Reiten ist eine schweißtreibende Sportart. Foto: Gottfried Stoppel

Reiten ist gemütlich? Von wegen! Es bringt Muskeln und Balance, trainiert Ausdauer und Motorik – Glückshormone inklusive.

Schwieberdingen - Der Kopf ist rot, das T-Shirt nass: Jetzt noch eine halbe Runde Galopp auf dem Reitplatz. Puh! Fast bleibt die Puste weg. „Denk an deine Bauchmuskeln. Spann sie an. Noch eine Parade am äußeren Zügel. Ja, genau so“, ruft Reitlehrerin Laura Friehs. Das Pferd wird langsamer. Willig nimmt die kleine Stute den Kopf etwas hinunter , wölbt den Rücken und lässt die Reiterin bequemer darauf sitzen. „Siehst du, so hast du sie besser dran“, erklärt die Reitlehrerin und lächelt zufrieden.

Es ist Mittwochabend. Die Hitze drückt. Sieben Reiterinnen ziehen ihre Runden auf dem Reitplatz in Schwieberdingen. Dort am Feldrand, in der Nähe der Industriebauten von Bosch und Co., weht wenigstens ein Lüftchen. Kurze Pause. Dann ist die nächste Übung dran: „Ihr könnt jetzt an geeigneter Stelle Schenkelweichen einbauen“, sagt die Reitlehrerin.

Schenkeldruck – und das Kreuz anspannen

Die fortgeschrittenen Reiterinnen wissen, was zu tun ist. Jetzt heißt es, dem Pferd mithilfe von Zügeln, Schenkeln und der Verlagerung des Reitergewichts zu vermitteln, dass es seitwärts gehen und dabei die Beine überkreuzen soll. Schritt für Schritt muss aus dem Pferd herausgekitzelt werden. Jetzt Zügel, jetzt Schenkel, nicht zu weit nach links sitzen. Rumpfmuskeln anspannen. Ein Norwegerwallach mag diese Übung gar nicht: „Verlang da nicht zu viel von Skardi, sonst wird er bockig“, warnt Laura Friehs.

Und weiter geht es im Trab. Ein leichter Schenkeldruck, Kreuz anspannen. Und los geht es im Kreis. Konzentriert sitzt Daniela Zimmermann auf ihrem Liebling Berta und trabt leicht. Bei jedem zweiten Schritt steht sie kurz in den Steigbügeln, dann setzt sie sich wieder zurück in den Sattel, muss dabei die Balance halten und die Zügel auch. „Ohne Reiten geht es nicht“, sagt die 35-Jährige mit einem freudigen Strahlen in den Augen.

Trotz Unfall wieder aufs Pferd gewagt

Obwohl Daniela Zimmermann vor 13 Jahren einen Reitunfall hatte, bei dem ihr Lendenwirbel zertrümmert war, hat sie sich nach Jahren wieder aufs Pferd gewagt. Ihre Leidenschaft fürs Reiten ist einfach zu groß. Inzwischen trägt sie immer eine Sicherheitsweste als Rückenpanzer. Und sie ist sich sicher: „Reiten ersetzt das Fitnessstudio, in das ich über zehn Jahre lang ging.“ Sagt’s und trabt weiter mit hüpfendem Pferdeschwanz – vorbei an Orissa, Heiner und Top Secret.

Den großen Fuchswallach, den alle Topsi nennen, hat sich zu dieser Reitstunde Julia Pokorny gesattelt. Die 31-Jährige ist leidenschaftliche Reiterin. Mehrmals die Woche kommt sie in den Reitstall Räuchle und bewegt auch noch vier Privatpferde regelmäßig. „Reiten ist für mich Arbeit an mir selbst, zielstrebig, aber geduldig Feinheiten verbessern“, sagt die Zahnärztin. Dann konzentriert sie sich wieder auf Top Secret und arbeitet mit ihrem ganzen Körper daran, dass er den Hals locker lässt – und dadurch auch seinen Rücken.

Reiten ist schweißtreibend

„Ihr könnt wieder die Galopparbeit dazunehmen“, ruft die Reitlehrerin über den Platz: „Und denkt auch an die Übergänge zum Trab.“ Schon fallen nach dem Kommando Topsi und Orissa in den Galopp. Die anderen gehen im Schritt und machen den schnellen Pferden Platz. Der Schweiß rinnt den Rücken hinunter, die Atemzüge werden schneller. Die Innenschenkel schmerzen. Jetzt noch eine Runde – dann ist das Glück perfekt.