Wer kauft sein Bahnticket noch bar am Automaten? Immer mehr wird übers Internet gebucht. Foto: KEYSTONE

Immer öfter werden Bahnfahrkarten übers Internet oder mobile Endgeräte gebucht. Das versuchen sich auch Betrüger zunutze zu machen.

Stuttgart - Fast jede zweite Bahnfahrkarte wird übers Internet verkauft – und das lässt auch betrügerische Geschäfte mit Online-Tickets florieren. Doch auch die Bundespolizei schläft nicht: Am Mittwoch sind drei Tatverdächtige im Alter von 26 bis 33 Jahren von einer Razzia überrascht worden – und vor dem Haftrichter gelandet. Mit gestohlenen Kreditkartendaten sollen sie 5000 Bahntickets illegal übers Netz verscherbelt und außerdem diverse Waren bei Onlinehändlern ergaunert haben. Der Schaden wird auf eine halbe Million Euro geschätzt.

Asylunterkünfte und Internetcafés in Stuttgart, Altbach (Kreis Esslingen), Göppingen, Fellbach (Rems-Murr-Kreis) und Erbach (Odenwaldkreis) sind am frühen Mittwochmorgen von insgesamt 130 Beamten der Bundespolizei überrascht worden. Der Höhepunkt langwieriger Ermittlungen: „Im Frühjahr 2018 waren der Bahn betrügerisch gebuchte Onlinetickets aufgefallen“, sagt Saskia Bredewald, Sprecherin der Bundespolizei. Die Täter hatten dafür illegal erlangte Kreditkartendaten verwendet. Die echten, aber ergaunerten Tickets wurden dann über Verkaufsportale an Kunden weiterveräußert.

Was mit Tickets klappt, klappt auch mit Handtaschen

Die Kripo der Bundespolizei, die Inspektion Kriminalitätsbekämpfung, suchte daraufhin nach den Tätern, die mit den gestohlenen Kreditkartendaten kriminelle Geschäfte machten. Die Spur führte in den Raum Stuttgart. Am Ende stieß man auf drei Männer afrikanischer Herkunft, wie so oft bei vergleichbaren Fällen.

Erst im Februar hatte die Stuttgarter Inspektion einen 26-jährigen illegalen Tickethändler auffliegen lassen. Der hatte ebenfalls mit gestohlenen Kreditkarteninformationen, die es auf illegalen Marktplätzen im Internet billig zu kaufen gibt, Bahntickets geordert und dann an echte Kunden vermittelt. Oft sogar passgenau auf Bestellung – das Online-Ticket wurde papierlos als PDF-Datei an die Käufer weitergeschickt.

Doch wie auch im aktuellen Fall beließ es der Tatverdächtige nicht dabei. Mit den gestohlenen Kreditkartendaten kaufte er auch noch bei Onlineportalen Waren ein. Das sollte ihm, wie jetzt auch seinen 26, 27 und 33 Jahre alten Landsleuten, zum Verhängnis werden. Denn die bestellten Handtaschen, Schuhe, Kleidungsstücke oder Uhren landeten an bestimmten Adressen, die wiederum gute Ermittlungsansätze für die Polizisten boten. Am Mittwoch klickten die Handschellen.

Ticketkauf wird zunehmend digital

„Die Beamten sind den ganzen Tag über damit beschäftigt, die Beweismittel sicherzustellen“, sagt Polizeisprecherin Bredewald. Dazu gehören die noch vorhandene Waren, aber vor allem die von den Tätern verwendeten Mobiltelefone, Computer und Notebooks. Welche Konsequenzen der Ticket-Betrug für die Reisenden hat, ist noch unklar. Ob die Käufer völlig arglos an ein Schnäppchen glaubten, ist für die Bahn unerheblich: „Wir stellen den Fahrpreis dem Reisenden nochmals in Rechnung“, heißt es.

Der Fahrkartenverkauf über das Internet oder per Handy-App ist ein Wachstumsgeschäft. „Im vergangenen Jahr wurden bundesweit 42 Millionen Online-Tickets verkauft“, sagt Andreas Fuhrmann, Sprecher der Sparte Personenverkehr bei der Deutschen Bahn. Das entspricht mehr als 115 000 Online-Tickets täglich. Im Jahr 2011 lag diese Zahl noch bei 67 000. Doch das ist noch nicht alles: Inzwischen kommen 28,3 Millionen Handy-Tickets dazu, was täglich 77 500 entspricht. Damit verkauft die Bahn 45 Prozent der Fahrkarten über ihre digitalen Kanäle. Da versuchen Betrüger natürlich ihren Schnitt zu machen. Auf die Cybercrime-Ermittler der Bundespolizei wartet noch viel Arbeit.