Michael Müller, der neue Regierende Bürgermeister der Hauptstadt, ist ein solider Arbeiter mit Glamour-Faktor Foto: dpa

Jetzt ist mal gut so. Klaus Wowereit ist nicht mehr Regierender Bürgermeister von Berlin. Sein Nachfolger Michael Müller bringt einen neuen Stil mit. Die Probleme bleiben.

Berlin - Vielleicht wird es jetzt etwas ruhiger in und um Berlin. Klaus Wowereit, diese unschlagbare Mischung aus Partybär, Marketingchef und Machtkünstler ist nicht mehr Regierender Bürgermeister. Sein Nachfolger, der 50-jährige Michael Müller, ist ein Weggefährte Wowereits, hat ihm jahrelang als Fraktionschef parlamentarisch den Rücken frei gehalten. Er steht ihm in der intimen Kenntnis der Innenausstattung der Macht in nichts nach. In einem aber ganz gewiss. Müller: Das ist Fleiß, Wissen, Solidität – aber mit Glamourfaktor null.

Vielleicht ist das auch gut so, um es mit Wowereit zu sagen. Denn dieser hat der Hauptstadt international einen glänzenden Ruf hinterlassen, aber auch jede Menge ungelöster Probleme und Aufgaben. Die muss Müller nun anpacken. Manche kennt der Neue ganz genau, denn die nimmt er sozusagen mit, war Müller doch zuletzt Senator für Stadtentwicklung. Also weiß er, dass die Bauarbeiten an der U5, dem Lückenschluss zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor – ohnehin ein ziemlich überflüssiges Projekt – 50 Millionen Euro teurer werden sollen, weil der Tunnelbau im märkischen Sand eine heikle Sache ist.

Es explodieren aber auch die Renovierungskosten der Staatsoper Unter den Linden. Immerhin, diese Vorhaben werden irgendwann einmal fertig werden. Beim Berliner Flughafen BER ist das gar nicht mehr so sicher. Es ist die größte Pleite des scheidenden Regierenden, eine Schande für Hauptstadt. Müller muss entscheiden, ob er den Vorsitz im Aufsichtsrat übernimmt. Man munkelt, dass die Tage des Flughafenchefs Hartmut Mehdorn gezählt sind. Spekulationen über Personalien gibt es viele, ein zuverlässiges Eröffnungsdatum nicht. Es wird heftig diskutiert, ob man das Jahr 2018 als Zielpunkt ausgeben soll – oder ob selbst das noch zu riskant ist.

Im Rahmen „normaler“ Regierungspolitik abseits von Krisenmanagement hat Müller seinen Schwerpunkt längst klar formuliert. Er will sich um bezahlbaren Wohnraum für alle Bürger kümmern. Naheliegend für eine Stadt, die jährlich um 40000 Menschen wächst, aber 2014 nur 14466 Wohnungen neu genehmigt hat. Die Mieten steigen rasch, in den interessanten Vierteln schreitet die Umwandlung von Mietwohnraum in Eigentum rasch voran. Das verändert die Sozialstruktur. Das Gegensteuern ist nicht so einfach, nachdem Berlin unter Wowereit die größte kommunale Wohnungsbau-Gesellschaft verkauft hat. Dass Müller die Schaffung neuer Mietwohnungen zu langsam voran geht, sieht man daran, dass er jüngst – noch als Städtebau-Senator – den zuständigen Staatssekretär entlassen hatte.

Müller kommt entgegen, dass der Stadt finanziell nicht mehr alle Hände gebunden sind. Das Land hat mehrere Jahre in Folge Überschüsse erzielt und der Schuldenberg wird langsam abgetragen, 60 Milliarden Euro sind es immer noch. Die Berliner werden genau darauf achten, was Müller für die Hauptstadt in den Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich herausholen kann. Es geht für Berlin um drei Milliarden Euro. Dieses Feld der Bundespolitik ist für ihn absolutes Neuland. Aber das war es für Wowereit auch. Müller findet bei seinem Start gute Rahmenbedingungen vor: Die Stadt hat die niedrigste Arbeitslosenquote seit 1991 (10,4 Prozent). Der Zuwachs an Beschäftigung ist doppelt so hoch wie im bundesweiten Schnitt.