Mit Paragraf 315 d StGB-E soll ein neuer Straftatbestand „Verbotene Kraftfahrzeugrennen“ ins Strafgesetzbuch (StGB) eingefügt werden. Dieser stellt sowohl die Veranstaltung von als auch die Teilnahme von illegalen Autorennen unter Strafe. Foto: dpa

Zwei junge Männer spielen mitten in Köln Formel 1, eine Studentin auf dem Rad bezahlt dafür mit dem Leben. Das Urteil ist dem Bundesgerichtshof zu milde. Andere Strafen gegen Raser fallen weniger drakonisch aus. Aber das soll sich ändern.

Stuttgart - Nach einer Reihe von Todesfällen durch illegale Autorennen sollen die Strafen für Raser und die Organisatoren solcher Straßenrennen drastisch verschärft werden. Der Bundestag hat am 29. Juni bereits die Einführung eines neuen Straftatbestands im Strafgesetzbuch beschlossen. Der Bundesrat, der die Novelle anstieß, soll Ende September noch abschließend darüber befinden. Ein Überblick zur künftigen Rechtslage:

Schon der erste Versuch ist strafbar

Der neue Straftatbestand stellt nicht nur das Organisieren von verbotenen Autorennen und die Teilnahme daran unter Strafe. Bereits Aufrufe für solche Rennen beispielsweise im Internet sind künftig strafbar. Organisatoren und Teilnehmern droht in der Regel eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe.

„Ein Mensch verliert im Straßenverkehr sein Leben. Aber das Bemessungskriterium ist nicht nur der tatbestandliche Erfolg, sondern auch der Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht des Täters“, erklärt der Verkehrsrechtsexperte Carsten Staub.

Neues Raser-Gesetz

Hier geht es zum Wortlaut des Gesetzesentwurfes zum Raser-Paragrafen 315 des Strafgesetzbuches (StGB).

Bis zu zehn Jahren Haft

Eine höhere Strafe von bis zu fünf Jahren soll gelten, wenn Teilnehmer an illegalen Autorennen Leib und Leben eines Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert gefährden. Wer bei einem verbotenen Straßenrennen einen Menschen tötet, einen Menschen schwer verletzt oder eine größere Anzahl von Menschen verletzt, muss mit bis zu zehn Jahre Gefängnis rechnen.

„Der Knackpunkt liegt in der Gesinnung und Einstellung der Fahrer“, sagt Carsten Staub, der in Mettmann (Nordrhein-Westfalen) in einer Kanzlei arbeitet. „Der Schritt der Berliner Richter, die in ihrem Urteil einen bedingten Vorsatz angenommen haben, ist ein neuer Weg in der Rechtsprechung. Die Richter haben am 27. Februar 2017 in ihrem Raser-Urteil auf Mord entschieden, weil die beiden Täter für ihr Fahrvergnügen billigend die Gefährdung und Tötung von Menschen in Kauf genommen haben.“

Auto kann eingezogen werden

In all diesen Fällen droht dem Verurteilten neben dem Verlust des Führerscheins auch der Verlust seines Autos. Das Fahrzeug kann eingezogen werden. Ebenfalls von den Neuregelungen erfasst werden sogenannte Alleinraser, die besonders gefährlich, eigensüchtig oder gleichgültig handeln, um das höchstmögliche Tempo ihres Autos auszutesten.

„Das ist das Schlimmste, was sie Rasern antun können – ihnen das Tatwerkzeug wegzunehmen“, sagt Staub. „Insbesondere, wenn man solche jungen Leute kennt. Sie nehmen keine Drogen und trinken keinen Alkohol. Bei ihnen steht das Autofahren im Vordergrund. Es ist ihr Lebensmittelpunkt. Allerdings kann man sich auch ein Auto von anderen leihen.“

Bislang nur eine Ordnungswidrigkeit

Falls niemand verletzt wird, werden die Teilnehmer illegaler Straßenrennen bislang trotz der Gefährlichkeit solcher Raserevents nur wegen einer Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von 400 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot belegt. Organisatoren droht ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro.

„Moderne Blitzanlagen sind letztlich Mittel, um die Geschwindigkeit an einem bestimmten Ort zu überprüfen“, erklärt Carsten Staub. „Menschen, die sich bewusst über Regeln hinwegsetzen, egal ob Verkehrsregeln oder andere Regeln, lassen sich durch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nicht abschrecken.“

Lebenslänglich für Berliner Raser

Unabhängig von der generellen Strafverschärfung bei illegalen Autorennen gibt es unter Juristen auch die Auffassung, dass die Beteiligung an solchen Rennen unter bestimmten Voraussetzungen als Delikt mit bedingtem Tötungsvorsatz zu werten ist. So verurteilte ein Berliner Gericht im Februar zwei Raser wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Gegen die Entscheidung legten die Angeklagten Revision beim Bundesgerichtshof ein, das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig.

Carsten Staub: „Die Gerichte haben jetzt eine ganz andere Maßgabe, um an Raser-Fälle zu gehen. Es handelt sich um den Paragrafen 315 im Strafrecht (StGB), der sehr stark differenziert. Bisher hatte man als Bemessungsgrundlage nur fahrlässige Tötung. Damit mussten alle Fälle abgebildet werden. Ein geringer Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht genauso wie ein ganz großer Verstoß – mit bis zu fünf Jahre Maximum. Alles, was darüber hinaus geht und als Tötungsdelikt eingestuft wird, betrifft ganz andere rechtliche Dimensionen.“

Billigend in Kauf genommen

Die Berliner Richter begründeten das bundesweit erste Mordurteil in einem Raserfall damit, dass die beiden Angeklagten bei ihrer Raserei Anfang 2016 tödliche Folgen billigend in Kauf genommen hätten. Damals war ein 69-jähriger Unbeteiligter getötet worden.

„Die Berliner Richter haben einen mutigen Schritt getan, indem sie die Schleife enger gezogen haben. Ob das Urteil vor dem BGH Bestand hat, wird man sehen“, sagt Carsten Staub.

Bewährungsstrafen in Köln

Dagegen verurteilte das Kölner Landgericht im April 2015 zwei mutmaßliche Raser wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren beziehungsweise 21 Monaten. Sie hatten sich ein Rennen geliefert, bei dem eine 19-jährige Fahrradfahrerin ums Leben kam.

Das Landgericht begründete die Strafaussetzung mit einer günstigen Sozialprognose der Angeklagten. Der Bundesgerichtshof hob die Aussetzung der Strafe zur Bewährung am Donnerstag aber auf. Zur Begründung hieß es, das Landgericht hätte prüfen müssen, wie sich „eine Strafaussetzung zur Bewährung auf das allgemeine Rechtsempfinden Bevölkerung“ auswirken würde.

Carsten Staub: „Bisher sind solche Raser-Fälle regelmäßig als fahrlässige Tötung bewertet worden. Die Diskussion, dass bei fahrlässigen Tötungen im Straßenverkehr der Strafrahmen mit bis zu fünf Jahren zu niedrig sein soll bei besonders schweren Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung, hat es schon immer gegeben.“