Demonstration vor dem Stuttgarter Neckartor: Wen werden die anstehenden Fahrverbote treffen? Foto: Lichtgut/Leif-Hendrik Piechowski

Um Fahrverbote in ganz Stuttgart zu vermeiden, setzt das Land nun auf die Sperrung großer Einfallstraßen. Für die Besitzer von Euro-6-Dieseln tut sich damit aber ein ganz neues Risiko auf.

Stuttgart - Die Abkehr des Landes von flächendeckenden Fahrverboten kann dazu führen, dass künftig auch gegen Diesel der Euro-6-Norm Verkehrsbeschränkungen verhängt werden. Euro-6-Diesel seien zwar durch ein neues Gesetz von Fahrverboten ausgenommen, sagte der auf die Thematik spezialisierte Rechtsprofessor Martin Will von der EBS Universität in Wiesbaden unserer Zeitung. Doch dieses Gesetz war bereits vom obersten Verwaltungsgericht des Landes für nicht anwendbar erklärt worden. Es führe „quasi durch die Hintertür“ einen eigenen nationalen Grenzwert für Fahrverbote ein und stehe damit im Widerspruch zur EU-Richtlinie, so Will.

Um flächendeckende Fahrverbote zu vermeiden, plant das Land Beschränkungen auf großen Einfallstraßen nach Stuttgart, die die Zufahrt für Pendler erheblich erschweren dürften. Es setzt damit erstmals ein Instrument ein, das rechtlich auch neuere Fahrzeuge treffen kann. Derzeit sind Beschränkungen aber nur für Diesel bis Euro 5 geplant.

Experte rechnet mit Einrichtung weiterer Messstellen

Gute Chancen, einem Strecken-Fahrverbot zu entgehen, gibt Will den Besitzern von Dieseln der neuesten Generation. Sollten diese „tatsächlich nur noch sehr geringfügig zur Belastung mit Stickstoffdioxid beitragen, wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit unverhältnismäßig, sie in ein Streckenfahrverbot einzubeziehen“.

Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs kann nach Wills Ansicht dazu führen, dass zahlreiche Bürger auf die Einrichtung weiterer Messstellen klagen werden. Bürger könnten nun die Einrichtung weiterer Messstellen an Orten verlangen, die nach ihrer „begründeten Einschätzung“ besonders belastet seien. Die bisherige Diskussion, ob die gemessenen Schadstoffwerte zu hoch sind, könne sich nach dem Urteil „ins Gegenteil verkehren“.