Durchsuchungen des rechtsextremen Netzwerks „Nordkreuz“ in Chemnitz – hierbei wurde die Liste gefunden, die 25 000 Personen und deren Wohnort aufzählt. Foto: dpa

Rechtsextreme nutzten für die Planung von Anschlägen Listen, auf denen auch etliche hundert Baden-Württemberger stehen. Politiker fordern jetzt, dass die Personen informiert werden.

Stuttgart - Angesichts der Nutzung von 25 000 illegal erworbenen Adressen durch die rechtsextreme Gruppe „Nordkreuz“ zur Planung von Mordanschlägen fordern jetzt auch Politiker in Baden-Württemberg, dass die Personen auf der Adressliste von den Behörden darüber informiert werden. Gemeinsame Recherchen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) und unserer Zeitung zeigten, dass diese Adressen laut Verhörprotokollen, die das RND einsehen konnte, konkret genutzt wurden, um Anschlagziele auszumachen. Auf dieser Liste, die Hacker bereits 2015 von einem linksalternativen Online-Händler aus Duisburg erbeutet hatten und die unserer Zeitung vorliegt, stehen auch viele hundert Namen von Menschen aus Baden-Württemberg.

Vor allem Landespolitiker der Grünen sehen darin eine neue Bedrohungslage. „Es ist verantwortungslos, die Personen, die auf der Liste stehen, nicht zu informieren“, sagt Alexander Maier, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen, unserer Zeitung. Die Sicherheitsbehörden müssten das schleunigst nachholen. „Wer die Gefahr so einer Namenssammlung herunterspielt, unterschätzt die Gefahren rechtsextremer Netzwerke und hat aus den Verbrechen des NSU nichts gelernt“, sagt Maier. Tatsächlich stufen Behörden die Gefährdung der Personen auf der Liste als „abstrakt“ ein.

Politiker teils selbst im Fadenkreuz

Auch aus der Stuttgarter Kommunalpolitik werden Stimmen laut, die die Behörden auffordern, umzudenken. „Wir fordern, dass die zuständigen Polizeibehörden umgehend alle Stuttgarter auf der Todesliste der rechtsextremen Gruppe ,Nordkreuz’ informieren“, sagt Luigi Pantisano von der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-Plus im Stuttgarter Gemeinderat. In der Vergangenheit wurde er selbst Ziel von Morddrohungen aus rechtsextremen Kreisen.

Kaum Infos zu „Südkreuz“

Es soll laut der polizeilichen Protokolle auch einen „Nordkreuz“-Ableger in Süddeutschland geben: „Südkreuz“. Darüber hinaus ist sehr wenig über diese Gruppe verbrieft, außer, dass sie sich ebenfalls der gehackten Liste von Nordkreuz bedient haben soll. Das Landeskriminalamt äußert sich hierzu nicht.