Es geht auch ohne Wohnwagen: Der niederländische Expeditions-Radler Daan Steller (r.) und sein Stammheimer Kurzzeitgastgeber Roland Lörcher in Zuffenhausen. Foto: Chris Lederer

Der Niederländer Daan Steller radelt für einen guten Zweck von Amsterdam bis nach Bodhgaya in Indien. Einen Zwischenstopp hat er im Stuttgarter Norden eingelegt – nach etwa 450 von insgesamt rund 16 000 Kilometern.

Stammheim - Es ist noch gutes Stückchen bis Indien, da können zwei Äpfel Reiseproviant nicht schaden. Der 31-Jährige Daan Steller verstaut die Äpfel in seinen Trikottaschen, grüßt zum Abschied freundlich und kurvt munter von der Ludwigsburger Straße in Richtung Bad Cannstatt, dann rechts ab in Richtung Indien. Steller hat ein großes Abenteuer vor sich: Er möchte in den kommenden zehn Monaten 16 000 Kilometer fahren und bei seiner Reise genügend Geld sammeln, damit in Bodhgaya ein Waisenhaus für 25 Kinder gebaut werden kann.

Nur zwei Ersatzreifen eingepackt

Seine Route führt ihn von Deutschland nach Österreich, Italien, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Montenegro, Serbien, Bulgarien, Griechenland und die Türkei, dann weiter durch den Iran, durch Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan und über China und Pakistan bis schließlich nach Indien. Steller ist guter Dinge: „Ich habe zwei Ersatzreifen eingepackt – wer weiß, ob ich die überhaupt brauche“, sagt er. „Meine Reifen sind breit und haben sehr tiefes Profil.“ Haben sie noch. Denn die kommenden 15 550 Kilometer sind nicht ohne und führen unter anderem über den rund 4700 Meter hoch gelegenen Kunjirap-Pass; den höchsten befestigten Pass der Welt. „Den muss ich vor Dezember erreichen, sonst kann es sein, dass er wegen des schlechten Wetters gesperrt ist.“ Ansonsten hat sich der Niederländer kein Zeitlimit gesetzt. „Es ist ja kein Rennen. Ich möchte mich auf meiner Tour auch mit Menschen verbinden und Kulturen kennen lernen, schöne Gegenden sehen und die Natur genießen.“

In Stuttgart etwa hat er den Stammheimer Roland Lörcher kennengelernt. Lörcher, selbst begeisterter Hobbysportler und Radfahrer, sah Stellers voll bepacktes Trekkingrad vor einem Café stehen und kam mit ihm ins Gespräch. „Ich habe ihn gefragt, wo er denn übernachten wolle, und da er noch keine Bleibe hatte, habe ich ihm angeboten, bei mir zu übernachten“, sagt Lörcher. Steller nahm dankend an und ruhte sich anderthalb Tage in Stammheim aus. „Ich übernachte üblicherweise im Zelt im Freien oder mache Couch-Surfing, also verabrede mich mit Fremden, die mir anbieten, kostenlos auf ihrem Sofa zu schlafen“, sagt der Niederländer.

Für Notfälle haben ihm seine Eltern ein Satelliten-Telefon gekauft. Damit kann er seine genaue Position durchgeben und von überall anrufen. „Ein Dynamo mit USB-Stecker ist an meinem Rad befestigt, so kann ich das Telefon und mein Labtop aufladen.“ Ein Handy mit Navigationsgerät sowie Karten hat er zusätzlich mit dabei. Seine aktuelle Position überträgt er einmal am Tag per Telefon ins Internet auf eine eigens eingerichtete Website. „Dort kann man meine Route nachvollziehen und Berichte und Fotos von der Fahrt sehen.“

24000 Euro hat Steller bereits gesammelt

Auf die Idee zu seiner Reise ist Steller im vergangenen August gekommen. Im Schlaf. „Ich habe davon geträumt, dass ich Kindern helfen könnte, dass ich etwas Vernünftiges tun könnte.“ Der Vater seines besten Freundes engagiert sich als Sponsor seit vielen Jahren für die Marni Foundation, ein Hilfsprojekt in Indien. „Da dachte ich, da kann ich behilflich sein.“ Auf Einladung des Sponsors flog er für drei Tage nach Bodhgaya, besuchte die dortige, von den Niederländern unterstützte Schule und verschaffte sich ein Bild von der Lage vor Ort. „Es gibt dort auch ein Waisenhaus für zwölf Kinder, das in einem sehr schlechten Zustand ist. Mein Ziel ist es, ein neues Haus für 25 Kinder zu bauen und auszustatten.“ 35 000 Euro brauche er dafür. Immerhin: 24 000 Euro hat er schon beisammen. „Ich habe bereits eine Fundraising-Aktion mit Sponsoren gemacht, habe die Medien in Amsterdam aktiviert, eine Benefiz-Veranstaltung organisiert und dabei Fotos aus Indien versteigert.“ Nun hofft der Niederländer, dass sich weitere Sponsoren aus den Ländern finden, die er bei seiner Reise durchquert.

Vor seiner Benefiz-Radtour hat der studierte Technologie-Manager erfolgreich für verschiedene Firmen gearbeitet. Das will er so nicht mehr. „Ich bin smart genug für den Job, aber es fehlt mir die Motivation. Was ich nach meiner Rückkehr mache, werde ich dann sehen.“ Auch darum hat er den Nadelstreifenanzug gegen die Radlerhose getauscht: „Ich mache den Trip auch, um mich selbst zu neu erfinden.“

Nähere Informationen zur Expedition gibt es im Internet unter der Adresse: www.expeditionwhynot.com