Die Zahl der Polizisten, die auf dem Gelände patrouillieren, wurde deutlich erhöht. Foto: Gabriel Habermann

Prügelnde Gruppen, Übergriffe gegen Frauen – das Schorndorfer Stadtfest steht plötzlich bundesweit im Blickpunkt. Die Stadt verspricht nun, Areale am Rande des Festes besser zu schützen.

Schorndorf - Wer zwei Tage nach den Vorfällen durch den Park am Schorndorfer Burgschloss läuft, findet ein normales Bild vor. Es sieht nicht aus wie nach einer Straßenschlacht. Neben den Wiesen sitzen Spaziergänger auf Bänken, eine Schulklasse lässt ihre selbst gebastelten Holzflugzeuge steigen. Aber außerhalb der Stadt tobt die Debatte. „Wir dulden solche Exzesse nicht. Bei uns gibt es keine rechtsfreien Räume. Wir haben null Toleranz bei Gewalt“, sagt ein Sprecher des Innenministers Thomas Strobl (CDU). „Eine Eskalation der Situation wie in Schorndorf darf es nicht geben“, heißt es von der Grünen-Fraktion im Landtag.

Polizei überrascht vom Maß der Gewalt

Auch was die Polizei am Montag aus einer Pressekonferenz berichtet, will nicht zu dieser Parklandschaft passen. Am späten Samstagabend sollen hier zeitweise rund 1000 Menschen gesessen haben, Schüler, aber auch Asylsuchende, Flüchtlinge und Migranten. Irgendwann seien aus zwei dieser Gruppen Flaschen geflogen, gegen die Schlossmauern, gegen andere Gruppen, schließlich gegen die Polizei, als diese einen Mann festnehmen wollte. Sie habe sich mit einem nicht gekannten Maß an Gewalt gegenüber gesehen, sagt der Aalener Polizeipräsident Roland Eisele.

Die Gruppen hätten sich gegen die Polizei solidarisiert, um die Festnahme zu verhindern. Die Gewalt richtete sich dann gegen die Ordnungshüter, die sich zeitweise zurückziehen und Verstärkung anfordern musste. „Die Polizei hatte die Situation nicht immer im Griff“, räumt Eisele am Montag ein. In ersten Meldungen ist auch von Gruppen die Rede, die mit Messern bewaffnet durch die Stadt gezogen seien. Das relativieren die Polizei und das Rathaus am Montag, es ist nur noch von „einzelnen Personen“ die Rede. „Ein Ausnahmezustand ist für mich etwas anderes“, sagt Eisele. Wer die Täter tatsächlich gewesen seien, dazu werde noch ermittelt.

Das mediale Interesse richtet sich dann aber stärker auf Schorndorf, weil in drei Fällen sexuelle Übergriffe angezeigt worden sind. Unter anderem eine 17-Jährige aus Remshalden und eine 25-jährigen aus Ingolstadt wurden am Wochenende von Unbekannten belästigt. Ist man auf dem Fest nicht sicher, fragen sich manche?

Die Fest-Organisatoren fühlen sich angegriffen

Die Organisatoren des Stadtfestes Schowo, das seit Jahrzehnten von einer Vereinsgemeinschaft organisiert wird, treffen solche Vorwürfe. Er kenne niemanden, der diese mit Messer bewaffneten Gruppen gesehen habe, von denen anfangs die Rede war, sagt Jürgen Dobler, der Vorstand der Vereinsgemeinschaft. Fast alle Vorfälle hätten sich außerhalb des Festgeländes ereignet, auf dem dieses Jahr sogar eigens ein Wachtdienst patrouillierte. Man habe schon davor ein Sicherheitskonzept gehabt, harte Spirituosen an den Ständen seien seit vielen Jahren verboten. Und nun, sagt Dobler, sehe er sich persönlich auf Facebook angegriffen, weil er sich seit Jahren in der Flüchtlingsarbeit engagiert. „Viele Ehrenamtliche fragen sich, ob sie sich unter diesen Umständen künftig noch für das Stadtfest engagieren können“, gibt der Festchef seinen Gefühlen freien Lauf.

Die Wiese am Schloss ist von je her ein Tummelplatz von jüngeren Feierenden, die ihre Alkoholika zum Fest lieber mitbringen, als sie auf dem Fest zu kaufen. Seit vielen Jahren gebe es das Verbot, nach 22 Uhr auf der Wiese noch zu trinken, sagt der Schorndorfer Oberbürgermeister Matthias Klopfer. Vermutlich sei die für den Samstagmorgen um 1 Uhr vereinbarte Räumung der Wiese zu spät gewesen.

OB: „Ich kenne unsere Stadt anders“

Wie kann man das Stadtfest weiter feiern? Mit einer noch besseren Zusammenarbeit aller Beteiligten, sagt OB Klopfer, mit viel Polizeipräsenz und der Maßnahme, den Park am Schloss früher zu räumen und bis dahin auszuleuchten. Das schrecke mögliche Straftäter ab. „Ich kenne unsere Stadt anders“, betont der OB. „Ich kenne sie als offen und tolerant.“

Auch andere Veranstalter äußern sich zu den Vorfällen. Das Zeltspektakel in der Schorndorfer Nachbargemeinde Winterbach lasse sich nicht mit einem Straßenfest vergleichen, da die Besucher gezielt kommen, um Musik zu hören, sagt der Organisator Steffen Clauss. Es wird aber – und das war sowieso geplant – Security und Kontrollen direkt am Eingang zum Gelände geben. Auch die Organisatoren der Geislinger Hock sehen sich für ihr Stadtfest an diesem Wochenende gut gewappnet.

Übergriffe in Reutlingen und Böblingen

Unterdessen gab es auch bei Straßenfesten in Böblingen und Reutlingen Gewalt und sexuelle Übergriffe: Eine zwölfköpfige Gruppe alkoholisierter Asylbewerber hat am Samstag einen Polizeieinsatz auf dem Böblinger Flugfeld verursacht. Die Beamten waren um 20.30 Uhr wegen einer Schlägerei zum Langen See gerufen worden, nebenan fand das Holi-Festival statt. Ein 17- und ein 20-Jährige verhielten sich aggressiv und mussten mit Handschellen gefesselt werden, sagte Polizeisprecher Peter Widenhorn. Mehrere junge Frauen meldeten sich und gaben an, von einen 18-Jährigen sowie einem weiteren, gleichaltrigen Mann aus der Gruppe unsittlich berührt und sexuell beleidigt worden zu sein.

Beim KuRT-Festival an der Reutlinger Stadthalle ist es am Wochenende ebenfalls zu Zwischenfällen gekommen. Eine 23-Jährige soll dort am Freitag sexuell belästigt worden sein. Außerdem verletzte ein 21-Jähriger am Samstagabend aus bisher unbekannten Gründen zwei Festivalbesucher mit einem Messer. Der Täter wurde gefasst und festgenommen.