Kann sich nicht vorstellen, das Ritterstüble ohne Raucher weiterzuführen: Axel Littig Foto: STZN/Sascha Maier

Geht es nach Gesundheitsminister Manfred Lucha, soll das Rauchverbot in Baden-Württemberg massiv verschärft werden. Ein Stuttgarter Kneipenwirt wehrt sich in einem offenen Brief dagegen – und droht gemeinsam mit anderen mit einer Sammelklage.

Stuttgart - Eigentlich trägt Axel Littig das Herz auf der Zunge. Aber bei dem offenen Brief, den er am Donnerstag an Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) verschickt hat, überlegte sich der Wirt des Ritterstübles in Heslach zwei Mal, wie er seine Worte wählt. Der Grund: Das – je nach Perspektive – verschärfte Rauchverbot oder der verbesserte Nichtraucherschutz. Lucha hatte im August angekündigt, das Rauchen in Kneipen und Bars in Baden-Württemberg komplett verbieten zu wollen. Littig fürchtet dadurch um seine Existenz und will sich dagegen wehren – zur Not mit einer Sammelklage, die der 49-Jährige gemeinsam mit anderen Wirten anstrebt.

Das Ritterstüble, von manchen auch nur „Ritter“ genannt, ist eine typische Eckkneipe im Stuttgarter Süden. „Alle Angestellten im Service rauchen hier“, sagt Axel Littig. 90 Prozent der Gäste auch. Die wenigen Gäste, die nicht rauchen, würden sich am Zigarettenqualm nicht stören – manche würden das Passivrauchen sogar genießen. Es gibt Skatstammtische, Quiz am Dienstag und gelegentlich Live-Musik. Wem’s doch mal zu verqualmt ist, kann in den Nichtraucherbereich der Kneipe.

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Es sind Aussagen von Stammgästen wie diese, die Axel Littig Angst machen: „Wenn das Rauchverbot kommt, machen wir unsere Garage zum Hobbyraum, trinken dort unser Bier und rauchen eben da.“ Laut Littig ist der Vorstoß jeden Tag Thema unter den Kneipengästen. Irgendwann, so sagt er, habe es ihm gereicht und dann habe er beschlossen, aktiv zu werden.

Leben der Gastronomen „schwer genug“

Das war vor einigen Wochen. Littig machte sich ans Formulieren eines offenen Briefs an Manfred Lucha, trommelte Mitstreiter in Heslach zusammen, die sich an einer möglichen Sammelklage beteiligen wollen, sollte das Gesetz nächstes Jahr wie geplant durch den Landtag gehen, nachdem Lucha es noch vor Weihnachten im Kabinett diskutieren will. „Fünf Zusagen habe ich schon, aber da lassen sich in Stuttgart sicher viel mehr finden“, sagt Littig. Öffentlich möchten die anderen noch nicht in Erscheinung treten.

„Als Wirt, Raucher und mündiger Bürger finde ich es sehr beängstigend, wie man in einem Land, in dem man arbeitet und Steuern zahlt, gegängelt wird“, schreibt er in dem Brief. Gastronomen werde durch ständig neue Vorschriften und Verordnungen das Leben „eh schon schwer genug gemacht.“

Online-Umfrage: Soll das Rauchverbot verschärft werden?

Darauf angesprochen, trägt Littig das Herz wieder auf der Zunge. „Man kann’s auch übertreiben“, sagt er, „ich muss zwei Mal am Tag die Kühlschranktemperatur überprüfen und dokumentieren.“ Außerdem einen Putzplan führen. „Als ob man nicht sieht, wenn es dreckig ist!“ Die Lampe im Lager müsse in einer Wanne sein. „Als Elektriker habe ich so eine Lampe noch nie splittern sehen!“ Aufregen kann sich Axel Littig über solche Sachen.

Im schlimmsten Fall das Lokal schließen

Im Brief an Lucha geht es unterdessen sachlich weiter. „Können Sie sich vorstellen, was ein generelles Rauchverbot für uns bedeuten würde?“ Das „Ende vom Lied“ würde sein, dass Littig Personal entlassen und im schlimmsten Fall das Lokal schließen müsse.

Eine Sorge, mit der er nicht alleine ist. Das Fischlabor im Stuttgarter Westen sowie das Immer Beer Herzen in Stuttgart-Mitte hatten sich klar gegen weitere Rauchverbote positioniert. Auch die Festwirte des Cannstatter Volksfests hatten die Pläne des Gesundheitsministers kritisiert. Ebenso fand der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga mahnende Worte an den Gesundheitsminister. Mit dem Plan, juristisch gegen ein mögliches Gesetz vorzugehen, sind der Ritter und Littig aber die Ersten.

Begründet hatte Manfred Lucha seine geplante Verschärfung des Gesetzes damals so: Es erscheine sinnvoll, den Nichtraucherschutz auf sämtliche Gaststätten ohne Ausnahmeregung auszuweiten, sagte Lucha im August. Das Deutsche Krebsforschungszentrum sei da überzeugend gewesen, der Gesundheitsschutz der Bevölkerung müsse in den Vordergrund gestellt werden. Die Argumente der Eckkneipenbetreiber zählten längst nicht mehr.

300 bis 400 Raucherkneipen im Land

Den Gegenwind nimmt man im Gesundheitsministerium nicht wirklich war. „Die überwiegende Resonanz auf Minister Luchas Vorstoß ist positiv, sowohl in den sozialen Netzwerken als auch in Schreiben an den Minister oder in mündlichen Bekundungen“, sagt eine Sprecherin zur aktuellen Lage. Vereinzelt – wie jetzt aus Heslach – gebe es auch kritische Stimmen. Jedoch seien diese in der Unterzahl.

In ganz Baden-Württemberg gibt es nach Dehoga-Schätzungen 300 bis 400 Raucherkneipen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Axel Littigs Hoffnung, vor Gericht etwas zu erreichen, vielleicht nicht ganz unbegründet ist. 2008 hatte das Bundesverfassungsgericht das Rauchverbot zumindest für Eckkneipen kassiert, denen es aufgrund ihrer geringen Größe nicht möglich war, abgetrennte Raucherräume einzurichten.