Im dritten Jahr pflanzen die 49-Jährige und ihr Mann Frank-Peter Bahnmüller das teuerste Gewürz der Welt an – durchaus mit Erfolg. Foto: Horst Haas

Vom Feld in die Küche – in diesem Jahr ernten wir jeden Monat, was im Land gerade wächst. Heute: Safran. Frank-Peter Bahnmüller bringt die steinigen Äcker auf der Schwäbischen Alb mit dieser Blume zum Leuchten. Am Anfang war es nur ein Versuch, mittlerweile läuft der Safrananbau auf der Alb.

Schwäbische Alb - Manchmal hat Susanne Eisler einfach genug. „Hört das denn nie auf?“, fragt sie sich dann. Aber dann bückt und pflückt und zupft sie doch weiter und weiter und weiter auf den drei Safranfeldern bei Sonnenbühl (Landkreis Reutlingen) auf der Schwäbischen Alb. Im dritten Jahr pflanzen die 49-Jährige und ihr Mann Frank-Peter Bahnmüller dort das teuerste Gewürz der Welt an – durchaus mit Erfolg. Schon die Ernte 2017 war gut. In diesem Jahr könnte das Ergebnis noch besser ausfallen.

Der Safran-Pionier freut sich diebisch über die überraschte Reaktion seiner Besucherin. Wir hatten damit gerechnet, auf einen Bauernhof zu kommen. Stattdessen empfangen uns Frank-Peter Bahnmüller und seine Frau in dem Mehrfamilienhaus, in dem der Teamleiter bei der Arbeitsagentur und seine Frau, die in einem Autohaus arbeitet, leben und nebenbei ihre Safran-Produktion betreiben.

Safran wird vor allem im Iran angebaut

Vor der Wohnungstür der beiden steht an diesem Morgen schon ein Wäschekorb voller lila Blüten: etwa 4500 Stück. Dafür haben sich vier Leute drei, vier Stunden gebückt und gepflückt. Zwei bis vier Griffel hat jede Blüte. Jeder dieser süßlich-aromatischen Fäden wird einzeln herausgezupft. Danach zwickt man den gelben, unteren Teil des Fadens, das sogenannten Heu, ab. Anschließend wird die Ausbeute bei 45 Grad für drei bis vier Stunden getrocknet und so haltbar gemacht. Dann muss das Gewürz noch reifen. Am Ende dieses Prozederes bleiben von einem Wäschekorb voller Blüten etwa 20 Gramm Safran übrig: rotes Gold von der Schwäbischen Alb.

Safran wird vor allem im Iran angebaut; 90 Prozent der Welternte kommen von dort. In Europa gilt Spanien als Hauptanbaugebiet, aber auch in Deutschland gibt es mittlerweile einige wenige Safranerien: in Sachsen etwa, in der Pfalz, im bayrischen Feuchtwangen – und eben auf den steinigen Äckern der Schwäbischen Alb. Dort fühlt sich der Crocus sativus richtig wohl. Das Schwertliliengewächs „mag karge Böden“, sagt Bahnmüller. Ob Safran auch das Mittelgebirgsklima verträgt, war für den 56-Jährigen vor drei Jahren die große Frage. „Wir haben es einfach getestet.“ Und der Test hat geklappt.

Safran verträgt keine Kälte

Das teure Gewürz „hat mich schon immer fasziniert“, sagt Bahnmüller. Gemeinsam mit seiner Frau hat er sich vor einigen Jahren im Hamburger Gewürzmuseum eine Safranausstellung angeschaut. Beim Wandern im schweizerischen Wallis kamen die Eheleute schließlich auf 1200 Meter Höhe an einem Safranfeld vorbei und erfuhren, dass das Gewürz dort seit mehr als 150 Jahren kultiviert wird. Wenn Safran dort wächst, sagte sich Bahnmüller, „dann muss das auch auf der Alb gehen“.

Sein Vorhaben „war eher von Skepsis begleitet“, erzählt er schmunzelnd und schaut seine Frau an. Susanne Eisler lacht: „Er hat auch nicht verraten, was er alles vor hat.“ Ein Schwabe schwätzt halt nicht viel, er macht. Zum Haupterwerb habe er den Safrananbau nie betreiben wollen, sagt Bahnmüller: Das ist ihm zu riskant. Denn Safran hat es zwar gern karstig, er verträgt aber keine Kälte. „Bei einem frühen Wintereinbruch im Oktober ist die ganze Ernte futsch.“ Aber wenn er schon Geld investiere, auch da ist der experimentierfreudige Sonnenbühler ganz Schwabe, dann soll doch auch ein bisschen was dabei rausspringen.

