Probe im Labor: DNA-Tests lasse nicht selten Restzweifel, die zur Revision vor Gericht führen können Foto: dpa

Zurück auf Los: Das Landgericht verhandelt einen Gerichtsprozess neu, weil der DNA-Test Zweifel daran lässt, ob der Angeklagte tatsächlich Gewalt anwendete. Die Richter werfen ihm vor, in eine Wohnung in Stammheim eingebrochen zu sein. Zumindest das streitet er nicht ab.

Stuttgart - Eigentlich war für den Angeklagten klar, dass er die nächsten elf Jahre seines Lebens im Gefängnis verbringen würde. So lautete der Urteilsspruch im Jahr 2013, der den 25-Jährigen und einen Komplizen, beide aus dem Umfeld der mittlerweile verbotenen Streetgang Red Legion, wegen gemeinschaftlich begangenen versuchten Mordes bei einem Raubüberfall schuldig gesprochen wurden. Im August jenes Jahres sollen die Männer in eine Privatwohnung in Stuttgart-Stammheim eingebrochen sein.

Dass einer der Verurteilten am Donnerstag wieder auf der Anklagebank des Landgerichts Stuttgart saß, liegt an einer juristischen Spitzfindigkeit: Das Revisionsgesuch des Angeklagten fand beim Bundesgerichtshof Gehör, weil der DNA-Test, der ihn überführt haben soll, nach Auffassung der Bundesrichter letzte Zweifel an seiner Schuld aufgrund einer Ungenauigkeit nicht ausräumen konnte. Darum wird der Fall jetzt neu verhandelt.

Dabei plädiert die Verteidigung des 25-Jährigen überhaupt nicht darauf, dass der Täter nicht am Tatort gewesen sein soll. „Ich entschuldige mich für das, was Sie erleiden mussten“, räumte der Angeklagte dem 64 Jahre alten Opfer gegenüber ein, das von den Tätern in der eigenen Wohnung im Schlaf attackiert worden sein soll. Der Überfall endete damit, dass die abgebrochene Klinge eines Küchenmessers im Bauch des Mannes steckte, Nase und Bein gebrochen waren.

In seiner Erklärung lässt der Verteidiger des Angeklagten verlautbaren, dass sein Mandant nichts von dem Messer gewusst habe und dieser „den Einsatz der Waffe nicht gebilligt“ hätte. Es bleibt dem Gericht überlassen, zu beurteilen, ob der Reue zeigende Angeklagte, der sich während der ersten Verhandlung komplett ausgeschwiegen hatte, glaubwürdig darstellt, dass er keine Tötungsabsicht hatte und darum mit einer milderen Strafe rechnen kann.

Eine Hilfe könnte ihm dabei der Komplize sein, der den Angeklagten mit seiner Aussage entlasten könnte, indem er das Delikt auf seine Kappe nehmen würde.

Einen Reim darauf, warum die Einbrecher gerade seine Wohnung in Stuttgart-Stammheim im August 2013 heimsuchten und ihn im Schlaf angriffen, kann sich der Geschädigte nicht machen. „Vielleicht dachten sie, dass ich Geld zuhause hätte, weil ich zu dem Zeitpunkt die Gaststätten meiner Tochter verwaltete“, sagt der Automechaniker.

Eine Verbindung gibt es: Der Automechaniker und der Vater des Komplizen, für den es keine Revision gibt, waren sich aus einem Wirtshaus bekannt. Plausibel klingt der Einbruch jedoch selbst für das Opfer nicht, da zum Tatzeitpunkt weder viel Geld im Haus, noch irgendetwas gestohlen worden war. Der Verteidiger des Angeklagten will zur Motivation des Raubüberfalls erst zu einem späteren Zeitpunkt etwas sagen. Eine wirkliche Belastung ist die Aussage des Opfers für den Angeklagten nicht.

Der Geschädigte erinnert sich nur noch schemenhaft an den Überfall. „Da waren zwei Männer – aber das Wohnzimmer, auf dessen Couch ich schlief, war nur spärlich durch den Fernseher beleuchtet, der noch lief“, so der ältere Herr, den noch heute Schmerzen wegen seines Beinbruchs plagen, weil die Angreifer mit einem massiven Küchenstuhl auf ihn eingeprügelt haben sollen.

Die Verhandlung wird am 6. Juli am Landgericht fortgesetzt.