Höhlenretter simulieren während einer Übung in der Falkensteiner Höhle zwischen Bad Urach und Grabenstetten die Bergung einer verletzten Frau, die in einer flexiblen Trage aus dem Gangsystem transportiert wird. Foto: dpa

Gefahr im Verzug: Bei einer Tour in die Falkensteiner Höhle ist ein 60-Jähriger am Sonntag noch mal mit einem blauen Auge und einem gebrochenen Arm davongekommen.

Grabenstetten/Stuttgart - Gut gelaunt und bei herrlichem Wetter betritt man eine Höhle. Natürlich nicht alleine, sondern in einer Gruppe, damit jemand im Notfall Hilfe holen kann. Aber es wird schon alles glatt gehen. Das Glück ist mit den Wagemutigen. Aber leider nicht immer – wie ein 60-jähriger Höhlengänger aus Bayreuth am Sonntag in Grabenstetten erfahren musste.

Der Mann gehörte zu einer 15-köpfigen Gruppe, die am Sonntagmittag die Falkensteiner Höhle begehen wollte. „Die Gruppe kam von weiter weg und bestand aus Laien im Rahmen einer – offenbar nicht von erfahrenen Höhlenforschern – geführten Tour. Der Verunfallte hatte vermutlich keine große Höhlenerfahrung“, sagt Matthias Leyk, an diesem Tag der zuständige Einsatzleiter der Höhlenrettung Baden-Württemberg vor Ort.

Mitten im Wald bei Grabenstetten öffnet sich ein gewaltiges Portal zu einer unterirdischen Kathedrale, wie sie kein menschlicher Baumeister erschaffen könnte. Rund 15 Meter hoch und zehn Meter breit ist der Eingang zur Falkensteiner Höhle. Ein Bachlauf, der tief im Innern des Felsenlabyrinths entspringt, bahnt sich in schäumenden Kaskaden seinen Weg über moosbedeckte Steine. Die Falkensteiner Höhle ist eine aktive Wasserhöhle, die von der Elsach durchflossen wird.

Der Parkplatz, von dem die Gruppe an diesem sonnigen Tag aufbricht, liegt nur 200 Meter entfernt. Eigentlich sollten Unkundige unverschlossene, offene Höhlen wie die Falkensteiner Höhle oder den Elsachbröller meiden. Was sich hinter dem imposanten Eingangsportal verbirgt, können Laien nur erahnen. Eine fantastische Welt der Dunkelheit und Stille, aber auch ein unwegsames Gelände, dass schnell zu einer lebensgefährlichen Bedrohung werden kann.

Das Warten auf den Arzt

Irgendwann zwischen 13 und 14 Uhr, mehrere Hundert Meter im Inneren der Schwäbischen Alb unter Grabenstetten, passiert es plötzlich. Müde vom Kraxeln über spitze Steine und vom Durchwaten des eiskalten Wassers der Elsach strauchelt der Mann und bricht sich beim Sturz auf den Fels den Oberarm. „Eine extrem schmerzhafte Verletzung und der Grund, wieso die Rettung so lange gedauert hat“, so Leyk weiter.

Gefangen zwischen dem ersten Siphon – einem überfluteten Höhlenabschnitt – und der Reutlinger Halle, mehr als 500 Meter hinter dem rettenden Höhleneingang, kann der Verletzte nicht mehr aus eigener Kraft ans Tageslicht gelangen. Einige aus der Gruppe bleiben bei ihm, richten ein provisorisches Krankenlager auf dem kalten, nassen und steinigen Boden ein, andere eilen zurück, um Hilfe zu holen und die Höhlenrettung zu benachrichtigen. Matthias Leyk: „Erst musste ein Arzt musste geholt werden, weil die Rettungssanitäter vor Ort nicht ausreichten, um den Verletzten zu versorgen. Das hat gedauert.“

Und dann der beschwerliche Weg zurück durch die Finsternis. „Nur mit der Nasenspitze fünf Zentimeter über der Wasseroberfläche kann man durch den ersten Siphon. Aber man muss vollkommen Ruhe bewahren, um unbeschadet durchzukommen“, berichtet Leyk. Endlich. Gegen 23.30 Uhr – nach zehn Stunden – wird der stark unterkühlte Mann auf einer Bahre von Helfern rausgetragen. Rund 80 Helfer sind an diesem Tag im Großeinsatz – Mitglieder der Höhlenrettung Baden-Württemberg, der Feuerwehr, des Deutschen Roten Kreuzes und der Bergwacht.

