Markus Söder im Landtag; hinter ihm ein Teil der Regierungsbank Foto: dpa

In seiner ersten Regierungserklärung nach der Landtagswahl zieht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) neue Horizonte auf. Die Schattenseiten der viele Millionen Euro schweren „bayerischen Menschlichkeit“ bleiben unerwähnt.

München - Fünf Wochen nach der Vereidigung als bayerischer Ministerpräsident setzt Markus Söder (CSU) seine Horizonte weiter als gedacht. Seine erste „große“ Auslandsreise soll ihn nicht zu den geografischen und politischen Nachbarn in Österreich und Ungarn führen, sondern nach Afrika. So hat Söder es in seiner ersten Regierungserklärung am Dienstag vor dem bayerischen Landtag angekündigt. Migrationspolitik, sagte er, sei eine internationale Herausforderung und „die Bekämpfung der Fluchtursachen vor Ort eine gemeinsame Aufgabe.“ Deshalb werde er 2019 zuerst nach Afrika fahren. Details nannte Söder nicht.

In seiner genau einstündigen Rede beschränkte sich Söder ansonsten darauf, die Inhalte aus dem Koalitionsvertrag mit den Freien Wählern (FW) wiederzugeben. Die bereits vor der Landtagswahl im Oktober ausgeschütteten Millionen von Euro bezeichnete er als großen Erfolg. So hätten inzwischen 300.000 Personen das neue Landespflegegeld in Höhe von 1000 Euro pro Jahr beantragt: „Diese Form von Menschlichkeit gibt es in keinem anderen Bundesland.“ Auf die Schattenseiten der damals im Hauruckverfahren beschlossenen Zuwendungen ging Söder nicht ein. Er sagte zwar, das neue bayerische Familiengeld von monatlich 250 Euro für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr sei „seit September schon für 250.000 Kinder ausbezahlt“ worden. Dass ausgerechnet die Bedürftigsten, die Bezieher von Hartz IV, nach wie vor auf dieses Geld verzichten müssen, erwähnte Söder nicht. Das Bundesfamilien- und -sozialministerium betrachtet die bayerischen Zahlungen als Beitrag zur Existenzsicherung und rechnet sie auf die Sozialleistungen an. Eine Einigung in diesem Rechtsstreit ist nicht in Sicht; Söder kündigte auch keinen Ausweg an.

Klimaschutz als Verfassungsziel

Während die Grünen in ihrer Antwort auf Söders Rede vor allem ökologische Fehlstellen bemängelten und „Angst vor Veränderungen“ kritisierten, bezeichnete SPD-Fraktionschef Horst Arnold die Ankündigungen der neuen schwarz-orangen Koalition als „Weihnachtspäckchen ohne Inhalt“: „Nullkommanull Substanz.“ Katrin Ebner-Steiner als Fraktionschefin der AfD nahm sich insbesondere die Zustimmung der CSU zum Migrationspakt der Vereinten Nationen vor. Dieser erzeuge „eine neue Herrschaft des Unrechts“, den Preis zahle „unser schönes Bayern, das in eine multiethnische Besiedlungszone umgewandelt werden soll.“

Gemäß dem Koalitionsvertrag kündigte Söder an, Bayern werde den Klimaschutz in die Landesverfassung aufnehmen. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Bayern, der derzeit bei 45 Prozent liege, solle bis 2025 „auf mindestens 70 Prozent“ erhöht werden. Kohle habe keine Zukunft, sagte Söder, der bei den finanziellen Ausgleichsplänen der nationalen Kohlekommission – 60 Milliarden Euro an Deutschlands Ex-Kohleregionen – den Süden benachteiligt sah: „Auch Bayern und Baden-Württemberg brauchen eine nachhaltige energiepolitische Perspektive.“

Zu den drohenden Fahrverboten für Diesel-Autos sagte Söder im einzelnen nichts; er kündigte nur an: „Der klimafreundliche Diesel hat für uns auch weiterhin Zukunft.“ Bayern sei aber „nicht nur Autoland, sondern auch Elektroautoland.“ Als Ziel für das Jahr 2030 gab Söder an, „dass 70 Prozent der neu zugelassenen Autos elektrisch fahren.“ Für den Öffentlichen Nahverkehr denkt die neue Koalition über ein „365-Euro-Ticket“ nach; dies wäre, so Söder, „der Quantensprung in den Ballungsräumen.“

Immer weniger Flüchtlinge

Um den Fachkräftemangel in der Wirtschaft zu mildern, will die Koalition im Lauf der nun begonnenen, fünfjährigen Legislaturperiode „250.000 zusätzliche Arbeitskräfte mobilisieren“, auch durch gezielte Anwerbung im Ausland.

Währenddessen geht die Zahl der Flüchtlinge in Bayern massiv zurück. Gab es – laut Söder – 2016 noch 82.000 Asylanträge, werden es dieses Jahr nur 22.000 sein, und etwa 15.000 Asylbewerber werden entweder freiwillig oder durch Zwang den Freistaat wieder verlassen haben. „Migranten, die sich gut bei uns einfügen, sind ein fester Bestandteil unseres Landes“, sagte Söder. Er bilanzierte auch, dass ein eigentlich bis Ende 2019 laufendes Projekt bereits seit neun Monaten übertroffen sei: Statt 60.000 Flüchtlingen, wie mit der bayerischen Wirtschaft vereinbart, hätten schon 80.000 eine Stelle.

Länderübergreifend will Bayern künftig mit Nordrhein-Westfalen eine „Zukunftskommission zur Digitalisierung“ einrichten; damit setzten die beiden bevölkerungsreichsten Bundesländer bundesweit Impulse, sagte Söder. Mit Baden-Württemberg will Söder „die Südschiene wiederbeleben“, um eine „Föderalismusinitiative“ zu starten. Sie nimmt ihren Ausgang beim (von den Ländern abgelehnten) Bundes-Digitalpakt für die Schulen und soll „die Rolle der Länder, der Landesparlamente und des Bundesrats stärken“.