Ein Bestattungswagen bringt in Madrid Verstorbene in eine umfunktionierte Eishalle. Foto: dpa/Joaquin Corchero

Die Zahl der Corona-Toten hält sich in Deutschland in Grenzen. Doch die Behörden und Krankenhäuser bauen vor, falls sich die Lage verschlechtert – und kümmern sich um Kühlmöglichkeiten und Leichensäcke.

Stuttgart - Es ist ein Thema, über das niemand gerne spricht. Und bisher zum Glück auch eines, das Deutschland kaum betrifft. Zwar steigt hierzulande die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen weiter, doch sind die Krankenhäuser an den meisten Orten noch nicht überfordert. Die Zahl der Todesfälle liegt im überschaubaren Bereich, sie ist viel niedriger als beispielsweise in Italien oder Spanien. Alle hoffen, dass das so bleibt. Doch was wäre, wenn?

In Madrid musste vor wenigen Tagen eine Eishalle zum Aufbahrungsort umfunktioniert werden. Kliniken und Bestattungsdienste kommen mit den vielen Verstorbenen nicht mehr klar. Sowohl in Spanien als auch in Italien ist an den Virus-Brennpunkten längst das Militär im Dauereinsatz – unter anderem, um Leichen abzutransportieren und Kühlmöglichkeiten zu finden, bis die Menschen beigesetzt werden können.

Von solchen Schreckensszenarien ist Baden-Württemberg weit entfernt – und doch müssen die Verantwortlichen sie im Hinterkopf behalten. Und für den Extremfall gerüstet sein. „Es gibt Planspiele. Wir haben eine dynamische Lage und bereiten uns auf alle Eventualitäten vor“, heißt es im Sozialministerium zurückhaltend. Das Vorgehen sei bisher den Kreisen überlassen.

Kühlcontainer für den Ernstfall

Nach allem, was man aus der Region Stuttgart hört, sind die Kreise zum Teil schon deutlich weiter. Im Landkreis Göppingen beispielsweise ist in Fachkreisen die Rede davon, es seien vier Kühlcontainer und Leichensäcke im vierstelligen Bereich bestellt worden.

„Auch wir als Alb-Fils-Kliniken müssen uns angesichts der aktuellen Entwicklung der Coronakrise in allen Bereichen auf einen erhöhten Bedarf vorbereiten“, sagt Sprecherin Ulrike Fischer. Das betreffe auch die Bereiche Kühlungskapazitäten und Leichensäcke. Es gehe jedoch nur um eine Bevorratung für den unwahrscheinlichen Extremfall: „Panik ist fehl am Platz. Von italienischen Verhältnissen sind wir weit entfernt.“

Ähnliche Signale kommen aus den meisten anderen Landkreisen. „Wir stellen uns im Rems-Murr-Kreis bereits seit mehreren Wochen auf steigende Fallzahlen im Zusammenhang mit dem Coronavirus ein“, sagt Sprecherin Martina Keck. Dazu gehöre neben der Erhöhung der Beatmungsplätze in den Rems-Murr-Kliniken auch eine Abstimmung mit den Bestattungsunternehmen, um für einen steigenden Bedarf gewappnet zu sein. Der Landkreis Böblingen hat eine Empfehlung an den Klinikverbund Südwest und die Kreiskommunen gegeben mit der Bitte um Weiterleitung an Bestatter und Arztpraxen. Inhalt ist ein Leitfaden zum Umgang mit am Coronavirus Verstorbenen. Darüber hinaus stellt man sich auch dort auf ein „hoffentlich nicht eintretendes Szenario ein, dass zentral für Kühl- und Lagerungsmöglichkeiten gesorgt werden muss“. Entsprechende Vorkehrungen seien getroffen.

Engpässe drohen bereits

In Esslingen und Stuttgart drückt man sich zurückhaltender aus. „Die Sterberate in Stuttgart ist bislang gering, auch geringer als in anderen Landkreisen. Auch wenn wir unterstellen, dass die Zahl der Verstorbenen anwächst, ist das Garten-, Friedhofs- und Forstamt ausgestattet, mit dieser Situation umzugehen“, sagt etwa der Stuttgarter Rathaussprecher Sven Matis.

Am Horizont zeichnet sich aber bereits ein weiterer trauriger Engpass ab. Man sei für das Schlimmste gewappnet, heißt es aus dem Landratsamt Ludwigsburg. „Momentan reichen die Möglichkeiten am Klinikum noch. Sollte dies nicht mehr der Fall sein, sind wir darauf vorbereitet“, versichert Sprecher Andreas Fritz . Was Leichensäcke angehe, so sei es jedoch „zurzeit schwierig, welche zu bekommen, aber wir bemühen uns darum“. Bleibt zu hoffen, dass die Behörden dieses spezielle Material nicht brauchen werden.