassungswidrig in die Bezahlung derjenigen eingegriffen hat, die diesen Staat tragen und für die Bürger in Baden-Württemberg ihren Kopf hinhalten.“

Forderung durch Beamtenbund Tarifunion erneuert

Der DGB habe diese 2008 noch von der damaligen schwarz-gelben Landesregierung begonnene Politik immer abgelehnt, teilte der Landesvorsitzende Martin Kunzmann mit. „Es ist gut, dass die jetzige grün-schwarze Landesregierung diese Fehlentscheidung im Rahmen der vergangenen Besoldungsrunde endlich korrigiert hat. Das war eine Frage der Gerechtigkeit.“

Der Beamtenbund Tarifunion erneuerte seine Forderung, auch weitere Einschnitte, etwa bei der Beihilfe, wieder rückgängig zu machen.