Topleistung trotz Zuschauerflaute: Jana Berezko-Marggrander Foto: dpa

Jana Berezko-Marggrander hat das Mehrkampffinale der Sportgymnastik-Weltmeisterschaft in Stuttgart erreicht. Sportliche Höchstleistungen, packende Musik und hübsche Mädchen – die WM bietet viel. Doch die Qualifikations-Wettkämpfen locken nicht die Massen.

Stuttgart - Jana Berezko-Marggrander streckt ihren Arm in die Luft. Die Musik stoppt. Das Publikum johlt, als wäre sie Weltmeisterin. Das Finale mit den Keulen verpasste die deutsche Sportgymnastin zwar, die Zuschauer feierten sie dennoch. „Die Fans sind klasse“, sagt Berezko-Marggrander. „Es ist schön, hier zu sein. Die Unterstützung ist großartig“, meint auch die Kroatin Elena Milenkovic.

Tolle Worte, doch wer seinen Blick durch die Porsche-Arena schweifen lässt, reibt sich verwundert die Augen. Die meisten der 5000 Plätze sind leer. Bei den Qualifikations-Wettkämpfen sind selten mehr als 500 Zuschauer in der Halle.

Leere Ränge bei einer Weltmeisterschaft sind bei Organisatoren so beliebt wie bei Sportgymnastinnen ein Knoten im Band. Jörg Hoppenkamps vom Schwäbischen Turnerbund (STB) hat dennoch keine Sorgenfalten auf der Stirn. „Wir sind bisher sehr zufrieden und liegen sogar über unseren Erwartungen“, sagt der Geschäftsführer des WM-Organisationskomitees. Pro Qualifikationstag kamen bisher etwa 1500 Zuschauer, als es am Dienstag- und Donnerstagabend um die WM-Titel ging, waren es 2500, beziehungsweise 2000.

Qualifikationstage sind lang

„Im Vergleich zu anderen Weltmeisterschaften in der Sportgymnastik ist das sehr gut“, meint Hoppenkamps. Qualifikationstage haben eben ihren eigenen Charakter und nicht immer Charme. Sie sind lang. Sechseinhalb Stunden (inklusive Mittagspause) sind schnell rum, wenn mehr als 130 Gymnastinnen ihre Küren zeigen. Und einen Sieger gibt es am Ende einer Qualifikation eben auch nicht. „Deshalb sind die Zuschauer oft auch nicht den ganzen Tag in der Halle“, erklärt Hoppenkamps.

„Ein anderes Problem ist die Terminwahl“, sagt der STB-Mann. In Baden-Württemberg sind noch Ferien. Schulklassen können also nicht wie beim DTB-Pokal im Kunstturnen während der Qualifikationswettkämpfe für Stimmung sorgen. Außerdem habe Turnen generell eine breitere Basis in den Vereinen als die Sportgymnastik.

Zufrieden ist Hoppenkamps dennoch. Denn die Qualifikationen sind das Vorspiel, quasi das Warten auf den Ansturm. Den wird es wohl an den letzten drei WM-Tagen geben. An diesem Samstag wird die Porsche-Arena wohl zum ersten Mal in dieser Woche ausverkauft sein. „Wir haben unser Kartenkontingent, das wir verkaufen können, schon aufgestockt“, sagt Hoppenkamps. Nur noch etwa 100 Karten sind übrig.

"Wir sind eine Turn-Metropole"

Die Organisatoren wussten, dass es schwer wird, die Zuschauer an jedem Tag zu locken, dennoch wollten sie die WM in Stuttgart haben. „Wir sind eine Turn-Metropole und dazu gehört es eben auch, immer wieder hochkarätige Veranstaltungen auszurichten“, sagt Hoppenkamps.

Anita Kanzler aus Murr findet das gut. Sie hat beim Gewinnspiel unserer Zeitung Karten gewonnen und war am Dienstagabend zum ersten Mal bei der WM. Am Donnerstag kam sie wieder. Dieses Mal mit ihrer Nichte Madlen. „Ich wollte ihr das mal zeigen“, meint Anita Kanzler und ergänzt: „Es ist schon schade, dass sich die Qualifikationswettkämpfe nicht mehr Zuschauer ansehen. Die Gymnastinnen hätten es verdient.“ Begeistert ist sie dennoch, genauso wie ihre Nichte. „Ich finde es super“, sagt die achtjährige Madlen. „Vielleicht fange ich auch mit dem Sport an.“ Einen Ball zum Üben hat sie von ihrer Tante schon mal bekommen – und die Sportgymnastik zwei neue Fans.