Die Falkensteiner Höhle zwischen Bad Urach und Grabenstetten ist eine Wasserhöhle von erhabener Schönheit. Eine zweite aktive wasserführende Höhle auf der Alb ist die Wimsener Höhle zwischen Hayingen und Zweifalten – eine Schauhöhle, die man mit kleinen Booten befahren kann.

Nie allein in eine Höhle

Die Niederschläge, die durch den Karst der Schwäbischen Alb sickern, haben in der Falkensteiner Höhle Spalten und Gänge geschaffen, durch die das Wasser der Elsach quellt. Rund 15 Meter hoch und zehn Meter breit ist der Eingang in das steinerne Labyrinth. So majestätisch dieses Portal, so unscheinbar der Weg in die Eingeweide der Alb: Wie ein Schwarzes Loch schluckt die Falkensteiner Höhle jeden Sonnenstrahl, jeden Laut.

Die grandiose Höhle bei Grabenstetten ist ein Publikumsmagnet. An manchen Tagen marschieren ein halbes Dutzend Gruppen hinein. Die knapp 150 Höhlenretter in Baden-Württemberg rücken aus, wenn sich jemand – wie an diesem Sonntag – verletzt oder in einer Höhle vom Regen überrascht wird und festsitzt. Wie 1964, als vier Studenten 66 Stunden in der Falkensteiner Höhle ausharren mussten, bis Rettung nahte. 1985 wurde die Höhlenrettung Baden-Württemberg aufgrund solcher Höhlenunfälle gegründet.

Die Schwäbische Alb kennt viele Einstiege in die Unterwelt. Manchmal führt der Weg durch breite Öffnungen oder eine Stahltür in die Tiefe, manchmal nur durch einen schmalen Spalt. Rund 2500 Höhlen gibt es in dem Mittelgebirge. „Von ihrer Schönheit her spielen die Höhlen der Schwäbischen Alb in der ersten Liga“, urteilt der Esslinger Geologe und Höhlenforscher Wilhelm Schloz.

„Wenn man in eine Höhle geht, müssen auf jeden Fall ein Höhlenkenner und die richtige Ausrüstung immer mit dabei sein“, mahnt der 50-jährige Leyk, der seit 35 Jahren Höhlen erforscht. „Festes Schuhwerk oder Gummistiefel, Kälteschutz, Helm, Neopren-Socken und -Anzug, der vor Unterkühlung schützt.“

Außerdem dürfe man niemals vergessen: Wenn man sich bewegt, würde es einem warm werden. Aber wenn man nur zehn Minuten sitzt, würde man schnell auskühlen. „Wer wegen einer Verletzung stundenlang ausharren muss, für den ist vor allem die Unterkühlung eine ganz große Gefahr.“

Falkensteiner Höhle - eines der längsten Höhlensysteme auf der Alb

Die Falkensteiner Höhle wird von Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten (Arge Grabenstetten) betreut und überwacht. Der 1973 gegründete Verein ist mit 140 Mitgliedern einer der größten von gut 20 Höhlenvereinen im Südwesten. Die Falkensteiner Höhle kennen sie wie ihre Westentasche.

So majestätisch das Portal, so unscheinbar der Weg in die Eingeweide der Alb: Wie ein Schwarzes Loch schluckt die Falkensteiner Höhle jeden Sonnenstrahl. Gleich zu Beginn muss man den Demutsschlupf überwinden. Der Abstand zur Höhlendecke ist so gering, dass man durch das eiskalte Wasser der Elsach robben muss.

Nach 15 Metern wird der Gang breiter, die Tour zur Kletterpartie. Felsbrocken versperren den Weg, man watet durch glasklares Wasser. Der Weg führt über glitschige Steine nach 150 Metern zum Regentörle. Ein Rauschen ist zu hören, so als ob Wasserfälle zu Tal stürzten. Weiter geht es, vorbei an Versturzblöcken und kugelförmigen Sintern - mineralische Ablagerungen in jeder erdenklichen Form und Größe. Stalaktiten, die eiszapfenähnlich von der Decke hängen, tauchen erst viel weiter hinten auf.

Mit rund 4000 erforschten Metern ist die Falkensteiner Höhle eine der längsten Höhlensysteme auf der Alb; das längste ist das Blauhöhlensystem mit rund 6500 Metern. Die Vetternhöhle und Blautopfhöhle gehören zu den schönsten unterirdischen Welten in Deutschland. Der Eingang in das Labyrinth ist allerdings verschlossen und nur für versierte Höhlenforscher passierbar.

Nach 400 Metern staut sich in der Falkensteiner Höhle die Elsach. Bei Niedrigwasser nur ein Rinnsal, doch jetzt reicht das Wasser bis zur Brust. Hier unten schwindet jedes Zeitgefühl. Wie müssen sich erst jene Goldgräber gefühlt haben, die im 18. Jahrhundert nach Edelmetall gegraben haben?

