Eine Polizeireiterstaffel in Baden-Württemberg genügt, meint der Landesrechnungshof Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das Land sollte mehr Schulden tilgen, fordert der Landesrechnungshof. Dafür sollten unter anderem Überschüsse aus den Vorjahren verwendet werden.

Stuttgart - Rund 51,8 Milliarden Euro hat das Land im vorletzten Jahr eingenommen. Insgesamt wurden 4,2 Milliarden Euro an Ausgaberesten in das Haushaltsjahr 2018 übertragen. Dass am Ende eines Jahrs nicht alle vom Landtag genehmigten Gelder ausgegeben sind, ist nicht ungewöhnlich. Schließlich verzögerten sich manche Vorhaben, andere kämen nicht zustande oder seien günstiger, sagte Rechnungshofpräsident Günther Benz bei der Vorstellung der Denkschrift 2019 am Montag in Stuttgart. Allerdings macht ihn stutzig, dass in den Ministerien immer mehr Geld übrig bleibt: 2011 machten die Haushaltsreste noch 4,4 Prozent der geplanten Ausgaben aus, 2017 waren es 8,8 Prozent.

Für manche Aufgaben würden bei der Haushaltsaufstellung deutlich höhere Summen eingeplant als tatsächlich notwendig, kritisiert Benz. Diese Mittel dürften nicht bei den Ministerien oder Landesbetrieben bleiben, sondern müssten dazu verwendet werden, die Schulden des Landes abzubauen. Baden-Württemberg ist derzeit mit 46 Milliarden Euro verschuldet. Für die Kredite zahlte das Land 2017 Zinsen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro.

900 Millionen Reserven

Auch die hohen Reserven in vielen Landesunternehmen sollten aus Sicht der Finanzkontrolleure aus Karlsruhe überprüft werden. Insgesamt hätten die rund landeseigenen Unternehmen Ende 2017 neben Ausgaberesten noch 900 Millionen Euro zur sofortigen Verwendung zur Verfügung gehabt. Diese „nicht betriebsnotwendigen Mittel“ müssten ebenfalls wieder in die Landeskasse zurückfließen, forderte Benz. Als Beispiel nannte er die landeseigene Beteiligungsgesellschaft, die über 60 Millionen verfügt, sowie die Medien- und Filmfördergesellschaft des Landes. Um das Horten zu vermeiden, solle das Land die Reserven nach Möglichkeit zentral steuern. Dadurch könne vermieden werden, „dass einzelne Unternehmen Kredite aufnehmen, während andere über finanzielle Reserven verfügen“.

Die Finanzkontrolleure fordern auch dauerhafte Einsparungen in verschiedenen Bereichen. Durch eine Zusammenlegung der beiden Reiterstaffeln in Stuttgart und Mannheim könnte das Innenministerium nicht nur auf 16 Pferde verzichten, sondern auch bis zu 22 Polizeistellen für andere Aufgaben einsetzen. Viel Geld könnte das Land auch sparen, wenn bei Dienstunfällen eine zentrale Stelle Ansprüche an Dritte einfordern würde. Pro Jahr verzeichnet das Land etwa 4000 Dienstunfälle, die zuletzt mit 6 Millionen Euro zu Buche schlugen.

Kostenvorgaben bei Bauprojekten ignoriert

Mehr Sorgfalt mahnen die Finanzprüfer bei Ausschreibungen an. Bei aufwendigen Bauprojekten habe das Finanzministerium teilweise ganz auf Kostenvorgaben verzichtet oder Entwürfe ausgewählt, die die finanziellen Vorgaben deutlich überschritten, kritisierte der Rechnungshof. Dazu zählen beispielsweise die John-Cranko-Schule in Stuttgart, die Württembergische Landesbibliothek und das Besucher- und Informationszentrum im Nationalpark Schwarzwald.

Mehr Geld an die Kommunen bezahlt als vorgesehen hat das Ministerium für Ländlichen Raum bei 20 Modellprojekten zur Förderung der Elektromobilität auf dem Land – das Geld konnte aber wegen fehlerhafter Ausschreibungen nicht zurückgefordert werden. Dass das Land in Brühl eine Fähre zu einer landeseigenen Halbinsel im Rhein mitfinanziert, sei überflüssig.

Professoren arbeiten als Rechtsanwälte

Kritik übten die Rechnungsprüfer auch an der Genehmigung von Nebentätigkeiten von Professoren. Diese würden teils zu lax gehandhabt, teils verstießen sie auch gegen die Vorschriften. So dürfen Juraprofessoren eigentlich nicht als Rechtsanwälte arbeiten, einige wenige taten dies trotzdem. Auch bei Steuerberatern gibt es Einschränkungen.

Angesichts der langsamer steigenden Steuereinnahmen und der Schuldenbremse, die 2020 in Kraft tritt, müsse das Land bei den Ausgaben strenger sein, forderte Benz. Insbesondere sollten möglichst keine weiteren Personalstellen geschaffen werden, forderte er.

In den nächsten Monaten befasst sich die grün-schwarze Landesregierung mit dem Doppelhaushalt 2020/21, im Dezember wird er im Landtag beschlossen. Nach der Mai-Steuerschätzung rechnet das Finanzministerium zwar mit höheren Einnahmen. Diese sind allerdings um 1,2 Milliarden niedriger als zuvor erwartet.