Seit zehn Jahren gibt es die Bläserklasse am FSG. Foto: Werner Kuhnle

Das Raumproblem des Gymnasiums verschärft sich zum neuen Schuljahr. Rund 100 Abiturienten gehen, aber etwa 300  Fünftklässler kommen. Deshalb sollen die Musikklassen schon nach Klasse 6 aufgeteilt werden. Das stößt auf Protest.

Marbach - So wie es aussieht, könnten die reinen Musikklassen am Friedrich-Schiller-Gymnasium (FSG) im nächsten Schuljahr erst einmal Geschichte sein. „Wir haben den neuen Fünfern schon gesagt, dass wir noch nicht sicher sind, ob wir Klassen bilden können oder in Musikgruppen unterrichten“, erklärt Kathleen Kroll, die kommissarische Leiterin des FSG. Für Unmut bei einigen Eltern, vor allem der Bläserklasse 6, sorgt jedoch der Plan, die Klasse nicht erst nach Klasse 7, wie eigentlich vorgesehen, sondern bereits wie die anderen G9-Klassen zum nächsten Schuljahr entsprechend der Wahl der zweiten Fremdsprache neu zusammenzusetzen. Sie spüre Wut und Enttäuschung, sagt Sandra Erdmann, deren Tochter in die Bläserklasse geht. Schließlich habe man sich vor zwei Jahren bewusst für die Bläserklasse entschieden – in der Sicherheit, dass die Kinder drei Jahre lang in einer Klassengemeinschaft zusammenbleiben. „Und die Musikklassen, so wurde uns beim damaligen Infoabend gesagt, haben immer ganz besonders tolle Gemeinschaften, weil Musik verbindet – und das ist auch so.“

Das Profilfach wird in Klasse 6 eher nach Freundschaften gewählt als nach Interesse, so die Beobachtung und Befürchtung der betroffenen Eltern. „Die Schüler sind einfach noch zu jung, um nach Interessen zu wählen. Meine Tochter wollte eigentlich Russisch machen, aber nachdem sie jetzt gehört hat, dass die Klasse getrennt wird, macht sie Französisch, weil sie ihre Freundinnen nicht verlieren möchte“, so Erdmann. Die aktuelle Situation im Homeschooling sei eh schon schwer genug. Die Nachricht der Klassenaufteilung sei demotivierend für die Kids. Seit Mitte März gebe es keinen normalen Unterricht mehr, kein Ausflug als Abschluss, kein Schullandheim, keine Perspektive, ob sie die Klassenkameraden dieses Schuljahr noch einmal sehen. „Das ist eine Katastrophe für die Kinder.“

Kathleen Kroll kann die Sorge und die Enttäuschung der Eltern und Kinder verstehen. „Aber wir machen dies nicht aus Boshaftigkeit“, betont sie. Darüber hinaus habe man den betroffenen Eltern die Zwangssituation, in der sich die Schule befinde, mehrfach erklärt. Beim Infoabend zur Wahl der zweiten Fremdsprache, bei den Elternabenden und in Einzelgesprächen. Die Rechnung ist simpel: Mit der fünfzügigen Kursstufe 2 verlässt ein mit rund 100 Abiturienten vergleichsweise kleiner Jahrgang im Sommer die Schule. Nach kommen aber zehn fünfte Klassen mit beinahe 300  Schülern. Das bringt die Verantwortlichen am Gymnasium in einen raumlogistische Notsituation. „Wir haben sieben Klassen mehr, ohne dass wir für sie weitere Klassenräume bekommen“, schildert Kathleen Kroll die Folge der Überkapazität. Die eh schon angespannte Raumsituation verschärfe sich dramatisch. „Es ist ein bisschen wie bei einem Luftballon“, so Kroll. „Der ist an sich auch flexibel und man kann Luft reingeben, aber wenn das maximale Volumen erreicht ist, dann platzt er. Und mit der Sanierung wurde vor fünf Jahren das maximale Volumen des FSG erreicht.“

Im Jahr 2008 wurde die Streicherklasse eingeführt, 2010 folgten dann die Bläserklassen und ein Jahr später die Gesangsklassen. Für Kroll ein System, das man mit ambitionierten Gedanken eingeführt habe, das aber der Schulrealität nicht mehr standhalte. Denn in den Stunden, in denen in den Musikklassen in Jahrgangsstufe 7 die zweite Fremdsprache stattfinde, müsste der Unterricht in Chinesisch, Russisch, Latein, Französisch und NWT für alle gleichzeitig stattfinden. Kurzum: Man benötigt durch die Kopplung der Stunden viele Räume. Räume, die durch die Überkapazität im nächsten Schuljahr aber nicht vorhanden sind. „Wir müssen den Stundenplan flexibler gestalten, damit wir möglichst wenige Klassen miteinander koppeln müssen“, erklärt Kathleen Kroll. Würde jetzt nicht gehandelt, würde im kommenden Schuljahr Unterricht ausfallen, betont sie. „Wir wollen auf keinen Fall die Vielfalt an unserer Schule einschränken, was aber die Konsequenz wäre. Darüber hinaus müssen wir den Unterricht gewährleisten. Das hat Priorität.“ Rund dreieinhalb Jahre werde es wohl dauern bis man das Plus von sieben Klassen wieder im Griff habe, so Krolls Prognose. Dass die Aufteilung, die ein Jahr früher kommt als sie eigentlich kommen sollte, ein harter Schlag sein kann, das sei ihr bewusst, sagt die Gymnasialdirektorin Kroll. „Aber wir haben auch positive Reaktionen erhalten.“ Denn es gebe auch Fälle, in denen man froh sei, wenn sich die Klassengemeinschaft früher auflöse. „Wenn Kinder von der ersten Klasse an bis nach der siebten Klasse zusammen sind und zum Beispiel Konflikte mitgetragen werden.“

Sandra Erdmann und andere Eltern der Bläserklasse verstehen die Entscheidung dennoch nicht. Und das Argument des Unterrichtsausfalls lässt die Marbacherin nicht gelten. „Dann wäre es eben so“, bleibt sie bei ihrer Position.