Kleine Grundschulen hält der Rechnungshof für wenig wirtschaftlich. Foto: dpa

Das Gutachten des Rechnungshofs zum Einsatz von Lehrerstellen enthält zwar wenig Überraschendes, doch bergen die Ratschläge zu Grundschulen und Lehrerarbeitszeit Konfliktpotenzial für die Koalition.

Stuttgart - Mit seinen Vorschlägen zum effektiveren Einsatz von Lehrerstellen stößt der Landesrechnungshof eine politisch brisante Debatte an. Das betrifft besonders die Empfehlung, Grundschulen in die regionale Schulentwicklung einzubinden. Die Rechnungsprüfer erklärten am Freitag in einer Mitteilung zu ihrem Gutachten zum Lehrereinsatz, größere Schulen seien in der Regel wirtschaftlicher zu unterhalten. Das Gutachten zum Lehrereinsatz selbst soll erst am Dienstag offiziell veröffentlicht werden.

Die Ressource Lehrerstellen könnte besser genutzt werden, wenn auch die Grundschulen in die regionale Schulentwicklung einbezogen würden, legen die Rechnungsprüfer nahe. Hier gebe es Handlungsspielräume, ohne das Prinzip der zumutbaren Erreichbarkeit in Frage zu stellen, erklärt Günther Benz, der Präsident des Rechnungshofs. Auch könnten Gymnasien, die in unmittelbarer Nachbarschaft liegen, „durchaus im Sinne einer besseren Ressourcennutzung zusammengelegt werden.“

Heißes Eisen Lehrerarbeitszeit

Konfliktstoff birgt auch der Vorschlag, die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer nicht mehr über ein Wochendeputat sondern über Jahresdeputate zu definieren. Dann könnte eine Verbesserung erreicht werden, ohne die Arbeitszeit der Lehrer zu erhöhen, so der Rechnungshof. Den Vorschlag hat die Institution bereits im Jahr 2002 gemacht.

Die Gutachter haben auch geprüft, ob der Versorgungsgrad mit Lehrern Einfluss auf den Bildungserfolg der Schüler habe. „Mehr Lehrer führen nicht zwangsläufig zu besseren Ergebnissen“, sagt Präsident Benz.

Generell monieren die Rechnungsprüfer, dass das Kultusministerium zwar zahlreiche Daten erhebe, es aber an der Abstimmung fehle, um mit den Daten den Ressourceneinsatz steuern zu können. Wie bereits berichtet, empfehlen sie, Lehrer aus den Schulverwaltungen abzuziehen und im Unterricht einzusetzen und Schulversuche nur zu starten, wenn der Sinn und Nutzen klar definiert sei.

Kultusministerin sieht sich bestätigt

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hatte das Gutachten im November 2016 in Auftrag gegeben. Sie sieht sich in vielen Punkten bestätigt. So sei bereits damit begonnen worden, den Einsatz von Lehrern außerhalb des Unterrichts zu reduzieren. „Diesen Weg werden wir konsequent fortsetzen.“ Auch die Schulversuche würden derzeit überprüft. Künftige Versuche würden nur noch eingerichtete, „sofern eine klare Zielsetzung sowie eine wissenschaftliche Begleitung von Anfang an intendiert seien“.

Eisenmann findet, der Rechnungshof rege bei der regionalen Schulentwicklung wie auch beim Thema Lehrerarbeitszeit wichtige bildungspolitische Diskussionen an. „Der Rechnungshof liefert damit Impulse für eine Debatte, die wir nun politisch innerhalb der Landesregierung und mit den sie tragenden Fraktionen führen müssen“, sagte Eisenmann.

Konflikte innerhalb der Koalition programmiert

Dabei dürften Konflikte innerhalb der Koalition programmiert sein. Die CDU-Abgeordneten halten das Prinzip „kurze Beine, kurze Wege“ hoch und scheuen sich, kleine Grundschulen auf dem Land zu schließen. Wolfgang Reinhart, der Chef der Landtagsfraktion sagt schon jetzt: „Dass auch die Grundschulen in die regionale Schulentwicklung mit einbezogen werden sollen, sehen wir kritisch.“ Schule habe besonders auf dem Land auch eine soziale Funktion. „Hier darf nicht nur nach wirtschaftlichen Aspekten entschieden werden.“

Die Grünen haben schon mehrfach am pädagogischen Nutzen allzu kleiner Schulen gezweifelt. Jetzt sagt ihre Bildungsexpertin Sandra Boser zum Thema regionale Schulentwicklung: „Wir werden intensiv prüfen, welche zusätzlichen Handlungsspielräume es gibt.“

Der Gemeindetag hatte sofort abgewinkt. „Es ist mit ein Rätsel, wie der Landesrechnungshof an die Schließung kleiner Grundschulen denken kann, während wir uns in Baden-Württemberg über steigende Geburtenzahlen freuen“, erklärte Gemeindetagspräsident Roger Kehle. Sechsjährige sollten nicht kilometerweit in die Schule fahren müssen und Bildung sei ein Kernelement der Daseinsfürsorge.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) warnt vor pauschalen Schließungen. Allerdings könne es „durchaus Situationen geben, in denen eine Zusammenlegung kleiner Grundschulen sinnvoll sein kann“, gibt sich Gerhard Brand, der Landesvorsitzende des VBE, differenziert.

SPD sieht keine neuen Erkenntnisse

Die Grünen finden, viele Vorschläge des Rechnungshofs seien bereits in der Umsetzung. Andreas Stoch, früher Kultusminister, jetzt Vorsitzender der oppositionellen SPD-Landtagsfraktion, geht einen Schritt weiter und macht „keine wirklich neuen Erkenntnisse“ aus. Jetzt komme es auf die Umsetzung der Empfehlungen an. Wenn Lehrer aus der Schulverwaltung abgezogen würden, müsse neues Verwaltungspersonal eingestellt werden. Die Regierung müsse auch klarstellen, ob sie kleine Grundschulen schließen wolle. Die SPD ihrerseits halte am Prinzip „kurze Beine, kurze Wege“ fest.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lehnt Schulschließungen aus Spargründen ab. Ihre Landesvorsitzende Doro Moritz kritisiert, der Rechnungshof lasse die Qualitätsentwicklung außen vor und warnt: „Die Umsetzung der Empfehlungen würde die Qualität des Unterrichts beeinträchtigen und eine weitere Verschärfung der Arbeitsbelastung der Lehrkräfte bedeuten.“