Wolfgang Reinhart sieht nach dem Vorstoß der Lungenfachärzte Handlungsbedarf. Foto: dpa

Deutschland solle sich für ein Moratorium stark machen, bis die umstrittenen EU-Grenzwerte überprüft sind, fordert Wolfgang Reinhart. So möchte der CDU-Fraktionschef im Landtag neue Fahrverbote verhindern. An den grünen Landesverkehrsminister hat er auch eine Forderung.

Stuttgart - Die baden-württembergische Landtagsfraktion der CDU fordert Konsequenzen, nachdem 112 deutsche Lungenfachärzte heftige Kritik an den gültigen Grenzwerten für die Luftschadstoffe Feinstaub und Stickstoffdioxid angemeldet und die Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid in Frage gestellt haben. Fraktionschef Wolfgang Reinhart zielt dabei auch auf den Landesverkehrsminister Winfried Hermann von den Grünen. Der habe sowieso den klaren Auftrag der grün-schwarzen Koalition, in Stuttgart die Ausweitung der Dieselfahrverbote von Fahrzeugen der Umweltnorm Euro 4 auf Euro-5-Wagen abzuwenden. „Wir erwarten jetzt umso mehr, dass dieser Auftrag erfüllt wird“, sagte Reinhart unserer Zeitung.

In der Debatte um die Stickstoffdioxid-Werte gewännen Sachlichkeit und wissenschaftliche Fakten wieder die Oberhand, und das sei gut so, sagte Reinhart. Über die plausiblen Zweifel von mehr als 100 renommierten Medizinern und Wissenschaftlern könne die Politik nicht einfach hinweggehen.

Standorte von Messstationen will die CDU anders regeln

Reinhart erinnerte daran, dass Bundeskanzlerin Merkel im Oktober Dieselfahrverbote für unverhältnismäßig erklärt habe, wenn der Grenzwert für Stickstoffdioxid um weniger als zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten ist. Die geplante Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes ziele in die richtige Richtung. Parallel müssten nun aber auch die geltenden EU-Grenzwerte selbst auf den Prüfstand. Die Grenzwerte müssten wissenschaftlich zweifelsfrei begründbar sein. Sonst könne man Fahrverbote nicht rechtfertigen.

Reinhart fordert, dass die Bundesregierung auf europäischer Ebene die Initiative dafür ergreift. Er könne sich vorstellen, dass ein Moratorium für die EU-Grenzwerte beschlossen wird, also die Grenzwerte vorläufig außer Kraft gesetzt werden, bis eindeutige wissenschaftliche Fakten vorliegen. So wolle man verhindern, ergänzte ein Fraktionssprecher, dass mit weiteren Fahrverboten weitere Fakten geschaffen werden. Neue EU-Grenzwerte würden natürlich eine neue, ganz andere Debatte auslösen. Nach Reinharts Überzeugung braucht man zudem einheitliche Standards beim Messen. Dass in Griechenland die Messstation auch einmal auf einem Dach sei, in Stuttgart am Straßenrand, passe nicht zusammen.

Alexander Kotz hofft auf Umdenken der Richter

Reinharts Kollege im Stuttgarter Gemeinderat sagte, der Vorstoß so vieler Lungenfachärzte habe ihn noch nachdenklicher gemacht, was die Grenzwerte angehe. Die Sache sei spannend, sagte Alexander Kotz. Er hoffe, dass sich die Kritik der Ärzte rasch in den Urteilen der Gerichte niederschlägt. „Das wäre ein großer Gewinn“, meinte der Fraktionschef im Gemeinderat, „die Gesetzesänderung in Berlin und die Überprüfung in Brüssel werden ja einige Zeit dauern.“