Der erste Siphon - ein Felsstück, das ins Wasser ragt - ist erreicht. Wer weiter vordringen will, muss ein drei Meter breites Gangteil passieren, das fast ganz von Wasser umschlossen ist. Nur ein fünf Zentimetern schmaler Spalt zwischen Wasseroberfläche und Decke bleibt zum Atmen. Wer noch tiefer vordringen will, gelangt von hier in die Reutlinger Halle. Entlang unzähliger Sinterkaskaden und Wasserfallstufen führt der faszinierende Weg immer weiter ins Herz der Alb.

1889 wurde der erste deutsche Höhlenverein gegründet. Heute gibt es bundesweit rund 2500 aktive Höhlenforscher. Sie arbeiten in der Regel ehrenamtlich an den Wochenenden und in den Ferien und finanzieren ihre Arbeit über Beiträge, Spenden und aus der eigenen Tasche. Nur die wenigsten Speläologen sind von Beruf Wissenschaftler: Geologen, Geografen, Hydrologen, Archäologen oder Paläontologen.

Vor allem Extreme wie der Elsachbröller faszinieren die Höhlenforscher. Das unscheinbare, durch Hangschutt verborgene Eingangsloch liegt knapp 150 Meter von der Falkensteiner Höhle entfernt.Die Falkensteiner Höhle ist ein Publikumsmagnet. An manchen Tagen marschieren ein halbes Dutzend Gruppen hinein. Die knapp 150 Höhlenretter in Baden-Württemberg rücken aus, wenn sich jemand – wie an diesem Sonntag – verletzt oder in einer Höhle vom Regen überrascht wird und festsitzt. Wie 1964, als vier Studenten 66 Stunden in der Falkensteiner Höhle ausharren mussten, bis Rettung nahte. 1985 wurde die Höhlenrettung Baden-Württemberg aufgrund solcher Höhlenunfälle gegründet.

Die Schwäbische Alb kennt viele Einstiege in die Unterwelt. Manchmal führt der Weg durch breite Öffnungen oder eine Stahltür in die Tiefe, manchmal nur durch einen schmalen Spalt. Rund 2500 Höhlen gibt es in dem Mittelgebirge. „Von ihrer Schönheit her spielen die Höhlen der Schwäbischen Alb in der ersten Liga“, urteilt der Esslinger Geologe und Höhlenforscher Wilhelm Schloz.

Schauhöhlen in Baden-Württemberg:

Wer gefahrlos Tropfsteine und bizarre Felsformationen bewundern will, kann dies in den 14 Schauhöhlen tun. Hier einige der schönsten Schauhöhlen auf der Alb:

Bären- und Karlshöhle: rund 35 Kilometer südöstlich von Tübingen, in der Gemeinde Sonnenbühl.

Nebelhöhle: nordöstlich des Sonnenbühler Ortsteils Genkingen.

Charlottenhöhle: Mit 587 Metern ist die Charlottenhöhle bei Giengen-Hürben eine der längsten begehbaren Schauhöhlen Süddeutschlands.

Schertelshöhle: Sie liegt in Westerheim auf der Schwäbischen Alb. Die 212 Meter lange Tropfsteinhöhle ist bereits seit 1831 für Besucher zugänglich.

Gutenberger Höhle: Sie befindet sich unweit von Lenningen-Schopfloch.

Laichinger Tiefenhöhle: Entdeckt wurde sie bereits 1892 in Laichingen. Seit den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts ist sie auf 350 Metern Länge und in einer Tiefe von 55 Metern begehbar.

Info: Wichtige Tipps für Höhlenbesucher

Wer eine Höhle besichtigen will (bei der es sich nicht um eine Schauhöhle handelt), sollte dies jemanden mitteilen, der notfalls Polizei oder Höhlenrettung verständigen kann. Bei Notfällen die DRK Rettungsstelle in Esslingen anrufen:

Telefon 07153 – 19222.

Wichtige Fragen vor der Höhlen-Tour

Wie ist das Wetter? Ist mit plötzlichen Regenfällen zu rechnen (Wasserführende Höhlen wie die Falkensteiner Höhle können bei Starkregen zur „Todesfalle“ werden).

Wie groß ist die Gruppe? Wie alt und fit sind die Höhlengänger?

Wie sind sie ausgerüstet (Taschenlampe, Batterien, Helm, rutschfeste Schuhe oder Gummistiefel, Proviant und Trinkwasser; Verbandszeug und Schmerzmittel haben auch im kleinsten Rucksack Platz)?

Wann sind sie losgegangen? Wie lange soll die Höhlenbegehung dauern?