Wolfgang Wolf auf dem Flughafen Stuttgart: Noch einmal wird er mit Eurowings fliegen – das Ticket für den zweiten Flug ist ja auch schon lang gekauft. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Wolfgang Wolf ist ein neuseeländischer Tourist mit Wurzeln im Raum Stuttgart – und hat auf einem Flug mit Eurowings schlechte Erfahrungen gemacht. Die Airline entschuldigt sich und räumt „ungünstige Umstände“ ein.

Stuttgart - Wolfgang Wolf (67) ist einiges gewöhnt – als Vielreisender, der wegen Gleichgewichtsstörungen und Muskelschwäche stark auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sein jüngster Flug mit Eurowings von Berlin nach Stuttgart ärgerte ihn aber ganz besonders. Da sei er als Behinderter diskriminiert worden. Zudem musste er lernen, dass man von Airlines nicht nur ein „Upgrading“, die Aufwertung von Sitzplatz und Service, bekommen kann, sondern auch ein Downgrading.

Der Kummer hatte gleich in Berlin-Tegel begonnen. Dort sei er zehn bis 15 Minuten nach den anderen Passagieren an Bord gebracht worden, nicht vorher, sagt Wolf. „Sie können sich vielleicht vorstellen, wie das ist, wenn etwa 200 Menschen in der Maschine auf Sie warten und auf Sie starren.“ In dem Airbus 319 habe man ihn dann zu einem Fenstersitz in der Economyclass gerollt, obwohl er immer einen Sitz in der Businessclass und am Gang buche. So wolle er sich und anderen Fluggästen größere Umstände ersparen. Niemand habe ihm die Situation erklärt, keiner sich entschuldigt. „Ich wurde wie ein Stück Gepäck behandelt“, klagt Wolf. Man habe wohl geglaubt, mit einem „Krüppel“ könne man das machen. Der beschwere sich nicht.

Nur mit knapper Not überlebt er Schlaganfall

Wolf allerdings ist es gewohnt, sich mit seinen Lebensumständen auseinanderzusetzen. 1990 erlitt er einen Schlaganfall. Er überlebte mit knapper Not. Dann verbesserte sich sein Zustand auf fast wundersame Weise. Seither assistiert der Kommunikationsexperte und frühere Agenturchef in Neuseeland Leidensgenossen und ihren Angehörigen. Als „Stroke Mentor“ gibt er im Internet Tipps zum Weiterleben und für den Alltag. Mit der Initiative Computers against isolation, mit Spendencomputern, ermöglicht er es Behinderten zudem, sich mit anderen zu vernetzen.

Geboren wurde Wolf bei Leipzig. Mit dem Baby verließen die Eltern die DDR. In Stammheim und Giebel wuchs der Bub auf. Wolfs letzter Wohnsitz in Deutschland vor der Auswanderung im Jahr 1980 war Gerlingen. Und in dieses Umfeld kehrte er nun zurück, um wieder mal Freunde zu sehen – und die Tante, die den 95. Geburtstag feierte.

Airline lässt erst andere Passagiere einsteigen

Nach dem Flugerlebnis suchte er Hilfe bei unserer Zeitung, die wiederum Eurowings um Prüfung bat. Danach gab die Presseabteilung der Airline zu: „Bei dem Flug kam es leider zu einer Verkettung ungünstiger Umstände.“ Kurzfristig musste man die Maschine auswechseln, statt einer A320 eine A319 einsetzen. Als das Boarding beginnen sollte, sei der Betreuungsservice für Rollstuhlfahrer noch nicht am Gate gewesen. Da habe man trotzdem angefangen. Schließlich sollte auch Wolf in die Maschine. „Als der Fluggast an Bord eintraf, wurde er auf einen geeigneten Rollstuhl für die Kabine umgesetzt, da sein normaler Rollstuhl dafür nicht geeignet war“, schildert die Pressestelle.

Warum er weiter nach hinten und zu einem Fensterplatz musste? Nun, nach den Vorgaben des Luftfahrt-Bundesamtes dürften Passagiere mit Mobilitätseinschränkung nicht am Gang sitzen, im Airbus 319 auch nicht in den Reihen 3 und 4, weil es hier eine Trennvorrichtung zwischen den Kabinensektoren gibt und sie den Service erschwere. Weiter vorne sei kein Platz mehr frei gewesen. Kurzum: „In dem Fall ist leider ein Fehler beim Einchecken passiert.“ Den habe die Crew korrigiert, den Gast umgesetzt. Dass sich Wolfgang Wolf in seiner Lage unwohl fühlte, sei den Kollegen nicht bewusst gewesen. Man entschuldige sich und werde den Vorfall intern aufarbeiten. Nach Wolfs Einschätzung ist das aber nur die halbe Wahrheit: „Die Maschine war voll, ich glaube, sie war überbucht“, sagte er.

Die Reise geht weiter nach Hamburg und New York

Vergangenen Sonntag reiste Wolf weiter. Wieder mit Eurowings, das Ticket war ja auch längst gebucht. Er flog nach Hamburg, wo er sich am 17. August einschiffen und nach New York starten will. Das ist eine weitere Station auf seiner rund viermonatigen Tour. Gut möglich, dass man danach im Internet einiges über seine Erfahrungen lesen kann.