Mit Red Bull soll es wieder aufwärts gehen. Foto: AFP

Red Bull traut seinem Motorenpartner Honda viel zu. Spätestens im Sommer sollen die ersten Formel-1-Siege eingefahren werden.

Stuttgart - Fünf. Diese Zahl spielt eine ganz besondere Rolle beim Rennstall Red Bull in dieser Formel-1-Saison. Fünf Grand-Prix-Siege will das Motorsportteam des Getränkegiganten 2019 feiern, ein reichlich ehrgeiziger Businessplan, den Helmut Marko bereits nach den Testfahrten im Februar aufgestellt hatte – wobei das nicht wundert, da der österreichische Teamberater noch nie um markige Sprüche verlegen gewesen ist. Wäre nicht schlecht, wenn Sieg Nummer eins bereits an diesem Sonntag (17.10 Uhr/RTL) in Bahrain abgehakt werden könnte.

Fünf Siege, das ist schon eine Hausnummer, wenn man beim Blick in den Rückspiegel erkennt, dass in der vergangenen Saison lediglich vier Rennsiege auf der Habenseite standen. Und in diesem Jahr haben die Bullen einen Honda-Motor im Heck – und jeder im Dunstkreis der Formel 1 weiß, dass die Japaner seit ihrer Rückkehr als Motorenlieferant in die Formel 1 anno 2015 nicht gerade als unbesiegbare Kraftpakete aufgefallen sind. Eher als PS-Bonsais. Den zweimaligen Weltmeister Fernando Alonso haben die müden und unzuverlässigen Aggregate als McLaren-Pilot bis 2017 zur Verzweiflung getrieben.

Unter strengster Beobachtung

„Das ist ein ganz wichtiges Jahr für uns, denn zum ersten Mal in der Hybridära haben wir in Red Bull und Toro Rosso zwei Teams“, sagte Honda-Motorsportchef Masashi Yamamoto. Seine Abteilung stand unter strengster Beobachtung der Konzernspitze, nachdem die Millioneninvestitionen im dreistelligen Bereich in das Formel-1-Projekt keine vorzeigbaren, sondern vielmehr Imageschädigende Ergebnisse geliefert hatte. Doch in diesem Jahr scheint Honda vieles richtig gemacht zu haben. Endlich. beim Saisonauftakt in Melbourne pilotierte Max Verstappen den Red Bull mit Honda-Power auf Platz drei; der angriffslustige Niederländer überholte dabei sogar Sebastian Vettel im Ferrari – wofür man viel Geld gewonnen hätte, wenn man eine entsprechende Wette eingegangen wäre.

Es war das erste Mal seit 2008, dass ein Formel-1-Fahrer mit einem Honda-Triebwerk nach dem Rennen auf dem Podium gestanden hat. „Wir können zusammen mit Red Bull gewinnen“, freute sich Yamamoto für einen Japaner ungewöhnlich emotional, „wir hoffen, dass es mit einem Sieg klappt – vielleicht im Sommer.“

Fünf Siege sind geplant

Einer wäre nicht genug, nach Red-Bull-Rechnung sollen es ja fünf werden. Die Motorsportler des Brausegiganten waren auch ohne ihre tägliche Dosis Taurin völlig aus dem Häuschen nach der unerwarteten Stärke-Demonstration in Australien – und Helmut Marko war so euphorisiert, dass er frohlockte: „Wir waren vor Ferrari, aber wir wollen vor allen sein – wir hoffen, dass die Form von Mercedes spezifisch für Melbourne war.“ Dem Branchenführer eine Kampfansage zu machen, da gehört schon eine gesunde Portion Selbstvertrauen dazu. Denn ganz offenbar fühlt sich das Team auf Motorenseite für einen Angriff auf die Silberpfeile gerüstet, es sollen nur etwa zehn PS auf das Mercedes-Triebwerk fehlen.

Auch beim Weltmeister-Team aus Brackley sind sie aufmerksam geworden auf die ziemlich aufmüpfigen Bullen. „Wir haben gesehen, wie Verstappen Vettel überholt hat“, sagte Toto Wolff, „das war enorm – wir müssen sie definitiv auf der Rechnung für die Weltmeisterschaft haben.“ Der Mercedes-Motorsportchef war nicht der einzige Verblüffte in Melbourne, auch der Fahrer-Champion staunte als habe ein Citroën einen Lamborghini auf der Autobahn überholt. „Zu sehen, wie sie Ferrari überholen, ist toll“, meinte Lewis Hamilton.

Schwachstelle Chassis

Plötzlich besitzt Red Bull eine Schwachstelle, die bislang eine Stärke gewesen ist – das Chassis. Ein Relikt aus der Zeit der Renault-Motoren. Damals bauten die Ingenieure ein Auto mit wenig Abtrieb, um wegen des leistungs-lahmen Motors mit Mercedes und Ferrari auf den Geraden gut mithalten zu können, in schnellen Kurven war Red Bull dagegen klar im Hintertreffen. „Das beste Teil im Auto ist der Motor“, sagte Marko nun, „wir müssen das Chassis verbessern.“ Es muss mehr Abtrieb her, um auch die schnellen Kurven sicher zu kriegen wie die Konkurrenz. Die Ingenieure in Milton Keynes müssen die Formel 1 plötzlich verändert Denken.

Red Bull hat in den Angriffsmodus geschaltet, und Marko ruft zur „vollen Attacke im WM-Kampf“ auf. Die fünf Grand-Prix-Siege sind Pflicht in diesem Jahr, mehr fallen unter die Rubrik Kür. Masashi Yamamoto ist da vorsichtig und steht mit den Zehen leicht auf der Bremse. „Unser ehrlicher Eindruck ist“, sagte der Honda-Mann, „dass wir das Level von Mercedes und Ferrari noch nicht erreicht haben.“ Es mag die fernöstliche, höfliche Zurückhaltung sein, denn in seinem Herzen wird Yamamoto einen Triumph mit Red Bull herbeisehnen. Er wäre für Honda der erste seit 2006. Es wäre ein Traum.

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