Einkaufskorb Foto: dpa

Kurzarbeit bedeutet für viele Familien sparen. Kurt Meier weiß, wie man mit 4,40 Euro am Tag kocht.

Stuttgart - Kurzarbeit bedeutet für viele Familien sparen. Nach der Miete sind Lebensmittel die größte monatliche Ausgabe. Der ehemalige Hartz-IV-Empfänger Kurt Meier weiß, wie man mit 4,40 Euro am Tag gesund essen kann. Er hat ein Sparkochbuch geschrieben.

Herr Meier, was gab's bei Ihnen heute zum Mittagessen?

Es ist Winter, wir wohnen in Norddeutschland, da kam ganz klassisch Grünkohl mit Kassler und Kohlwurst auf den Tisch. Natürlich alles frisch.

Wissen Sie noch, was Sie für diese Mahlzeit ausgegeben haben?

Ein Kilo Grünkohl kostet bei meinem Bauern 1,50 Euro. Vier Kohlwürste für 2,40 Euro, zwei Scheiben Kassler für 1,90 Euro vom Discounter und dann noch ein paar Kartoffeln. Insgesamt liegen wir da mit etwa 2,50 Euro pro Person in einem vernünftigen Rahmen...

... der bei 4,40 Euro für alle Mahlzeiten pro Person und Tag liegt...

Genau, das ist der Betrag, den die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg bei Hartz-IV-Empfängern für Essen vorsieht.

Als eben solcher kam Ihnen die Idee, ein Sparkochbuch herauszugeben. Saßen Sie am Ende des Monats vor einem leeren Teller?

Vor meiner Arbeitslosigkeit habe ich gut verdient, das gekauft, worauf ich Appetit hatte, und wenn was übrig war, dann kam es eben in den Mülleimer. Plötzlich war am Monatsende aber nur noch Geld für Nudeln mit Ketchup im Portemonnaie. Und bei einer Weiterbildungsmaßnahme der Agentur für Arbeit habe ich viele Leute getroffen, die schon Mitte des Monats nichts mehr zu Essen kaufen konnten.

Weil der Hartz-IV-Satz zu niedrig ist?

Nein, weil sie sich von teuren Tiefkühlprodukten oder Fast Food ernähren. Diese Bequemlichkeit kostet. Dabei hat schon meine Oma gesagt: Sparen kann man nur beim Essen. Die Miete muss bezahlt, die Wohnung geheizt werden. Und wenn Sie zum billigsten Strom- und Telefonanbieter gewechselt haben, bleibt nicht mehr viel Potenzial übrig.

Wie schöpft man das aus?

Die Nachkriegsgeneration hat uns vorgemacht, wie man mit wenig Geld viel auf den Tisch zaubert: regionale und saisonale Produkte verwenden, alles frisch kochen und Reste verwerten, statt sie wegzuwerfen. Das erfordert natürlich einen Plan.

Günstig einkaufen braucht Zeit - die hat ein Arbeitsloser

Weihen Sie uns ein.

Wir setzen uns Anfang der Woche mit den Angeboten der verschiedenen Supermärkte hin und machen einen Speiseplan. Was kaufen wir wo? Wie bringen wir Reste in neuen Gerichten unter? Was nicht auf dem Zettel steht, landet auch nicht im Einkaufswagen. Und ein bisschen Sport im Supermarkt lohnt sich: Die günstigen Verpackungen stehen nämlich meist ganz oben oder ganz unten im Regal.

Aber das braucht doch viel mehr Zeit als ein normaler Einkauf.

Wenn ich sparen will, muss ich mir die Zeit nehmen. Und ein Arbeitsloser hat die Zeit, Preise zu vergleichen und selbst zu kochen. Gleiches gilt für Rentner oder Leute, die wegen der Kurzarbeit knapper haushalten müssen.

Als gelernter Informationselektroniker sind Sie nicht gerade der klassische Kochbuchautor. Woher haben Sie Ihre Rezepte?

Nachdem ich bei der Weiterbildungsmaßnahme Uwe Glinka kennengelernt habe, haben wir die Landfrauenverbände wegen sparsamen Rezepten von früher angeschrieben. Für realistische Preisvorgaben haben wir dann für jede Zutat sämtliche Discounter abgeklappert. Damit die Rezepte niemanden überfordern, haben wir als Koch-Anfänger sie getestet.

Macht es denn noch Spaß, mit so knappem Budget einzukaufen und zu kochen?

Ja! Ich fühle mich gar nicht eingeschränkt. Uns schreiben auch viele Anwälte und Ärzte, die unsere Tipps gut finden. Sparen wollen oder müssen geht heute quer durch alle Berufsschichten. Und wenn ich meiner Tochter am Monatsende vom gesparten Geld noch einen kleinen Wunsch erfüllen kann, ist das doch toll!

Welches Rezept können Sie besonders empfehlen?

Ich bin ein Kohlmensch, in Grünkohl kann ich mich reinsetzen. Zum Glück planen wir unser Essen so, dass es noch Reste für morgen gibt.

Checkliste: Tipps zum Sparen

Mit Plan: Ein Einkaufszettel schützt vor Spontaneinkäufen. Mit einem Speiseplan für die Woche können Reste in weiteren Gerichten eingeplant werden.

Weniger ist mehr: Mit jedem Einkauf steigen die Chancen für ungeplante Spontaneinkäufe. Wer zudem mit dem Auto einkauft, belastet die Umwelt unnötig oft. „Es ist ökologisch sinnvoller, mit dem Fahrrad zu fahren, als Bioprodukte zu kaufen“, sagt Beate Arman, Ernährungsreferentin beim Landfrauenverband.

Regionales und Saisonales: Was gerade vor der Tür wächst, verschlingt keine Transportkosten. Solche Produkte sind beim Bauernhofverkauf oder auf dem Markt oft günstiger als beim Discounter. „Damit es im Winter nicht nur Lauch und Karotten gibt, friert man etwa zur Bohnenzeit einen Vorrat für den Winter ein“, sagt Arman.

Das richtige Geschäft: Statt alle Läden nach günstigen Angeboten abzuklappern, können sich Verbraucher ihren persönlichen Warenkorb aus Produkten zusammenstellen, die sie häufig kaufen, und dann prüfen, welche Geschäfte diese günstig und in guter Qualität vorrätig hat.

Selbst kochen: Egal ob Tiefkühlkost, Konserven oder Instant-Produkte: Fertigprodukte sparen zwar Zeit, aber kein Geld, weil sich die Industrie Bearbeitung und Werbekampagnen bezahlen lässt.

Vorräte anlegen: „Für mich allein kochen lohnt sich nicht.“ Mit dieser Ausrede greifen vor allem Singles gern zur Fertignahrung. Reste lassen sich aber gut einfrieren – oder in einer neuen Mahlzeit wiederverwerten.

Energie sparen: Ein Viertel des Stroms verbrauchen wir für Kühlen, Gefrieren und Kochen. Deswegen: Kühlschrank und Tiefkühltruhe ausmisten. „Beim Kochen gehört ein Deckel auf den Topf, und der sollte nicht kleiner sein als die Platte“, sagt Angelika Schindel vom deutschen Hausfrauenbund. Wer die Temperatur rechtzeitig runterschaltet und die Restwärme nutzt, spart zusätzlich Energie. Und: Moderne Backöfen muss man nur noch für Backpulverteige vorheizen.