Wer eine Reise wenige Tage vor Antritt absagen muss, hat oft mehr als 75 Prozent des Reisepreises zu zahlen. Foto: dpa

Die Stiftung Warentest hat 138 Reisepolicen von 15 Anbietern getestet. Wir erklären, welche Versicherung für welchen Urlauber geeignet ist und worauf beim Vertragsabschluss zu achten ist.

Stuttgart -

Wann lohnt sich eine Reiserücktrittspolice?
Für einen Städtetrip innerhalb Europas lohnt sich eine Reiserücktrittsversicherung nicht. Die Policen sind nur bei teuren, sehr früh gebuchten Reisen sinnvoll. Denn je nachdem, wie spät man den Urlaub storniert, bleibt man ohne Versicherung auf einem großen Teil der Kosten sitzen. Wer zum Beispiel eine Pauschalreise nach Utah, USA, für 2000 Euro gebucht hat und erst fünf Tage vor Abreise absagt, zahlt meist noch zwischen 1500 und 1600 Euro. „Nach der Buchung sollte man deshalb nicht allzu lange mit dem Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung warten“, erklärt Birgit Brümmel von der Stiftung Warentest.
Woran erkennt man einen guten Vertrag?
Der gewählte Schutz sollte nicht nur die Stornokosten übernehmen, sondern auch bei einem Reiseabbruch einspringen. Denn auch dieser kann sehr teuer werden. Die Stiftung Warentest rät daher zu einem Kombipaket aus Rücktritts- und Abbruchpolice. Sinnvoll ist ein Tarif ohne Selbstbeteiligung, da diese häufig 20 Prozent der Stornokosten beträgt. Zudem sollte der Schutz nicht nur bei Krankheit, Unfall, Tod greifen: Auch Schwangerschaft, Arbeitsplatzverlust oder -wechsel sowie Schäden am Eigentum wie ein Wohnungsbrand sollten versichert sein. Bei welchen Ereignissen der Versicherer zahlt, steht im Kleingedruckten.
Zahlen die Anbieter auch, wenn man aufgrund eines Terroranschlags nicht verreist oder vorzeitig wieder abreist?
Die Aachen Münchener, die Europ Assistance und – bei Reisebuchungen bis Ende März 2018 – auch die URV zahlen inzwischen bei einem Rücktritt nach einem Terroranschlag am Urlaubsort. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Anschlag kurz vor Reisebeginn und in der Nähe des Ziels stattgefunden hat. Lag bei der Buchung schon eine Reisewarnung vom Auswärtigen Amt vor, ist der Anspruch ausgeschlossen. Findet ein Anschlag während der Urlaubs statt, zahlt auch die Police des ADAC.
Welcher Vertrag ist für wen sinnvoll?
Bei mehreren Reisen im Jahr lohnt sich ein Jahresvertrag. Bei Reisen ab rund 3000 Euro ist diese Police den Warentestern zufolge oft sogar günstiger als ein Vertrag für nur eine Reise. Hat man allerdings nicht vor, auch im Folgejahr wieder eine teure Reise zu unternehmen, sollte man die Kündigungsfristen nicht vergessen. Wichtig zu wissen ist auch, dass die Reise nur versichert ist, wenn sie vollständig im versicherten Zeitraum liegt. Wer also Silvester in New York verbringt, sollte den Schutz nicht vorzeitig auflösen. Für Familien lohnt sich häufig der Abschluss eines Familienjahresvertrags. Damit sind einzelne Familienmitglieder auch dann versichert, wenn sie alleine reisen. Kunden sollten darauf achten, dass im Tarif auch volljährige Kinder versichert sind, die unterhaltsberechtigt oder in Ausbildung sind.
Was ist vor dem Abschluss zu beachten?
Für Streit sorgt regelmäßig eine beliebte Klausel der Versicherer: In den Bedingungen steht oft geschrieben, dass der Anbieter im Krankheitsfall nur bei einer „unerwartet schweren Erkrankung“ zahlt. Was das für den Einzelfall bedeutet, ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. So kann eine Nasennebenhöhlenentzündung womöglich kein Grund für die Absage eines Strandurlaubs sein, für die einer Tauchreise aber schon. Insbesondere für chronisch kranke Menschen stellt die Klausel oft ein Problem dar, da sie nachweisen müssen, dass der Krankheitsfall, wegen dem sie die Reise nicht antreten können, nicht durch eine Vorerkrankung bedingt gewesen ist. Um Streit zu vermeiden, sollte der Kunde mit dem Versicherer im Vorfeld besprechen, inwieweit seine Vorerkrankungen vom Schutz abgedeckt sind. „Bei einer Dauer- oder akuten Erkrankung kann es sinnvoll sein, einen Arzt nach der Reisefähigkeit und den aktuellen Gesundheitszustand zu fragen – und dies attestieren zu lassen“, empfiehlt Günter Hirsch, der als Ombudsmann bei Streitigkeiten zwischen Versicherungsunternehmen und Kunden vermittelt.
Welche Tarife haben gut abgeschnitten?
In der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift Finanztest, die an diesem Mittwoch erscheint, hat die Stiftung Warentest 138 Tarife von 15 Versicherern verglichen. Als Testsieger ging die Würzburger (TravelSecure) hervor – und zwar in allen vier Vertragsvarianten: für Singles oder Familien, bei Einzel- und bei Jahresverträgen. Alle Verträge schnitten mit der Note 1,6 ab. „Bei der Würzburger bekommt der Versicherte bei einem Reiseabbruch in der ersten Urlaubshälfte zum Beispiel den vollständigen Reisepreis zurück“, sagt Birgit Brümmel. Ebenfalls gut bewertet wurden die Policen von Europ Assistance und Signal Iduna. Die Warentester empfanden aber keinen Versicherer als „sehr gut“. „Das Qualitätsurteil setzt sich aus sehr vielen Kleinigkeiten zusammen“, erklärt Birgit Brümmel das Testverfahren. „Bei den meisten Anbietern lag es tatsächlich an der Klausel der unerwartet schweren Krankheit, dass sie die Höchstnote nicht erreicht haben: Sie erschwert es, den Versicherungsfall nachzuweisen.“
Von welcher Police wurde abgeraten?
Die Note mangelhaft erhielten die Jahresverträge für Familien der Safety Card/Adler. „Der Reiseabbruchschutz ist sehr lückenhaft“, sagt die Warentesterin Brümmel. „Der Versicherer übernimmt zum Beispiel keine Mehrkosten, wenn der Aufenthalt am Urlaubsort verlängert werden muss, zum Beispiel wegen einer Krankheit.“
Wie gut sind die Policen von Kreditkarten?
Bei manchen Kreditinstituten sind Karteninhaber über ihre Kreditkarte versichert. Doch oft werden die Kosten nur erstattet, wenn der Versicherte den gesamten Reisepreis mit der Karte bezahlt hat, warnt die Stiftung Warentest. Überprüfen sollte der Inhaber auch, wer über die Karte versichert ist – und ob diese Personen auch als Alleinreisende geschützt sind.