Die Blüten tauchen die Alb in ein tiefes Lila

Bahnmüller hat deshalb nicht gekleckert. Aus Österreich, Frankreich und Holland beschaffte er sich gut 18 000 Safranknollen zu etwa je 20 Cent das Stück und steckte sie in die Erde. Die Knollen wuchsen an – und im Oktober tauchten die Blüten die ehemaligen Krautländer auf der Alb in ein tiefes Lila. „Das sieht megaschön aus“, schwärmt Susanne Eisler. Und ist megaaufwendig, schließlich ist alles Handarbeit. Deshalb gilt Safran, gefolgt von Vanille, auch als das teuerste Gewürz der Welt.

Der Preis schwankt, zwischen 8000 und 10 000 Euro je Kilogramm wird Safran verkauft, je nach Qualität. Dabei wird jede Menge Schmu getrieben: Das Heu wird nicht entfernt oder der gemahlene Safran mit Paprika- oder Chilipulver gestreckt. Frank-Peter Bahnmüller verlangt acht Euro für 0,1 Gramm. Einen Stammkunden hat er in seinem Heimatort: Gerd Windhösel. „Wenn sich jemand die Mühe macht, auf der Alb Safran anzubauen, dann ist das kein Hallodri“, sagt der Sternekoch und Chef des Restaurants Hirsch in Sonnenbühl-Erpfingen. „Dann macht er ein ehrliches Produkt.“ Vor mehr als 20 Jahren hat sich Windhösel seinen Michelin-Stern erkocht und ihn seitdem verteidigt.

Der Schwabe pflegt die regionale Küche

Aufgewachsen auf der Reutlinger Alb, predigt und pflegt Windhösel die regionale Küche. Er sei der Qualität verpflichtet, sagt der Koch. „Und wenn ein gutes Produkt direkt vor der Haustüre wächst, dann verwende ich das auch.“ Er schätzt Safran für seinen eigenständigen Geschmack, der trotzdem anpassungsfähig sei – und nicht alles um sich herum erschlage, wie etwa Knoblauch. Der Albsafran, sagt Gerd Windhösel, sei vergleichsweise aromatisch und farbintensiv.

Arbeitsintensiv ist er auf alle Fälle. Unterm Jahr versucht Bahnmüller, das Unkraut einzudämmen. Gespritzt wird nicht, nur gedüngt – mit Pferdemist. Im Oktober strecken die lilafarbenen Blüten ihre Fühler aus. Etwa sechs Wochen lang entfalten sie ihre Farbpracht. In dieser Zeit müssen die Blüten täglich gezupft werden, am besten morgens, wenn sie geschlossen sind.

Der Safran wandert in diverse Spezialitäten

In diesen Erntewochen müssen alle mit ran, Familie und Freunde. Im vergangenen Jahr heiratete der Sohn, im Oktober. Die Flitterwochen verbrachten der 27-Jährige und seine Angetraute bei sportlicher Betätigung an der frischen Luft. Bei der Safranernte. Sein ehemaliges Kinderzimmer ist zum Lager umfunktioniert. Am Esstisch zupfen Susanne Eisele und Frank-Peter Bahnmüller im Herbst abends die Fäden aus den Blüten. Auf dem Sofa werden, nebenher und ganzjährig, die Etiketten vorbereitet für die verschiedenen Produkte, die das Paar aus seinem Safran herstellt und vor allem über das Internet vertreibt. In der Küche werden die Salze gemischt, der Essig und das Öl angesetzt und abgefüllt. Und es wird ständig mit Safran experimentiert.

Susanne Eisele etwa schwört auf Apfelmus mit Safran. Frank-Peter Bahnmüller fertigt derweil Schokopralinen mit Safran, die das Paar ebenfalls auf Märkten und im Internet anbietet; dafür hat er eigens einen Kurs belegt. Noch mehr machen wollen die beiden aber nicht – das Hobby hat sich schon beträchtlich ausgewachsen.