Türkei-Reisen liegen wieder im Trend – auch in Deutschland. Foto: dpa

Auf die Tourismuskrise in der Türkei folgt jetzt ein Rekord. Doch für manche Reisende ist der Urlaub in Erdogans Reich nicht ohne Risiko.

Ankara - Aufatmen in der türkischen Touristikindustrie: Die Branche hat sich von der schwersten Krise ihrer noch jungen Geschichte erholt. 2018 kamen mehr Urlauber als je zuvor in die Türkei, und in diesem Jahr könnte eine neue Bestmarke erreicht werden. Das Land lockt mit einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Aber ganz risikolos sind Türkei-Reisen nicht, darauf hat nun auch der Deutsche Journalisten-Verband hingewiesen.

Von Januar bis November 2018 kamen 37,5 Millionen ausländische Urlauber in die Türkei. Damit wurde der bisherige Rekord von 36,8 Millionen Gästen aus dem Jahr 2014 bereits in den ersten elf Monaten überboten. Der türkische Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy veranschlagt, dass im vergangenen Jahr erstmals die Marke von 40 Millionen Besuchern erreicht oder sogar übertroffen wurde. Das wäre ein Anstieg von rund 23 Prozent gegenüber 2017. Auch für dieses Jahr ist der Minister zuversichtlich: „Ich hoffe, dass wir das Ziel von 48 Millionen Touristen erreichen werden.“

Schwäche der Lira verbilligt den Urlaub

Die türkischen Hoteliers profitieren von der Schwäche der Lira, die im vergangenen Jahr gegenüber dem Euro etwa ein Drittel ihres Werts verloren hat. Das verbilligt den Türkei-Urlaub für Ausländer. Zu dem Rekord trugen auch die Deutschen bei, die das Land zuletzt gemieden hatten. Die Zahl der deutschen Urlauber stieg in den ersten elf Monaten um fast 26 Prozent auf 4,33 Millionen. Die größte Urlaubernation in der Türkei waren jedoch die Russen mit fast 5,9 Millionen Gästen.

Die Türkei ist ein relativ junges Reiseland. 1979 zählte man erstmals eine Million Gäste. Der Massentourismus begann erst Mitte der 1980er Jahre. Auf den Boom folgte 2015 ein jäher Absturz. In jenem Jahr verübte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mehrere schwere Anschläge mit Hunderten Toten. Mitte Januar 2016 sprengte sich ein IS-Terrorist vor der Blauen Moschee in Istanbul inmitten einer deutschen Reisegruppe in die Luft – zwölf Menschen starben. Insgesamt kamen 2016 mehr als 280 Menschen bei Terroranschlägen islamistischer und kurdischer Extremisten ums Leben. Hinzu kamen politische Turbulenzen. Der Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs über Syrien durch die türkische Luftwaffe führte zu Sanktionen Moskaus gegen die Türkei. 2016 ging die Zahl der russischen Touristen um fast 90 Prozent zurück.

Kritik kann zu Festnahmen führen

Der Putschversuch vom Juli 2016 und die Verhängung des Ausnahmezustandes verschreckten viele Urlauber. 2017 waren es die willkürlichen Festnahmen von rund 20 Bundesbürgern, darunter die Journalisten Deniz Yücel und Mesale Tolu sowie der Menschenrechtler Peter Steudtner, die viele Deutsche bewogen, das Urlaubsland Türkei zu meiden. Yücel, Steudtner und Tolu sind inzwischen zwar frei, aber fünf Deutsche sitzen weiter als politische Gefangene in türkischen Gefängnissen.

Das bewog jetzt den Deutschen Journalisten-Verband (DJV), zur Vorsicht bei Urlaubsreisen in die Türkei zu mahnen. Journalisten und Blogger sollten vor der Buchung überprüfen, ob sie sich in Artikeln oder sozialen Medien kritisch zur politischen Entwicklung geäußert haben. „Die schönsten Wochen des Jahres sollte niemand im Polizeigewahrsam verbringen“, meint der DJV-Vorsitzende Frank Überall.

Anlass der Warnung: Vergangene Woche wurde der Deutsche Adnan Sütcü bei der Einreise in Ankara festgenommen. Die türkischen Behörden werfen ihm vor, auf Facebook Sympathien für eine verbotene kurdische Organisation geäußert zu haben. Sütcü ist zwar wieder auf freiem Fuß, darf die Türkei aber nicht verlassen und soll vor Gericht gestellt werden. Auch das Auswärtige Amt warnt in seinen Türkei-Reisehinweisen, kritische Meinungsäußerungen könnten zu Festnahmen und Strafverfolgung ausländischer Staatsbürger in der Türkei führen.