Flucht vor Hunger, Not und Verfolgung: Ein Flüchtlingslager in Niger Foto: dpa

Auf ihrer Reise nach Senegal, Ghana und Nigeria verfolgt die Kanzlerin die Devise: gutes Leben vor Ort, weniger Flüchtlinge. Und das aus gutem Grund. Rund 40 Prozent der Bevölkerung spielt laut Umfragen mit dem Gedanken, sich auf den mörderischen Weg nach Europa zu machen.

Berlin - An diesem Mittwoch wird Kanzlerin Angela Merkel auf einer Reise nach Westafrika Deutschland zwar für zwei Tage weit hinter sich lassen. Aber viele Probleme bleiben dabei ganz nah. Senegal, Ghana und Nigeria stattet die Kanzlerin einen Besuch ab. Und natürlich wird es dabei nicht nur, wie es das Programm auf den ersten Blick suggeriert, um Handel und gute Geschäfte gehen. Das Thema Migration wird mindestens ebenso im Fokus der Gespräche stehen, denn Umfragen legen den Schluss nahe, dass rund 40 Prozent der dortigen Bevölkerung ernsthaft mit dem Gedanken spielt, sich auf einen mörderischen Weg durch die Sahara und übers Mittelmeer nach Europa zu machen. Und das, obwohl sie nur in seltenen Fällen einen Anspruch auf Asyl geltend machen können.

Einer von vielen Ansätzen, sie von der Flucht abzuhalten, ist verstärkte wirtschaftspolitische Zusammenarbeit. Ein besseres Leben soll Fluchtfantasien gar nicht aufkommen lassen. Außerdem ist bei allen Kontakten auch die Sicherheitslage, der Kampf gegen Terrorgruppen wie Al Qaida, Boko Haram oder den westafrikanischen Ausleger des Islamischen Staates, ein Thema.

Senegal, Ghana und Nigeria sind für Merkel von besonderem Interesse. Zum einen bemühen sie sich im westafrikanischen Staatenbündnis Ecowas um Stabilität in der Region. Zum anderen sind die drei Demokratien vergleichsweise stark an rechtsstaatlichen Standards interessiert, was private Investoren zu schätzen wissen.

Das Bevölkerungswachstum droht Wohlstandsgewinne aufzufressen

Der Migrationsdruck wird sich allerdings durch wirtschaftlichen Aufschwung allein nicht so schnell mildern lassen. Zu groß wird auf lange Sicht das Wohlstandsgefälle bleiben. Außerdem droht das Bevölkerungswachstum Wohlstandsgewinne aufzufressen. Ein wichtiger Punkt, der wiederum das Interesse dieser Länder dämpft, in Deutschland abgelehnte Flüchtlinge zurückzunehmen, sind die Rücküberweisungen der Migranten in ihrer Heimat. Diese sind mittlerweile teilweise höher als die westliche Entwicklungshilfe.

Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, begrüßt zwar die Reise. Aber „schöne Worte allein“ reichten nicht aus. Zu einer Partnerschaft auf Augenhöhe gehörten „faire Handelbeziehungen, um den afrikanischen Staaten eine wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen, die den Menschen vor Ort eine Zukunftsperspektive bietet und damit den Migrationsdruck reduziert“, sagte Schmid unserer Zeitung.

Ottmar von Holtz, der Grünen-Obmann im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kritisiert den Schwerpunkt der Reise. Einmal mehr stehe „der Fokus auf Migration, Fluchtabwehr und Rückführungsabkommen“, sagte er. Die Bundesregierung solle stattdessen die Länder „beim Klimaschutz unterstützen, für gerechte Handelsbeziehungen eintreten und mit zivilen Mitteln Krisen verhindern.“