Ein Kreuz steht in Mönchengladbach nahe der Unfallstelle, wo am 17. Juni ein 38-jähriger Fußgänger bei einem illegalen Autorennen getötet wurde. Foto: dpa

Das Urteil des Bundesgerichtshofes läutet den Anfang vom Ende des Raser-Unwesens auf Deutschlands Straßen ein, meint unser Kommentator.

Stuttgart - Geht Gnade vor Recht? Nicht bei Rasern! Der Staat greift gegen den Wahnsinn auf Deutschlands Straßen endlich hart durch. Und das ist gut so! Der Bundestag hat die Verschärfung des Raser-Paragrafen durchgewinkt. Die Gerichte schicken die Täter vermehrt hinter Gittern statt in die Sozialstunden. Die Polizei ist den Hot-Wheels-Rabauken mit Task Forces und modernen Blitzern auf der Spur.

Und Volkes Stimme ist sowieso eindeutig: 81 Prozent der Bundesbürger sind laut einer Forsa-Umfrage dafür, bei gefährlichen Verkehrsverstößen gleich Fahrverbote zu verhängen und die Pappe einzuziehen. Niemand hat etwas gegen Reifenqualm und Power-Buster à la „The Fast and the Furious“ (Die Schnellen und die Wilden). Aber Vin Diesel und Paul Walker gehören ins Kino, nicht in die Realität.

Endlich sagen Richter, was Sache ist

Lasche Urteile und Strafe zur Bewährung – das war einmal. Nach dem Berliner Präzedenzurteil vom 27. Februar und dem heutigen BGH-Spruch ist klar: Straßen-Rowdys können nicht mehr auf Milde hoffen. Wer wie die zwei Berliner im Februar 2016 mit getunten Flitzern mitten in der Großstadt mit 160 Stundenkilomtern über den Asphalt brettert, rote Ampeln über- und einen Unbeteiligten totfährt, wird künftig auf Jahre weggesperrt. Nicht wegen fahrlässiger Tötung, sondern wegen Mordes.

Endlich sagen Richter, was Sache ist. Wer in seine röhrende Waffe (nichts anderes sind Autos bei illegalen Rennen) steigt und billigend die Gefährdung und Tötung von anderen in Kauf nimmt, handelt unverantwortlich und vorsätzlich. Dass nun auch der BGH als letztinstanzliches Gericht nicht kalmierend urteilt, sondern die harte Welle von „Justitia“ mitträgt, lässt hoffen, dass Raser wirksam ausgebremst werden.

Harte Welle von „Justitia“

Ludwigshafen, Mönchengladbach, Karlsruhe, Köln, Freiburg – und immer wieder Berlin: Illegale Autorennen haben in den vergangenen Jahren bundesweit mehreren Menschen das Leben gekostet und zahlreiche Schwerverletzte gefordert. Der jüngste Fall: Mittwochnacht (5. Juli) haben in Berlin Raser bei einer illegalen PS-Orgie mehrere andere Fahrzeuge zu Schrott gefahren. Einen 27-Jährigen, der dabei schwer verletzt wurde, haben die Täter blutüberströmt liegen lassen und sind geflüchtet.

Nach Angaben der Polizei wurden allein in Nordrhein-Westfalen 2015 rund 230 Strafanzeigen wegen illegaler Autorennen erstattet. Autorennen sind nur schwer nachweisbar, weshalb die Dunkelziffer wesentlich höher liegen dürfte als die bekannt gewordenen Fälle. In der Region Stuttgart hat es im 2013 insgesamt sieben, 2014 zehn und 2015 neun offiziell bekannt gewordene Fälle gegeben. Und es werden nicht weniger.

Verschärftes Raser-Gesetz

Vor einer Woche erst, am 29. Juni, hat der Bundestag mit großer Mehrheit einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der Rasern ihr liebstes Hobby gänzlich vermiesen dürfte. Stimmt auch der Bundesrat zu – woran kein Zweifel besteht –, wird Paragraf 315 („Verbotene Kraftfahrzeugrennen“) Strafgesetzbuch kräftig „aufgemotzt“. Rasern bei illegalen Autorennen drohen dann bis zu zehn Jahren Gefängnis, Führerschein- und Fahrzeugentzug.

Über Geldstrafen lächelt die PS-Szene nur süffisant. Aber wenn man ihnen das Vehikel – ihren ganzen Stolz und Lebensinhalt – wegnimmt und sie vielleicht nie mehr in ihrem Leben legal hinterm Lenkrad sitzen dürfen, trifft bis ins Mark.

Und dass Richter künftig sorgsamer unterscheiden, ob jemand ein Tempolimit übersehen oder aus purem Spaß das Gaspedal durchdrückt hat, davon darf man nach dem BGH-Urteil getrost ausgehen.

Raser, zieht euch warm an! Die „Fast-and- Furious“-Zeiten sind vorbei!